11.36

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Frau Präsidentin! Werte Ministerin­nen! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuseherinnen und Zuseher! In der zweiten Rede zur Lage der Nation von Kommissionspräsidentin von der Leyen hat sie ganz klar eines in den Raum gestellt: Es braucht mehr Zusammenhalt in Europa, es braucht mehr Euro­pa und vor allem ein gemeinsames Europa.

Die Coronakrise hat uns besonders vor Augen geführt, wie schnell dieser Zusammenhalt und diese Gemeinsamkeit zurückgebaut werden können – mit Grenzkontrollen, mit Mas­kenlieferungen, die nicht weitergeführt worden sind. In einer globalen Krise, egal welche es ist, gibt es keine andere Lösung als einen gemeinsamen Weg, eine europäische Lö­sung, dass alle an einem Strang ziehen. Dieser gemeinsame Weg ist aber nur so gut ausgebaut, so gut wir auch wirklich zusammenarbeiten – auch im Rahmen dieser Zu­kunftskonferenz.

Wie schaffen wir ein faires und gerechtes Europa? – Da unterscheide ich mich ein biss­chen von Herrn Kollegen Lopatka, denn wir sagen schon ganz klar: Der Weg muss zu einer Sozialunion führen (Beifall bei der SPÖ – Zwischenruf der Abg. Steger), der Weg muss in die Richtung führen, dass Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerrechte in der gesamten Europäischen Union nicht beschnitten werden dürfen, auch wenn es um glei­chen Lohn für gleiche Arbeit geht, wenn es darum geht, wie wir mit Erntehelferinnen und Erntehelfern umgehen, wenn wir darüber reden, ob die Familienbeihilfe für alle EU-Bür­gerinnen und EU-Bürger gleich ausbezahlt oder indexiert wird – das lehnen wir ab. Es ist gut, dass auch die Indexierung der Familienbeihilfe jetzt vor europäischen Gerichten liegt und hohe Strafen im Raum stehen, denn dieses Projekt der damaligen türkis-blauen Bundesregierung war von Anfang an europarechtswidrig und ein rückwärtsgewandtes Projekt. Es ist gut, dass die Gerichte das klären. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Für uns ist auch klar: Die Einstimmigkeit in manchen Bereichen ist hinderlich, wenn wir über ein gemeinsames Europa reden, wenn wir von einer gemeinsamen Zukunft spre­chen. Die Einstimmigkeit muss deshalb auch infrage gestellt werden. Wir wollen eine solidarische Steuer- und Sozialunion, die Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerrechte schützt und stärkt. (Zwischenruf der Abg. Steger.)

Wir wollen aber auch eine Europäische Union, die wächst und gemeinsam steht. Der Westbalkan ist schon angesprochen worden: Österreich war immer Bündnispartnerin für die Staaten am Westbalkan. Österreich war immer Bündnispartnerin, und viele Länder haben dort schon Reformen umgesetzt. Wir müssen das nicht nur anerkennen, sondern wir müssen aktiv die Hand reichen, denn wenn wir als Europäische Union es nicht tun, sind andere vor Ort, die diese Länder auf ihre Seite ziehen. Ich glaube, es ist wichtig, den Westbalkan in einer europäischen Zukunft, in einer europäischen Vision mitzuden­ken und mitzubehandeln. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und NEOS.)

Vieles davon ist im Prozess der Zukunftskonferenz auch diskutiert und besprochen wor­den. Es waren vor allem die BürgerInnenforen, junge Menschen, die sich aktiv einge­bracht haben, es waren europäische Initiativen und Organisationen. All diese haben den Dialog in den Vordergrund gestellt und auch Themen eingebracht, Vorschläge bei der Onlineplattform gemacht – auch wir als Parlament. Wir haben mit vielen jungen Men­schen die unterschiedlichen Themenbereiche diskutiert: soziale Dimension, digitale Transformation, Klimaschutz, aber natürlich auch Demokratie und Rechtsstaat. Diese Thesen der jungen Menschen haben wir herangezogen und wiederum auch als Position des österreichischen Parlaments eingemeldet. Ich glaube, das war eine gute und richtige Stoßrichtung.

An dieser Stelle auch ein großes Dankeschön an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Parlamentsdirektion, die uns in diesem Prozess der Zukunftskonferenz so maßgeb­lich unterstützt haben; auch an unsere Klubmitarbeiterinnen und Klubmitarbeiter und die Demokratiewerkstatt. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.) Dieser Prozess wäre nämlich ohne sie nicht so gut über die Bühne gegangen, das muss man an dieser Stelle auch einmal sagen.

Ich glaube, am Ende des Prozesses zur Zukunftskonferenz ist es wichtig, dass diese Vorschläge nicht einfach vom Tisch gewischt werden. Wir dürfen die Menschen, die sich daran beteiligt haben  ob das Sozialpartnerinnen, Sozialpartner, Nationalstaaten, EU-Institutionen oder eben die Bürgerinnen und Bürger waren –, nicht enttäuschen. Wir müssen weiterhin dranbleiben und offen für alles sein, für alles, was kommt, alles, was diesen Prozess weiterhin noch anstoßen soll und möchte.

Es geht aber nicht nur darum, Menschen nicht zu enttäuschen, sondern es geht auch darum, den Feindinnen und Feinden von Europa keinen Fußbreit zu bieten, jenen keinen Fußbreit zu lassen, die die Europäische Union massiv kritisieren, sie nicht nur skeptisch sehen, sondern auch abschaffen wollen und sie kontinuierlich diskreditieren. Wie gesagt, die Zukunft von Europa kann nur gemeinsam gelingen, das ist wichtig. Deshalb Quo vadis, Europa? –: Lassen wir diese Vorschläge zur Zukunftskonferenz nicht ungelesen und arbeiten wir weiterhin gemeinsam daran! Schauen wir, wo sie verortet sind  auf nationalstaatlicher Ebene, auf europapolitischer Ebene – und arbeiten wir gemeinsam daran: weniger Klein-Klein und mehr gemeinsame Visionen für die Europäische Union! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Jeitler-Cincelli, Brandstätter und Scherak.)

11.41

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Steger. – Bitte.