14.38

Abgeordneter Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesmi­nister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vorneweg meine herzliche Gratulation dem neuen Landwirtschaftsminister, meinem Nachnachfolger Norbert Totschnig zur Be­stellung. Lieber Herr Kollege Schmiedlechner, es ist eine traurige Vorstellung, die Sie hier liefern, Norbert Totschnig derart abzuqualifizieren, der aus der Landwirtschaft kommt, der jahrelang im Agrarbereich tätig und ein anerkannter Experte ist. Alles Gute, und ich wünsche dir sehr viel gemeinsamen Erfolg! (Beifall bei der ÖVP und bei Abge­ordneten der Grünen.)

Die Europäische Kommission kennt zwei Politikbereiche, die gemeinsam gemacht wer­den: Das eine ist die Regionalpolitik und das andere ist eben die Gemeinsame Agrar­politik, gemeinsam in Europa.

Es wurde im Laufe der Jahre immer wieder kritisiert, warum das gemeinsam ist – sehr viel Geld fließt in die Landwirtschaft. Heute, im Angesicht einer Krise, des Krieges in der Ukraine und der Frage, wie wir Europa und die Welt mit Lebensmitteln versorgen, zeigt sich, wie richtig es war, dass eine Gemeinsame Agrarpolitik gemacht wurde, dass Europa das Thema Lebensmittel mit den Nationalstaaten gemeinsam bewirtschaftet.

Und in jeder Finanzperiode, so auch von jetzt bis 2027, gibt es eben eine Reform dieser Gemeinsamen Agrarpolitik, und die wurde jetzt auch erfolgreich abgeschlossen.

Für Österreich war das jedes Mal eine große Herausforderung, denn, lieber Kollege Stammler – das muss ich Ihnen schon sagen –, nicht Sie haben die Ökologisierung der Gemeinsamen Agrarpolitik gemacht, sondern wir seitens der ÖVP haben das von An­beginn, seit dem EU-Beitritt gemacht. Das Ziel bei der Gemeinsamen Agrarpolitik war nämlich immer, eine Ökologisierung voranzutreiben. Mit dem EU-Beitritt war der Durch­bruch, weil das Programm für die umweltgerechte Landwirtschaft Öpul gemacht wurde, wodurch die Bauern eben nicht zu Almosenempfängern degradiert, sondern nach Leis­tung bezahlt werden, das heißt, jene Bauern, die mehr für die Umwelt tun, bekommen mehr Geld. Ein Biobauer bekommt mehr Ökoprämien aus diesem Programm als ein Bauer, der vielleicht gar nicht teilnimmt, der bekommt eben nichts. Dieses Programm haben wir von Reform zu Reform verteidigt.

Die Herausforderung bei der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik für Österreich war immer, unser hohes Umweltniveau zu halten. Ich durfte die letzte Agrarreform als Land­wirtschaftsminister verhandeln. Der Anspruch ist groß. (Zwischenruf des Abg. Leicht­fried.) Das ist jetzt kein Selbstlob, Sie können das in Europa nachfragen, wir sind mit unserem Umweltprogramm an der Spitze aller europäischen Länder.  Herr Kollege Leichtfried, Sie wissen das, lassen wir die Parteipolitik aus dem Spiel.  Kein Staat in Europa, kein Land in Europa hat ein derart ambitioniertes Umweltprogramm für die Land­wirtschaft wie wir. Je höher die EU dann selber die Umweltansprüche schraubt, umso herausfordernder ist es für Österreich, die Latte eben nicht so hoch zu legen, dass die Bauern nicht mehr mittun.

Ich glaube, dass es gelungen ist, auch diesmal wieder den österreichischen Weg zu verteidigen und auch auszubauen. Die EU hat sogenannte Ökoregelungen vorgeschrie­ben ich will da nicht zu sehr ins Detail gehen –, und das bedeutet, dass das Umweltpro­gramm umgebaut werden musste, und das ist natürlich schwierig. Tatsache ist, dass die Reform dieser Agrarpolitik für die Bauern  Ackerbau und Grünland  Herausforderun­gen bringt, mehr zu tun, und dadurch haben sie einen höheren Aufwand.

Auch zum beschworenen Bauernsterben, das immer wieder erwähnt wird: Ja, es gibt den Strukturwandel, aber unsere Agrarpolitik der letzten Jahrzehnte hat verhindert, dass die Bauern in Österreich derart zugrunde gehen wie in Europa. In Deutschland sind die Betriebe doppelt so groß, in Tschechien viermal so groß, in Dänemark, Holland, Belgien noch viel größer als in Österreich. Also uns ist es gelungen, gegen den Druck des Mark­tes Betriebsstrukturen zu erhalten, die doch noch kleiner sind als in vielen anderen Län­dern Europas und der Welt  ein Erfolg der Agrarpolitik. (Beifall bei der ÖVP.)

Zum Tierwohl: Jeder Bauer weiß, wenn er seine Nutztiere schlecht behandelt, bekommt er keine Leistung. Österreich war immer voran, zum Beispiel bei der Umstellung weg von der Käfighaltung der Hühner. Mit Kollegen Stöger haben wir damals unter Begleitung der Forschung den Ferkelschutzkorb verhandelt. Unser Ziel ist es, das Tierwohl vernünf­tig voranzutreiben. Wenn man bei uns die Viehbauern sozusagen behindert oder sterben lässt, kommen die Lkws mit den Schlachtschweinen aus Dänemark, aus Belgien, aus Holland in ein paar Stunden nach Österreich, und dort werden die Tiere eben nicht so gehalten wie bei uns. (Zwischenruf des Abg. Einwallner.)

Abschließend möchte ich noch einen Satz sagen, der mir wichtig ist. Die GAP muss die Lebensmittelversorgung in Europa sichern, aber ich finde, dass wir als Europa auch eine Lebensmittelversorgungsverantwortung in der Welt haben (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Einwallner), denn die Ukraine versorgt in etwa 400 Millionen Menschen in der Welt: den gesamten nordafrikanischen Raum, den Nahen Osten, Pakistan, Indonesien. Die Liste jener Länder, die aus der Ukraine Getreide bekommen, ist eine lange Liste von Entwicklungsländern. In Afrika und im Nahen Osten (Abg. Einwallner: ... ein großes Problem!) wird jedes zweite oder dritte Brot aus Getreide aus der Ukraine gemacht. Wenn das Getreide, das herausgebracht wird und dann in diese Regionen kommt nicht das, das nach Österreich gebracht wird , dort nicht herausgebracht wird, dann haben wir auch in Europa ein Problem, denn bevor die Menschen in Afrika zugrunde gehen, flüchten sie. Das versteht jeder Mensch.

Also bin ich dafür, wir haben das auch in Brüssel deponiert, dass die Europäische Kom­mission den Green Deal neu bewertet und sagt: Erzeugung in Europa sichern, Biodiver­sität schützen und Umwelt schützen – es ist ja keine Frage, dass wir das über Bord werfen wollen, im Gegenteil –, aber es ist sehr wohl zu überlegen, wie wir als Europa einspringen können, wenn in derartigen Regionen Hungersnöte drohen. In Indien droht jetzt eine Dürre. Dass dort Flüchtlingsbewegungen entstehen, will niemand haben, daher müssen wir hier etwas tun.

Letzter Satz: Die Zahl der Kinder, die unter Hunger leiden  kleine Kinder, die nicht ge­nug zu essen haben , liegt mittlerweile bei 3,1 Millionen. Die Anzahl der Länder, in de­nen Menschen Hunger leiden, ist seit dem Ukrainekrieg weltweit von 47 auf 60 Länder gestiegen. Da besteht Handlungsbedarf. Ich erwarte von der Europäischen Kommission, dass sie den Green Deal neu bewertet und Lebensmittelerzeugung zulässt. – Alles Gute, lieber Norbert Totschnig! (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Rössler.)

14.44

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Klaus Köchl. – Bitte, Herr Abgeord­neter.