10.35

Abgeordnete Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer (NEOS): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Wir befinden uns nach wie vor in einer hoch problematischen, hoch komplexen, angespannten Situation, wenn es um die Erdgasversorgung in diesem Land geht. Deswegen gibt es eben diese Notfallmaßnahmen, die heute geplant werden sollen und die auch aus unserer Sicht, wie Kollege Schroll das schon angesprochen hat, viel zu spät kommen und eigentlich auch nicht mehr greifen werden, denn wir wissen nach wie vor nicht, wo das Gas für den nächsten Winter herkommen wird.

Das erste Gesetz, die Causa oder die Lex Haidach, die schon angesprochen wurde: Was ist da passiert? – Wir haben einen sehr großen Erdgasspeicher zwischen Salzburg und Oberösterreich; im schönen Haidach bei Straßwalchen steht einer der größten Speicher Österreichs, einer der größten Mitteleuropas, und dieser ist leer. Warum ist er leer, Kollege Hammer? – Nicht, weil der Markt versagt hat, sondern weil die OMV den Speicher der Gazprom zugeschanzt hat (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer), und die hat natürlich dafür gesorgt, dass er im Sinne einer Vorbereitung eines Angriffskriegs von Putin auf die Ukraine nicht gefüllt worden ist. (Abg. Lukas Hammer: Ich habe gesagt, die Politik hatte keine Mittel ...!) Das ist also kein Marktversagen, das war einfach ein geplanter Schachzug, den wir jetzt ausbaden müssen. (Beifall bei den NEOS.)

Der zweite Punkt, der heute diskutiert wird, ist das Gasdiversifizierungsgesetz. Ja, auch da finden wir gute Sachen drinnen. Dass Prozesse gasfrei, dass Unternehmen gasfrei gemacht werden sollen, macht schon Sinn. Dass man aber Geldanreize gibt, um nicht russisches Gas für den nächsten Winter einzuspeichern: Ja wo sollen es die Unter­nehmen denn herbekommen, Frau Bundesminister? Wo sollen sie es denn kaufen?  Sie können es ja nicht selbst ausgraben. Das finden wir also wirklich fast ein bisschen zynisch. (Ruf bei der FPÖ: Ja, das ist richtig!)

Was ist passiert? Ich komme jetzt noch einmal darauf zu sprechen, was denn eigentlich passiert ist. Warum sind wir denn eigentlich in dieser unglaublichen Situation? – Wir alle baden jetzt das aus, was uns von einer Clique von von Russland gesteuerten Managern, Wirtschaftskämmerern und auch willfährigen Politikern eingebrockt worden ist. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

In den letzten Jahren wurde aus persönlicher Motivation heraus – aus persönlicher Motivation! – die größte Abhängigkeit von russischem Gas produziert, und zwar wirklich aus eigener Motivation heraus, nämlich um sich selbst zu bereichern. Die größte Ab­hängigkeit, die man in Europa findet, liegt in Österreich. Österreich ist das einzige Land Europas, das zu 80 Prozent von Importen von russischem Gas abhängig ist.

Ja, wir sind wieder bei der OMV. Diese spielt da eine zentrale Rolle, denn sie ist schlicht und einfach in den letzten zehn Jahren zu Putins Interessenvertretung umgewandelt worden. Wir lernen da immer mehr, denn eigentlich würde man ja meinen, dass die Republik, die ja mit über 30 Prozent an der OMV beteiligt ist – zu gutem Recht, um Versorgungssicherheit zu garantieren –, ein Auge darauf haben würde – aber nein, das ist alles nicht passiert. Alle Versuche der OMV, die es gegeben hat, nicht russische Quellen zu erschließen, wurden ganz, ganz bewusst von Putin-Freunden sabotiert. Mehr Gas aus Norwegen, Rumänien, aus Österreich, aus dem Kaspischen Meer – das ist eine lange Liste –: Das alles wurde wissentlich blockiert. (Beifall bei den NEOS.)

Wir wissen inzwischen auch aus Chatverläufen, wer da offenbar in Österreich Posten besetzt. Wenn Sie das in Chatverläufen von Sigi Wolf nachverfolgen: Wir wissen, dass Rainer Seele als neuer OMV-Chef von der Gazprom gefordert worden ist, meine Damen und Herren. Von der Gazprom wurde Seele als neuer Chef implementiert, und es wurde gewarnt! (Beifall bei den NEOS.)

Ausländische Geheimdienste haben vor diesem Schritt gewarnt. Und was ist passiert? – Unter Finanzminister Schelling wurde dieser Schritt 2015 durchgeführt. Diverse Bundes­regierungen haben nicht nur zugesehen, sondern waren aktiv beteiligt. Die letzte Ge­schichte ist noch nicht so lange her, da geht es um die Gasverträge bis 2040, meine Damen und Herren.

Wer war denn da am Tisch, als unterschrieben wurde? – Bundeskanzler Kurz ist dane­bengesessen, im Beisein Putins, als die Verträge unterschrieben wurden, die bis 2040 gelten – ohne Not! –, in denen noch dazu drinnen steht, dass gezahlt werden muss, selbst wenn wir das Gas überhaupt nicht abnehmen. (Beifall bei den NEOS.)

Das ist ein Milliardenrisiko, meine Damen und Herren, das hier eingegangen worden ist, nicht nur für die Bilanz der OMV, sondern auch für die Republik, weil die Republik – ich habe es schon mehrmals erwähnt – natürlich an der OMV beteiligt ist. Wir sprechen da nicht von Peanuts, wir sprechen von potenziell 50 Milliarden Euro und mehr, die wir uns da eingefangen haben.

Vielleicht ist dieses Desaster auch der Grund für die Schockstarre der Regierung, dass da auch nichts weitergeht. Ich sage es noch einmal: Wir als NEOS werden da dranbleiben, auch an der Aufarbeitung, denn es gibt da natürlich Verantwortlichkeiten, die aufgearbeitet werden müssen. Wir fordern auch nach wie vor einen U-Ausschuss zu dieser Causa. (Beifall bei den NEOS.)

Um aber auch einen Weg heraus zu zeigen, haben mein Kollege Bernhard und ich einen Aktionsplan zum Ausstieg aus russischem Gas vorbereitet, den ich nun in Form eines Entschließungsantrages der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ausstieg aus russischem Gas endlich umsetzen!“ einbringe.

Diesen Antrag möchte ich noch ganz kurz beschreiben: Umstieg auf erneuerbare Ener­gien, Energieeffizienz über Sanierungsmaßnahmen, Entbürokratisierung, von Unterstüt­zungen für die Wirtschaft bis hin zum Abbau des Fachkräftemangels.

Auch dieser Antrag von uns ist nun eingebracht, und ich würde bitten, dem wirklich ent­gegenzutreten und hier ins Tun zu kommen und vorwärts zu schreiten. – Vielen Dank, Frau Bundesministerin. (Beifall bei den NEOS.)

10.41

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Karin Doppelbauer, Michael Bernhard, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Ausstieg aus russischem Gas endlich umsetzen!

eingebracht im Zuge der Debatte in der 162. Nationalratssitzung über den Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Industrie und Energie über den Antrag 2600/A der Abgeordneten Tanja Graf, Lukas Hammer, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­desgesetz, mit dem das Gaswirtschaftsgesetz 2011 (GWG 2011) geändert wird (1501 d.B.) - TOP 1

In der Nacht vom 23. auf den 24. Februar hat Russland die Ukraine auf mehreren Fronten mit massiver militärischer Gewalt angegriffen. Obgleich dieser Überfall nur eine weitere Etappe in einer Serie von unprovozierten Völkerrechtsverletzungen beginnend mit der Invasion der Halbinsel Krim 2014 darstellt, so repräsentiert sie doch eine neue Dimension in diesem Konflikt. Russland führt nun einen unverschleierten Krieg gegen ein völkerrechtlich – und bis vor kurzem auch von Russland – anerkanntes Nachbarland. Da der ukrainische Widerstand gegen diesen Angriffskrieg weit heftiger und kompetenter ist, als dies vonseiten Russlands wohl erhofft war und die internationale Reaktion auf die Invasion relativ geschlossen und konsequent war, kann sich die russische Führung unter Putin kaum noch gesichtswahrend zurückziehen. Dies hat innerhalb weniger Tage zu einer vollkommenen Eskalation des Kriegs geführt inklusive tausender ziviler und militärischer Toter, mehrerer Millionen Flüchtlinge und unfassbarem menschlichen Leid.

Der russische Angriffskrieg ist von der internationalen Staatengemeinschaft nahezu ein­stimmig verurteilt worden und Russland sowie seine Führung um Vladimir Putin wurden von der EU und vielen weiteren Staaten mit harten Wirtschaftssanktionen belegt, welche bereits nach wenigen Wochen erheblichen Druck auf Russland und seine Wirtschaft verursachten. Allerdings wurde schon im Vorfeld des Krieges klar, dass sich Europa in den letzten Jahrzehnten in eine viel zu große Abhängigkeit von russischen Energie­importen manövriert hat, was die Handlungsfähigkeit der EU deutlich reduziert, die wirtschaftliche und militärische Verwundbarkeit stark erhöht und Russland eine ver­lässliche Einnahmequelle zur Finanzierung des Angriffskriegs garantiert.

Österreich ist aufgrund des jahrelangen, kollektiven Versagens der österreichischen Energiepolitik in einer besonders prekären Lage. Entgegen zahlreicher Warnungen und mehrerer Völkerrechtsverletzungen vonseiten Putins (wie etwa der Besetzung der Krim) wurde im letzten Jahrzehnt nicht nur wenig bis gar nichts unternommen, um die Abhän­gigkeit von russischen Gasimporten zu reduzieren, sondern diese sogar ausgebaut. Bei einem plötzlichen Stopp der Gasversorgung - etwa bei einer weiteren Eskalation der Sanktionen oder als Folge eines Infrastrukturschadens im Zuge der Kampfhandlungen wären bald Lenkungsmaßnahmen notwendig und die österreichische Wirtschaft wäre gezwungen, den Betrieb deutlich zu reduzieren. Kurzfristige Alternativen für Gasimport in nennenswerten Mengen gibt es keine, weil unsere Gasinfrastruktur bewusst jahrelang ausschließlich auf Russland ausgerichtet worden ist.

Wir befinden uns deshalb in der moralisch äußerst schwierigen und inakzeptablen Situ­ation, dass wir bei Versorgungsstopp vor einem massiven wirtschaftlichen Einbruch und Destabilisierung unserer Energieversorgung stehen und der Tatsache, dass jeder m³ Gas, welcher weiterhin aus Russland nach Österreich fließt, einen furchtbaren Angriffs­krieg ohne Rücksicht auf Zivilisten finanziert und die Taschen eines Regimes füllt, welches brutal gegen interne Kriegsgegner vorgeht und mittlerweile offen über "Säube­rungen" und Angriffe auf andere Nachbarstaaten (auch EU-Länder) spricht.

Diese Situation ist für uns absolut inakzeptabel. Es ist inakzeptabel, dass die Gas­rech­nung einer Wiener Pensionistin, oder Industrieprozesse in Oberösterreich Bomben auf Kiev mitfinanzieren. Umso erstaunlicher ist es, dass die Regierung 3 Monate nach Aus­bruch dieses Kriegs noch keine nennenswerte Maßnahme gesetzt hat um entweder die Gasversorgung zu diversifizieren, den Gasverbrauch zu senken oder erneuerbare Alternativen rasch auszubauen. Wir legen deshalb erneut unseren, nach intensiver Beratung mit der Energiewirtschaft, der Industrie, des Gewerbes und der Wissenschaft erstellten Aktionsplan gegen russisches Gas vor und fordern die Regierung auf, diese Schritte zu setzen um endlich von russischem Gas wegzukommen:

1) Stagnation beim Ausbau der Erneuerbaren beenden und unser Energiesystem zukunftsfit machen!

Einer der wichtigsten Schritte zur Reduktion der Abhängigkeit von russischem Gas ist der massive Ausbau erneuerbarer Energieträger, um sowohl bei der Strom- als auch Wärmeproduktion Alternativen zum Gas zu haben. Diese Tatsache ist auch von der Regierung bzw. der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Inno­vation und Technologie nun mehrfach betont worden. Allerdings wurde in den Wochen seit Kriegsbeginn weder ein konkreter Plan vorgelegt welche Schritte in den nächsten Wochen gesetzt werden können, noch dargelegt wie die bisherigen Hindernisse beim Ausbau der Erneuerbaren beseitigt werden sollen. Dabei kommuniziert die Branche klar, was sie braucht: Entlastung bei Bürokratie, schnellere Verfahren, weniger Hindernisse auf Landesebene und ausreichend Fachkräfte.

2) Grundlagen für eine massive Ausweitung der Biogasproduktion schaffen!

Um die Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren ist die massive Ausweitung der Biogasproduktion in Österreich notwendig um fossiles Erdgas zu ersetzen. Wir wollen vermeiden, dass Importe von einem problematischen Regime mit Importen aus einem anderen autoritären oder menschenrechtlich fragwürdigen Staat ersetzt werden. Biogas kann in Österreich aus Lebensmittelresten, Viehmist oder Abfallprodukten der Land- und Forstwirtschaft gewonnen werden und laut verschiedener Untersuchungen ohne Probleme einer Rohstoffkonkurrenz mit anderen Sektoren bis zu 10-15TWh Energie pro Jahr bereitstellen. Hier würde auch nahezu die gesamte Wertschöpfung in Österreich bleiben. Die Potentiale von Biogas bei der Diversifizierung unserer Gasversorgung wur­den sowohl von der Klimaschutzministerin als auch von der Landwirtschaftsministerin bereits mehrfach seit Kriegsbeginn angesprochen. Allerdings ist keinerlei ernsthaftes Bemühen ersichtlich die für den Ausbau der Biogasproduktion und die verstärkte Nut­zung dringend notwendigen und seit Jahren ausständigen Gesetzesmaterien und Stra­tegien vorzulegen.

3) Potentiale der Geothermie entfesseln!

Die tiefe Geothermie wurde bisher in der österreichischen Wärmeproduktion bisher trotz großer Potentiale weitgehend vernachlässigt. Dies ist insofern zutiefst unverständlich, da verschiedene Formen der Geothermie in jenen Staaten, welche fast 100% ihres Strom- und Wärmebedarfs erneuerbar decken (Costa Rica und Island), eine tragende Rolle spielt. Zusätzlich hat die Geothermie Vorteile, welche sie eine ideale Ergänzung zu anderen erneuerbaren Energieträgern macht (Grundlastfähigkeit, Witterungs­unab­hängigkeit, niedriger Flächenbedarf etc.).

Als häufigste Gründe für die politische Vernachlässigung der Geothermie werden vor allem ungünstigere heimische geologische Grundvoraussetzungen sowie hohe Inves­titionskosten genannt. Obwohl nicht mit Island oder Costa Rica vergleichbar, besitzt Österreich wider Erwarten durchaus vorteilhafte geographische Voraussetzungen, etwa in der - nicht zufällig so genannten - Thermenregion Südostösterreichs. Außerdem gibt es mittlerweile signifikante Fortschritte bei der sogenannten tiefen Geothermie bzw. bei der "Hot Dry Rock" Technologie, welche in der Energiegewinnung wesentlich unab­hängiger von günstiger Geologie ist. Eine weiterer Startvorteil für die heimische Geo­thermie wäre die Tatsache, dass Österreich sowohl beim wissenschaftlichen als auch beim wirtschaftlichen Know-How auf bereits vorhandene Strukturen, Universitäten und Unternehmen zurückgreifen kann.

Das Potential der österreichischen Geothermie wird aber auch durch rechtliche Hinder­nisse und Unklarheiten sowie langwierige Verfahren behindert. Aber aufgrund der Tat­sache, dass wir beim Ausstieg aus russischem Gas keinerlei Potentiale ignorieren können und hier auch eine enorme Chance für die heimische Wirtschaft schlummert, ist ein Umdenken und Handeln dringend notwendig. Hier braucht es vor allem Büro­kratieabbau und Anpassungen des MinRoG

4) Ausstieg der Industrie aus fossilem Gas unterstützen!

Der Ausstieg aus russischem Gas ist eine riesige Herausforderung für unsere Industrie. Derzeit benötigt sie ca. 31 TWh Erdgas, was etwa 1/3 unseres Gesamtbedarfs ent­spricht. Besonders betroffen sind hier vor allem die Papierindustrie, die chemische Industrie sowie die Eisen- und Stahlerzeugung, doch darüber hinaus sind viele weitere Branchen von hohem Bedarf geprägt und leiden unter hohen Preisen und der derzeitigen Unsicherheit. Viele Prozesse können nur mit hohen Investitionen umgestellt oder energiesparender gestaltet werden, vielfach gibt es aber auch einfach keine Alternativen zu gasförmigen Energieträgern, welche nach und nach mit biogenem Gas oder Was­serstoff ersetzt werden müssen. Bereits jetzt sind unsere Industriebetriebe bei der Dekarbonisierung internationale Vorreiter und aufgrund des europäischen Emissions­handels zu Innovationen im Umgang mit Energie angehalten. Hier gilt es einerseits den durch die Politik verursachten Standort-Nachteil aufgrund der kompletten infrastruk­turellen Anbindung an russisches Gas wettzumachen, andererseits dafür zu sorgen, dass zehntausende Arbeitsplätze gesichert werden.

Gerade deshalb ist es völlig unverständlich, dass die Regierung nicht bereits an einem umfassenden Maßnahmenpaket arbeitet um umgehend erste Schritte zu setzen um unsere von Gasimporten stark abhängige Industrie dabei zu unterstützen aus fossilem Erdgas auszusteigen und damit sowohl deren Existenz abzusichern, als auch eine Basis für eine nachhaltige, klimaneutrale Industrie zu legen.

5) Sanierungsrate endlich erhöhen!

Gerade bei den Haushalten und dem Dienstleistungssektor, welche momentan ins­gesamt ca. 20TWh Erdgas verbrauchen, könnte durch eine Erhöhung der thermischen Sanierungsrate der Energiebedarf um über die Hälfte reduziert werden. Gerade bei hohen Energiepreisen amortisieren sich thermische Sanierungen innerhalb kurzer Zeit­räume und die Regierung hat bereits signifikante Fördermittel hierfür zur Verfügung gestellt. Allerdings stagniert die Sanierungsrate in Österreich weit unter den angestreb­ten 3%. Der Grund hierfür sind nicht nur fehlende Fördermittel, sondern mangelnde steuerliche Anreize, fehlende Modelle zur geteilten Finanzierung von Mietern und Vermietern, Fachkräftemangel und hohe Lohnkosten für Unternehmen sowie eine öffent­liche Hand die bei ihrem Gebäudebestand keinerlei Vorbildwirkung zeigt.

Obwohl ein sowohl die Europäische Kommission als auch die Internationale Ener­gieagentur in ihren Vorschlägen die europäische Abhängigkeit von russischem Gas zu reduzieren die Wichtigkeit von thermischen Sanierungen betonen, und dies gerade in Österreich die sozialen Folgen hoher Gaspreise beträchtlich reduzieren könnte, hat die Regierung auch mehrere Wochen nach Kriegsbeginn noch keinen Plan vorgelegt wie die Sanierungsrate rasch erhöht werden kann und wie die bisher bestehenden Hinder­nisse beseitigt werden können. Hier gilt es nicht nur weitere Fördermittel zu mobilisieren, sondern auch die Rahmenbedingungen zu verbessern, Länder in die Pflicht zu nehmen und vor allem auch endlich

6) Gasausstieg bei der Raumwärme vorziehen!

Während es bei vielen Industrie- und Produktionsprozessen oder bei der grund­last­fähigen Stromerzeugung vergleichsweise schwierig sein wird, schnell auf gasförmige Energieträger zu verzichten, kann gerade bei der Raumwärme umgehend begonnen werden großflächig auf Alternativen umzusteigen. Ein erster, wichtiger Schritt in Rich­tung aus der Abhängigkeit von russischem Gas, ist ein politisches Bekenntnis zur Tat­sache, dass man selbst mit einer stärkeren Diversifizierung der Gasversorgung sowie erhöhten heimischen Biogasproduktion, eine schnelle Reduktion des Gasbedarfs von­seiten der Haushalte notwendig ist. Hier ist es unumgänglich, dass keine neuen Kunden ans Gasnetz angeschlossen werden und bei Renovierungen, nur dort wo alternativlos mit effizienteren Modellen ersetzt werden kann.

Schon vor Kriegsausbruch wurde aufgrund der hohen Gaspreise und deren sozialer Folgen klar, dass es ein erhebliches wirtschaftliches und soziales Risiko ist, unsere Wohnungen mit Energieimporten aus instabilen Weltregionen warm zu halten. Der Gasausstieg war aus klimapolitischen Gründen ohnehin bereits vorgesehen, spätestens jetzt sollte es aber klar sein, dass wir hier bedeutend schneller handeln müssen als geplant. Es ist vollkommen unverständlich, warum die Regierung zögert eine ent­sprechende Vereinbarung mit den Ländern zu schaffen. Die Regierung hat diese Maß­nahmen bereits angekündigt, allerdings fehlt noch ein entsprechender Beschluss, weshalb ein klares Bekenntnis dazu dringen notwendig ist.

7) Fachkräftemangel endlich beheben!

Egal, ob bei der Installation von Wärmepumpen, bei der Montage von PV-Anlagen, beim Verlegen von Erdkabeln oder bei der Produktion von Biogas: Fast alle Unternehmen klagen von einem Mangel an geeignetem Fachpersonal sowie teilweise veralteten Lehr- und Ausbildungsplänen, während Kund_innen von monatelangen Wartezeiten für wichtige Sanierungen oder den Ersatz einer Gasheizung warten. Selbst bei perfekten energiepolitischen Plänen und Gesetzen werden wir keine Fortschritte machen, wenn Personal für die Umsetzung nicht vorhanden ist.

Diese Handlungsfelder sind weder neu, noch unlösbar, sofern der politische Wille be­steht. Teilweise müssten sogar einfach nur Vorhaben des Regierungsprogramms end­lich umgesetzt werden. Österreich hat sich mehr oder weniger bewusst in eine energie­politische Abhängigkeit von einem Regime manövriert, welches jetzt 1000de Tote auf dem Gewissen hat und unsere Volkswirtschaft zig Milliarden an Importen gekostet hat. Wir müssen hier sofort beginnen gegenzusteuern. Ein weiteres Zögern ist nicht recht­fertigbar.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert umgehend einen Aktionsplan für Ausstieg aus russischem Gas vorzulegen, welcher folgende Punkte umfasst:

•           Maßnahmen zur deutlichen Beschleunigung von UVP Verfahren für erneuerbare Energieprojekte und Energieinfrastrukturen inkl. verbesserter Verfahrensbegleitung und Ressourcen

•           Eine weitere, deutliche Aufstockung der Fördermittel für die thermische Sanie­rung von Wohn- und Bürogebäuden;

•           Ein massives Sanierungspaket für den Bundesgebäudebestand;

•           Die Ermöglichung von Investitionsförderungen für geothermische Strom- und Wärmeproduktion;

•           Den Abbau von Bürokratie sowie die Überarbeitung und Vereinfachung behörd­licher und rechtlicher Vorgaben für die Geothermie,

•           Anpassungen im MinroG welche den geothermalen Wärmeinhalt als bergfreien Rohstoff festlegen

•           Ausbau der Unterstützung von Pilotprojekten und Forschung bei der De­karbonisierung und bei der Anwendung von Wasserstoff und biogenen Gasen in Indus­trieprozessen;

•           Die Ermöglichung von Co-Finanzierungsmodellen für Mieter und Vermieter, wobei Energie-Effizienzmaßnahmen über Heizkostenersparnis mitfinanziert werden können;

•           Eine verbesserte steuerliche Abschreibbarkeit der Kosten von Energieeffizienz­maßnahmen, vor allem bei der Sanierung von Wohngebäuden und Mietwohnungen;

•           Die Vorlage der im Regierungsprogramm angekündigten Novelle des Wärme­gesetzes bis 15. Juli 2022;

•           Die Vorlage einer Novelle des Energieeffizienzgesetzes bis spätestens 15. Juli 2022;

•           Die Vorlage einer Novelle des Klimaschutzgesetzes bis spätestens 15. Juli 2022;

•           Die Vorlage des im EAG festgeschriebenen Netzinfrastrukturplans bis spätestens 15. Juli 2022;

•           Ein ambitioniertes Maßnahmenpaket gegen den Fachkräftemangel in der Energiebranche sowie eine entsprechende Überarbeitung der Ausbildungspläne sowie

•           Die Schaffung von 15A Vereinbarungen mit den Bundesländern um

o          Widmungsprozesse für den Ausbau von Erneuerbaren zu beschleunigen und zu unterstützen,

o          die Energieraumplanung voranzutreiben,

o          verbindliche Ausbauziele für Erneuerbare festzulegen,

o          verbindliche Sanierungsziele festzulegen

o          Bauordnungen anzupassen um die Installation von PV-Anlagen und Wärme­pumpen sowie thermische Sanierungen zu forcieren sowie

o          den Gasausstieg bei Neubauten auf 2023 vorzuziehen."

*****

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Bundesministerin Gewessler. – Bitte sehr.