12.23

Volksanwalt Werner Amon, MBA: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Kollege Achitz! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte damit beginnen, dass ich mich zunächst bei den Abgeordneten sehr herzlich für die ausgesprochen wert­schätzende und inhaltsreiche Ausschussberatung bedanke, in der wir an einem Vormittag die nachprüfende Kontrolle der Volksanwaltschaft und am zweiten Vormittag den Menschenrechtsbericht diskutiert haben. Ich glaube, das war insgesamt eine ausgezeichnete Debatte, eine ausgezeichnete Diskussion, und ich möchte mich dafür auch herzlich bedanken. (Beifall bei Abgeordneten von ÖVP, SPÖ und Grünen sowie der Abg. Krisper.)

Die Tatsache, dass wir im Berichtszeitraum 2021 bei den Beschwerdefällen eine Stei­gerung von über 30 Prozent hatten, deren Anzahl also auf 23 600 hinaufgegangen ist, ist – und da möchte ich mich den Ausführungen der Frau Abgeordneten Dr. Blimlinger anschließen, die das so gesagt hat – nicht Ausdruck dessen, dass die Verwaltung immer schlechter und immer schlechter wird. Wir, alle drei Volksanwälte, sind eigentlich der Meinung, dass Österreich ein hervorragend verwaltetes Land ist. Ich sage ganz gerne dazu, manchmal hat man eher den Eindruck, dass es vielleicht ein überverwaltetes Land ist, aber sicherlich nicht ein schlecht verwaltetes, sondern ein ausgezeichnet verwalte­tes.

Was die Volksanwaltschaft aber schon ist: Sie ist so ein bisschen ein Seismograf für Entwicklungen in der Gesellschaft – und wir haben schon den Eindruck, dass die Kritik gegenüber der Verwaltung, auch die Aggressivität gegenüber der Verwaltung am Zunehmen ist. Es sind nicht ausschließlich Beschwerden über Coronamaßnahmen, die zu diesem Anstieg geführt haben, aber die gesamte Coronasituation hat meiner Meinung nach doch auch einen Beitrag dazu geleistet, dass sozusagen dieses Aggressions­potenzial, auch das Kritikpotenzial ein wenig zugenommen hat. Das müssen wir, glaube ich, insgesamt sehr, sehr ernst nehmen.

Zu meinem Geschäftsbereich möchte ich sagen, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Beschwerden das Bundesministerium für Finanzen betroffen hat. Das gehört zu meinem Geschäftsbereich. Die Zahl der Beschwerdefälle ging da von 259 im Jahr 2020 auf 357 Beschwerden im Jahr 2021 hinauf. Natürlich war ein großer Teil den Covid-Maß­nahmen geschuldet: Härtefallfonds, Fixkostenzuschuss. Da gab es natürlich gerade am Beginn einige Probleme, die dann mit der Zeit auch gelöst werden konnten, aber am Anfang gab es da doch erhebliche Probleme.

Wirklich sehr viel Kritik hat es an der Neustrukturierung, dem Finanzamt Österreich, gegeben, im Zuge derer sozusagen die regionalen Finanzämter abgeschafft worden sind, weil ganz viele Menschen plötzlich keinen Sachbearbeiter mehr gehabt haben und nicht die Möglichkeit hatten, sich mit dem Sachbearbeiter der jeweiligen Steuererklärung und dergleichen auseinanderzusetzen, und die telefonische Hotline halt am Anfang auch nicht wirklich gut funktioniert hat. Die Menschen sind da sehr, sehr lange in der Warteschlange gehangen und waren daher auch sehr unzufrieden, weil sie keinen Kontakt aufnehmen konnten. Ich darf sagen, mittlerweile nimmt das deutlich ab, aber wie gesagt, das war doch ein erheblicher Teil der Beschwerden im Berichts­zeit­raum 2021.

Die Anzahl der Beschwerden im Außenministerium, das auch zu meinem Prüfbereich gehört, ist zurückgegangen. Da haben wir an sich nicht sehr viele Beschwerden. Die Rückläufigkeit der Zahl der Beschwerden hat insbesondere damit zu tun, dass es ja im Jahr 2020 am Beginn der Pandemie sehr viele Rückholaktionen gab, als über 7 000 Ös­terreicherinnen und Österreicher aus dem Ausland mit Repatriierungsflügen zurück­geholt worden sind. Da gab es am Anfang auch einige Missverständnisse, weil viele geglaubt haben, das wäre kostenlos, obwohl jeder, der geholt wurde, auch ein Formular unterschreiben musste, in dem ausdrücklich stand, dass das eben nur mit einem Selbst­kostenbeitrag möglich ist.

Der Hotspot sozusagen der Beschwerden betrifft den Straf- und Maßnahmenvollzug. Im Berichtszeitraum haben wir alleine in diesem Bereich 778 Beschwerden. Und ich muss sagen, obwohl es eine sehr gute Zusammenarbeit mit der Generaldirektion für den Straf­vollzug gibt, ist der Maßnahmenvollzug tatsächlich das größte Problem, das wir haben. Wie Sie wissen, haben wir nur eine wirkliche Anstalt für den Maßnahmenvollzug, jene in Asten. Es bräuchte dringend eine weitere Anstalt für den Maßnahmenvollzug. Es gab in den letzten fünf Jahren um 60 Prozent mehr Einweisungen in den Maßnahmenvollzug. Das ist eine beträchtliche Zahl, die natürlich auch zu einer Überforderung der Beleg­schaft führt. Wir haben dort auch viel zu wenig medizinisches Personal, Psychologen, Psychiater, Psychotherapeuten. Es gibt zu wenig Maßnahmen im Maßnahmenvollzug, und da ist ganz dringender Handlungsbedarf gegeben, meine Damen und Herren.

Auch wenn das Hohe Haus vor eineinhalb Jahren mit ersten Reformen in rechtlicher Hinsicht begonnen hat: Es fehlen da offensichtlich die budgetären Mittel und es fehlen sozusagen die entsprechenden Notwendigkeiten aufseiten des Justizressorts, da ganz dringend entsprechende Reformen durchzuführen. Wir haben uns mit unserer Bundes­kommission, die für den Maßnahmenvollzug zuständig ist, insbesondere dem Thema Suizidprävention gewidmet, weil wir auch bei den Suiziden einen entsprechenden Anstieg zu verzeichnen haben.

Ich darf zum internationalen Bereich kommen. Dass es in der Landesverteidigung nur sehr, sehr wenige Beschwerdefälle gibt, hängt auch damit zusammen, dass ja ein Groß­teil der Beschwerden, die es im Bereich der Landesverteidigung gibt, von der Parlamen­tarischen Bundesheerkommission bearbeitet werden, die da sehr erfolgreich ist. Ich möchte aber ausdrücklich betonen, dass die Zusammenarbeit mit dem Verteidigungs­ressort und die Bereitschaft, Fehler einzusehen und sofort darauf zu reagieren, im Ver­teidigungsressort besonders hervorzuheben sind.

Der internationale Bereich ist, glaube ich, ein Bereich, über den man doch den einen oder anderen Erfolg berichten kann. Es ist uns gelungen – Sie wissen, Österreich ist Sitzstaat des International Ombudsman Institute, also der globalen Organisation aller Volksanwaltschaften –, mit Jänner dieses Jahres unter dem österreichischen Amtssitz­gesetz zu einer internationalen Einrichtung zu werden. Dieser Status ermöglicht es uns jetzt auch – und wir verhandeln seit November des vergangenen Jahres bei den Ver­einten Nationen –, als International Ombudsman Institute bei den Vereinten Nationen über einen Ständigen-Beobachter-Status bei der Generalversammlung zu verhandeln, weil immerhin gut die Hälfte der Mitgliedsorganisationen auch dieses Menschenrechts­mandat – ein so wichtiges Mandat – innehat. Wir glauben, dass wir als Volksanwalt­schaften, als Ombudseinrichtungen auch bei den Vereinten Nationen einiges einbringen können und dort tatsächlich ein guter Partner sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Es freut mich auch, dass wir, die österreichische Volksanwaltschaft, die ja gemeinsam mit den Opcat-Kommissionen dieses wichtige Menschenrechtsmandat wahrnimmt, von Ganhri, der globalen Organisation aller Menschenrechtsinstitutionen, die in enger Ko­operation mit dem Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen arbeitet und von der UNO als solche eben auch anerkannt ist, bei unserer Reakkreditierung, nachdem wir nun zehn Jahre dieses wichtige Mandat innehaben, einen A-Status erhalten haben. Damit wurde eigentlich ausgewiesen, dass wir die Pariser Prinzipien, also jene Prinzipien, die für eine solche Einrichtung erforderlich sind, erfüllen.

Korrekt ist, was gesagt wurde: dass da auch Auflagen erteilt worden sind – ich möchte nicht sagen, Auflagen, aber Empfehlungen. Diese Empfehlungen sagen, dass das Ver­fahren zur Bestellung – Frau Abgeordnete Dr. Krisper hat darauf verwiesen – trans­parenter werden soll und dass die Diversität in der Volksanwaltschaft sich vergrößern soll. Das nehmen wir natürlich zur Kenntnis. Wir haben auch schon mehrfach ausgeführt, dass wir selbstverständlich als Volksanwaltschaft jede Regelung, die das Hohe Haus trifft, anerkennen und dass das für uns selbstverständlich ist.

Ich möchte aber doch sagen, nachdem Sie hier doch auch die persönliche Qualifikation ein wenig kritisch hinterfragt haben – und ich kann das natürlich nur für meine Person sagen –: Ich nehme für mich nicht in Anspruch, der Beste in Sachen Menschen­rechtsfragen zu sein; diese Überheblichkeit habe ich nicht, das möchte ich ausdrücklich betonen. Es ist aber, glaube ich, auch nicht die einzige Voraussetzung, die ein Volks­anwalt haben soll.

Gerade weil Sie den Menschenrechtsbereich angesprochen haben, möchte ich aber zumindest darauf hinweisen, dass ich immerhin sechs Jahre lang Menschenrechts­sprecher hier in diesem Haus war, dass ich sieben Jahre lang Mitglied der Parlamenta­rischen Versammlung des Europarates war, die bekanntlich gemeinsam mit dem Euro­päischen Gerichtshof für Menschenrechte der Hüter über die Menschenrechts­konven­tion und auch dafür entscheidend ist, wer Richter am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wird. Ich war auch zwei Jahre Vizepräsident dieser Versammlung. Ich würde zwar nicht sagen, dass ich der Beste bin, offenbar war es aber für die nominie­rende Partei in diesem Haus ausreichend, um mich für diese Funktion zu nominieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Insgesamt bedanke ich mich für den Diskurs. Ich bin ja ein langgedienter Parlamentarier, ich halte es für wichtig, dass der Diskurs mit dem Hohen Haus stattfindet. Ich glaube, dass wir insgesamt mit allen Fraktionen eine sehr gute Zusammenarbeit haben und dass wir deshalb auch diesen überparteilichen, unparteiischen Auftrag, den wir als Volks­anwaltschaft haben, sehr wohl erfüllen. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. (Bei­fall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Disoski und Grebien.)

12.34

Präsidentin Doris Bures: Ich bedanke mich bei den beiden Volksanwälten für ihre Ausführungen und erteile als nächstem Debattenredner Herrn Abgeordneten Peter Weidinger das Wort. – Bitte.