22.46

Abgeordnete Melanie Erasim, MSc (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Geschätzte Damen und Herren! Dieser Entschließungsantrag betreffend „Sexualisierte Gewalt und Vergewaltigung als Kriegswaffe in der Ukraine“ ist ein wichtiger Antrag, ein Antrag, bei dessen Detailrecherche es jedem anständigen Menschen schwerfällt, die Fassung zu wahren. Umso wichtiger ist es, dieses grausame Thema – Vergewaltigung von Mädchen, Buben und Frauen – zum Thema zu machen.

Bombardierte Häuser sieht man in jeder  Berichterstattung, missbrauchte Körper und Seelen verschwinden oft aus Scham im Hintergrund, und genau deshalb muss man diese grauenhaften Taten als das bezeichnen, was sie sind: eine oft systematisch einge­setzte Kriegswaffe.

Da dürfen wir alle nicht wegsehen, ganz im Gegenteil, es muss seitens der inter­nationalen Staatengemeinschaft alles – wirklich alles! – getan werden, um die Taten zu dokumentieren, die Täter ausfindig zu machen und diese Kriegsverbrecher ihrer gerech­ten Strafe zuzuführen und vor allem den Opfern jegliche Unterstützung und Hilfe ange­deihen zu lassen – ob in der Ukraine selbst oder dort, wohin sie sich flüchten konnten. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brandstätter.)

Da wartet oft der nächste Spießrutenlauf, denn wenn man bedenkt, dass das Land, wohin die meisten Ukrainerinnen geflüchtet sind, Polen ist, und man bedenkt, dass Polen erst vor Kurzem de facto ein Abtreibungsverbot beschlossen hat, möchte ich es mir gar nicht ausmalen, wie es jenen Frauen geht, die nach einer Vergewaltigung schwanger geworden sind und dann nach der Flucht noch um ihre Selbstbestimmtheit kämpfen müssen.

Es ist wichtig, zu wissen, dass es sich nicht um tragische Einzelschicksale handelt, sondern dass ein Plan dahinter steht. Das wissen wir aus vergangenen Kriegen wie dem Bosnienkrieg, auch in Ruanda und Syrien gab es diese systematischen Vergewalti­gungen.

Deshalb ist dieser Antrag wichtig und richtig, und wenn ein Antrag wichtig und richtig ist, werden wir dem als sozialdemokratische Parlamentsfraktion selbstverständlich zustim­men. Umso erstaunter war ich aber – und das, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien, muss ich schon sagen – über die Argumentation, mit der dieser Antrag abgelehnt wurde.

In allen vorhergehenden Reden des vorigen Tagesordnungspunkts wurde Verge­walti­gung als systematische Kriegswaffe auch von Ihren Rednerinnen und Rednern ver­teufelt, und ich glaube auch, dass das Ihre Meinung dazu ist. Doch ich verstehe es nicht, dass es dann von der Schönheit eines Antrages abhängt, ob man dem zustimmt oder nicht, und der eigentliche Inhalt ins Hintertreffen gerät. Dieses politische Kleingeld muss man bei diesem Thema wirklich nicht verdienen. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Doch mir ist es an dieser Stelle auch wichtig – gerade, wenn es um Frauen- und Mädchenrechte auf internationaler Ebene geht –, auf andere Brennpunkte aufmerksam zu machen, die oft bei den schrecklichen Bildern, die uns vom Angriffskrieg in der Ukraine tagtäglich gezeigt werden, ins Hintertreffen geraten.

In Afghanistan passiert seit dem Abzug der internationalen Truppen im August 2021 ein richtiges Drama, was Frauen- und Mädchenrechte betrifft, und auch da muss man versuchen, auf allen Ebenen Lösungen zu finden.

Im Tschad ist durch Corona der Mädchenanteil an Schulen auf 12 Prozent gesunken, aber auch die Türkei muss man hier erwähnen, die verfassungswidrig den Ausstieg aus der Istanbulkonvention ab 1. Juli beschlossen hat. – Für die Zuseherinnen und Zuseher: Mit der Istanbulkonvention verpflichten sich die Mitgliedstaaten, gegen alle Formen von Gewalt aufzutreten, vor allem aber gegen geschlechtsspezifische Gewalt an Frauen, die ja sehr, sehr oft mit den Kindern die ersten Opfer von Kriegen sind.

Sie sehen also, es gibt auf vielen Ebenen sehr viel zu tun. Vieles liegt nicht direkt in unseren Händen, deshalb ist es umso wichtiger, auf nationaler Ebene geschlossen Schulter an Schulter für mehr Frauenrechte, für mehr Mädchenrechte, für mehr Kinder­rechte einzutreten – und nicht durch Vertagungen oder Ablehnungen politisches Kleingeld zu verdienen –, vor allem weil ich Ihnen abnehme, dass das auch Ihre Intention ist. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

22.51

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Hans Stefan Hintner. – Bitte.