9.12
Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Guten Morgen, Herr Präsident! Guten Morgen, Herr Sozialminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren im Plenarsaal! Sehr geehrte Damen und Herren zu Hause vor den Fernsehschirmen! Die SPÖ hat heute eine Aktuelle Stunde unter dem Titel „Rekordinflation: Pensionen an die aktuelle Teuerung anpassen, um Armut zu verhindern und Kaufkraft zu erhalten!“ eingefordert.
Ich nehme an, Ihnen geht es gleich wie mir: Wenn wir in der Früh unsere Handys einschalten, wenn wir die Laptops aufklappen, was sehen wir, was haben wir bekommen? – Wir haben Nachrichten von Menschen bekommen, die aufgrund der Teuerung, die derzeit in Österreich abgeht, große Sorgen haben. (Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.)
Die Inflation steigt in Österreich weiter: plus 9,3 Prozent im August. Lebensmittel-, Energie-, Sprit-, Wohnkosten bringen immer mehr Menschen in finanzielle Probleme. Vom Jugendlichen bis zur Pensionistin, vom Arbeiter und von der Handelsangestellten bis zum Klein- und Mittelunternehmer, immer mehr schaffen es nicht, mit ihrem Einkommen ihre Rechnungen zu bezahlen.
Was macht die Regierung? – Anstatt die Teuerung zu bekämpfen, beschließt sie Einmalzahlungen; Einmalzahlungen, die ein Mal helfen, aber kein einziges Produkt in Österreich billiger machen, sodass die Menschen nachhaltig davon profitieren könnten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren vor den Fernsehschirmen, Sie werden gleich nach meiner Rede erleben, wie Vertreter der Regierungsparteien ihre Einmalzahlungen hier von diesem Rednerpult aus verteidigen werden. Da werden Argumente kommen, wird gesagt werden, was an Ausgleich und Boni schon alles ausbezahlt wurde, damit die Menschen ihre Rechnungen bezahlen können. Da werden Abgeordnete von ÖVP und Grünen herauskommen und ihren unsozialen Klimabonus hochleben lassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das, was wir statt Einmalzahlungen brauchen, ist letztendlich das Draufsetzen eines Deckels (Beifall bei der SPÖ), eines Deckels auf Preise für Wohnen, Nahrungsmittel, Energie und Sprit! (Zwischenruf bei der ÖVP.) Zuerst Preise senken, dann den Deckel drauf! – Und kommen Sie dann nicht hier heraus und sagen, dass das nicht geht! Sagen Sie einmal, wie es geht! Andere Staaten zeigen uns, wie es geht. (Abg. Hanger: Das täte mich interessieren!)
Drei Beispiele – August 2022, Inflationsvergleich –:
Deutschland: Spritpreise gesenkt und Steuersenkung auf Gas durchgeführt (Abg. Michael Hammer: Was kostet der Sprit in Deutschland jetzt?) – Inflationsrate in Deutschland 7,9 Prozent, in Österreich 9,3 Prozent.
Frankreich: Deckel bei Strom-, Gas- und Spritpreisen durchgeführt – Inflationsrate in Frankreich 6,5 Prozent, in Österreich 9,3 Prozent.
Schweiz: kein Meritordersystem, das heißt, der Gas- ist vom Strompreis entkoppelt – Inflationsrate 3,5 Prozent, Österreich 9,3 Prozent.
Das sind nur drei Beispiele aus drei europäischen Staaten, die uns zeigen, wie es geht. Und Sie von der Regierung machen es nicht! (Beifall bei der SPÖ.)
Ich möchte aber auch die Gelegenheit nutzen, um mich bei den Zehntausenden Menschen zu bedanken, die letzten Samstag dem Aufruf der Gewerkschaft gefolgt sind (Abg. Zarits: 700 000 Euro! – Abg. Hörl: 800 000 Euro ...!) und gegen die falsche Politik dieser Regierung bei Wind, bei Regen und bei Kälte demonstriert haben. 22 Cent hat die Demonstration pro ÖGB-Mitglied gekostet, von einer Luxusdemo kann man also nicht sprechen. (Beifall bei der SPÖ.)
Fakt ist: Die Gewerkschaften fordern zu Recht bei den Lohnverhandlungen eine volle Abgeltung der Teuerung (Zwischenruf des Abg. Loacker) und einen vollen Ausgleich der Reallohnverluste. Die vier Millionen Beschäftigten in Österreich haben sich faire Lohnerhöhungen verdient. Die haben sie sich ganz einfach verdient! (Beifall bei der SPÖ.) Niemand kann wollen, dass es in Österreich zu einem Kaufkraftverlust kommt. Das würde die Wirtschaft und somit auch die Arbeitsplätze schwächen.
Ich empfehle Ihnen von ÖVP und Grünen wirklich: Machen Sie die Augen auf und überzeugen Sie sich selber, Ihre Einmalzahlungen wirken nicht! Gehen Sie zu den Sozialmärkten und schauen Sie sich das an: die langen Schlangen bei den Sozialmärkten! Rufen Sie bei den Beratungsstellen an und fragen Sie, wie es den Menschen geht, warum es immer mehr Anfragen betreffend das Nichtleisten von Rechnungen gibt, warum die Zahl der Privatkonkurse steigt! Fragen Sie bei der Wirtschaftskammer nach, warum die Zahl der Insolvenzen wieder steigen wird! Fragen Sie bei der Wirtschaftskammer nach, warum ein Viertel der Unternehmen in Oberösterreich die Gefahr sieht, dass es nicht weiter existieren kann! Machen Sie die Augen auf, schauen Sie hin! Packen Sie die Probleme an der Wurzel an! Wischen Sie die Vorschläge der SPÖ nicht weiterhin weg, wie Sie es in den letzten Monaten gemacht haben! (Beifall bei der SPÖ.)
Ihre Politik, von ÖVP und Grünen, ist falsch! Sie werden am Sonntag bei der Landtagswahl in Tirol die Rechnung präsentiert bekommen. (Zwischenruf des Abg. Zarits.) Sie haben keinen Plan gegen diese Teuerung und Sie werden am Sonntag so richtig eine auf den Deckel bekommen, und das haben Sie sich mit dieser Politik, die Sie hier betreiben, auch verdient! (Beifall bei der SPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Pensionen sind ein wichtiger Punkt; und generell: Die SPÖ hat einen Plan. Erstens: Preise runter, Deckel drauf! (Zwischenruf des Abg. Zarits.)
Zweitens: mehr Entschlossenheit in Brüssel, um die Meritorderregel letztendlich endlich zu entkoppeln, anstatt als österreichische Regierung drei Mal dagegenzustimmen – volle Unterstützung seitens der Wirtschaft auch bei diesem Thema. Der Energiemarkt muss neu gestaltet werden. Die SPÖ hat dazu ihr Konzept auf den Tisch gelegt. (Beifall bei der SPÖ.)
Drittens: Übergewinne und Zufallsgewinne bei Krisengewinnern wie den Energiekonzernen abschöpfen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Zarits.) Holt diese Milliardengewinne, für die niemand etwas geleistet hat, diese Übergewinne, einmal nach Hause! (Abg. Zarits: Wien Energie!) Gebt das den Leuten wieder, denen ihr das Geld aus den Taschen genommen habt! Das ÖGB- und AK-Modell dazu liegt auf dem Tisch. (Beifall bei der SPÖ.)
Mit diesen zusätzlichen Milliarden kann man den Menschen ihr Geld wieder zurückgeben. 1 Milliarde Euro wurde zu viel an Spritkosten bezahlt, nur weil die Regierung das Preisgesetz nicht nutzt. 1 Milliarde Euro! Die Pendlerinnen und Pendler, die nicht die Möglichkeit haben, mit einem öffentlichen Verkehrsmittel zu ihrem Arbeitsort zu kommen, sind die großen Verlierer. Das ist die Pflegerin bei den mobilen Diensten, das ist der Handwerker, der zu den Kunden oder auf die Baustelle fährt, das sind die Vertreter vieler Berufe, wo kein öffentliches Verkehrsmittel genutzt werden kann. Erhöht das Kilometergeld, schafft mehr Steuerfreiheit bei Diäten, Tagesgeld und auch bei Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulage! Gebt den Pendlern jetzt auch einmal einen Teuerungsausgleich! (Beifall bei der SPÖ.)
Und Viertens: Vergessen Sie nicht die Pensionistinnen und Pensionisten! Hören Sie auf, unsere Gesellschaft zu spalten, indem Sie die Jugend gegen die ältere Generation ausspielen! Ich brauche da nichts zu erfinden, ich brauche nur die Zeitung zu lesen. Originalzitat der ÖVP-Staatssekretärin Claudia Plakolm am 5. September: Wir können „Pensionen nicht immer nur erhöhen [...], das ist der Jugend gegenüber nicht gerecht.“ – Ja, geht’s noch? Geht’s noch? (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Scherak.) Das heißt, eine der betroffensten Gruppen in Österreich, die Pensionistinnen und Pensionisten, sollen keine Pensionserhöhung bekommen! Genau das ist Ihre Politik: Anstatt den Menschen zu helfen, die nicht wissen, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen, schützt ihr die Krisengewinner noch und macht nichts dagegen. Die Staatssekretärin spricht da von einem Schuldenrucksack. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Michael Hammer: ... am Samstag die ganze Energie verdemonstriert!)
Die 2,2 Millionen Menschen, die sich in Pension befinden, haben sich eine faire Pensionserhöhung verdient. Ich sage Ihnen nur noch eine Zahl: 50 Prozent aller Pensionistinnen und Pensionisten in Österreich bekommen eine Pension unter 1 100 Euro brutto – 1 100 Euro brutto! (Abg. Loacker: Aber dann haben sie auch nichts einbezahlt! – Abg. Leichtfried: Das war wieder ein ... Loacker!) Seit Mai fordern wir eine vorzeitige Pensionsanpassung, das haben Sie aber auch abgelehnt, und jetzt stellen Sie eine Pensionsanpassung mit 5,8 Prozent in den Raum. Das ist zu wenig! Wir brauchen eine neue Berechnung. Unsere Berechnung sieht vor, dass wir die Pensionsanpassung mit 1. Jänner den tatsächlichen Teuerungen anpassen, das heißt, die rollierende Inflationsrate von Jänner 2022 bis Dezember 2022 muss mit 1. Jänner auf die Pensionen draufkommen. Das sind voraussichtlich plus 8,4 Prozent. (Beifall bei der SPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist leistbar – das ist notwendig und das ist leistbar! Die Pensionistinnen und Pensionisten haben sich diese Pensionserhöhung verdient. (Abg. Meinl-Reisinger: Aber wie erklären Sie dann den arbeitenden Menschen die Reallohnverluste?) Meine sehr geehrten Damen und Herren, lesen Sie bitte die Mails und die Zuschriften, die Sie haben, denn die Menschen, die jahrzehntelang unser Land aufgebaut haben, die jahrzehntelang Beiträge und Steuern bezahlt haben, haben sich in einer Zeit, in der niemand mehr weiß, wie man die Rechnungen bezahlen soll, eine faire Pension verdient! (Anhaltender Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Michael Hammer.)
9.22
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich darf die Schüler:innen des Bundesrealgymnasiums Schloss Traunsee recht herzlich bei uns begrüßen. Das ist die erste Gruppe, die hier bei uns ist. – Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)
Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesminister Rauch. – Bitte sehr.