18.36

Abgeordneter Mag. Gerald Hauser (FPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister, der noch schwätzt! (Abg. Lukas Hammer steht an der Regierungs­bank und spricht mit Bundesminister Totschnig.) Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Wir diskutieren heute den Grünen Bericht zur Situation der Landwirtschaft. Bevor ich in den Bericht eingehe, möchte ich mich bei allen Landwirtinnen und Landwirten für die ausgezeichnete Arbeit bedanken, für die Erhaltung unserer Kulturlandschaft, aber auch für unsere Versorgung mit tollen, guten Lebensmitteln. Das ist eine grandiose Leistung, 365 Tage im Jahr, und das schätzen wir als Freiheitliche Partei und ich als Gerald Hauser sehr.

Herr Minister, jetzt zum Bericht als solchem: In 3 Minuten habe ich natürlich nicht Zeit, die ganze Landwirtschaft in der Tiefe zu analysieren. Fakt ist aber, wenn man sich die Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe an­schaut – siehe dieses Chart (eine Tafel mit einem Säulendiagramm und der Überschrift „Entwicklung der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe in Österreich 1960-2020“ auf das Redner:innenpult stellend) , dann sieht man, dass seit 1960, also innerhalb der letzten 60 Jahre, die Zahl von 400 000 Betrieben auf 150 000 Betriebe eingebrochen ist. Herr Minister, da kann vieles nicht stimmen. Wir verlieren Jahr für Jahr Betriebe. Das bedauern wir.

Wir haben in der Vergangenheit viele Initiativen gesetzt, zum Beispiel die Er­höhung der Ausgleichszahlungen, was nur schleppend vorangegangen ist, wir haben aber auch kritisiert, dass viele EU-Förderungen in Richtung der Groß­betriebe gehen, was nicht einzusehen ist. Wenn man sich die Statistiken anschaut, dann sieht man: Der erste richtige landwirtschaftliche Betrieb kommt unter ferner liefen irgendwann einmal nach dem 20. Platz. Das ist nicht gut. Wir müssen also die Förderstruktur dahin gehend verändern, dass die wirklichen landwirtschaftlichen Betriebe unterstützt werden und all jene, die in expo­nierten extremen Lagen arbeiten müssen, dementsprechend unterstützt werden. Das ist unser Anliegen, und da haben Sie mit uns einen Mitstreiter.

So, nun zu den Problemen, Stichwort Wolf, Herr Minister: Das ist ja bekannt. (Heiterkeit der Abg. Voglauer.) – Na ja, man kann das nicht oft genug ansprechen. Der Wolf ist mittlerweile auch ein Grund dafür, dass viele Bauern darüber nachdenken, aufzuhören. Es ist für viele ein Desaster, wenn ihre Schafherden ge­rissen werden, bitte, und da müssen wir dagegenhalten. Und da ich immer von grüner Seite das Argument der Herdenschutzmaßnahmen höre: Wie bitte soll denn das ein Bauer mit 40 Schafen machen? Der kann keinen Hirten anstellen, das ist zu teuer. Man kann die großen Weideflächen nicht einzäunen, das ist ja realitätsfern.

Ich versuche es also heute zum, glaube ich, zehnten Mal innerhalb der letzten zweieinhalb Jahre, und ich schaue da in Richtung ÖVP. Wir als Freiheitli­che Partei haben unzählige Anträge eingebracht, den Wolf zu entnehmen (Zwi­schenruf des Abg. Michael Hammer), und ich darf heute den zehnten Versuch unternehmen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Schutz des Menschen vor Wolfsangriffen muss Vorrang haben“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die dringend notwendigen Schritte für ein aktives Wolfsmanagement und insbesondere die Entnahme von Problem­wölfen zu setzen.“

*****

Liebe Kollegen von der ÖVP, das zehnte Mal habt ihr eine Chance, zuzustimmen. Lasst doch die Bauern nicht immer im Stich! (Beifall bei der FPÖ.)

Abschließend, Herr Minister, noch ein Wort zum Borkenkäfer: Wir beide wissen das aus Osttirol. Es ist aber nicht nur Osttirol, wir haben ein Megaproblem. Wir haben im Ausschuss darüber gesprochen, da müssen wir wirklich in die Gänge kommen. Wir müssen schauen, dass wir die PS wirklich auf die Straße bekommen, um den zum Teil desaströs vom Borkenkäfer befallenen Wald wirklich zu sanieren, bevor wir nicht mehr in die Landschaft, in die Talschaf­ten hineinkommen. Bitte packen wir das an! – Ich danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

18.40

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Gerald Hauser, Peter Schmiedlechner

und weiterer Abgeordneter

betreffend Schutz des Menschen vor Wolfsangriffen muss Vorrang haben

eingebracht im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 19, Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über den Grünen Bericht 2022 der Bundesregierung (III-746/1735 d.B.), in der 179. Sitzung des Nationalrates, XXVII. GP, am 13. Oktober 2022.

In seiner Studie mit dem Titel „Wann werden Wölfe für den Menschen gefährlich“1 führt der Biologe Prof. Valerius Geist aus, dass die politisch korrekte Ansicht, wonach Wölfe „harmlos“ sind und keine Gefahr für den Menschen darstellen, leider nicht zutreffend ist.

Wenn der Mensch sich nicht verteidigt, werden die Wölfe übergriffig, so der Professor der Umweltwissenschaften an der University of Calgary in Alberta, Kanada. Selbstverständlich erfolgen Wolfsangriffe auf Nutztiere oder sogar Menschen nicht aus heiterem Himmel. Vielmehr gehen solchen Attacken verschiedene Phasen der Gewöhnung an den Menschen voraus. Er beschreibt eine Skala mit sieben klar erkennbaren Stufen, bevor ein Wolf einen Menschen angreift: „Seven stages of habituation“, sieben Stufen der Gewöhnung oder auch sieben Schritte bis zu Eskalation.

Stufe 1:

•     Beutetiere sterben massenhaft

•     Beutetiere wandern in menschliche Siedlungen

•     Wölfe habituieren sich durch Müllfressen

Stufe 2:

•     Wölfe beginnen nachts in menschlichen Siedlungen nach Nahrung zu suchen

•     Hunde beginnen sich daher nächtliche Bell-Duelle zu liefern

Stufe 3:

•     Wölfe sind tagsüber gut sichtbar

•     Wölfe beobachten Menschen tagsüber

Stufe 4:

•     Wölfe greifen kleinere Haustiere in der Nähe von Gebäuden an

•     Wölfe attackieren Hunde im Beisein der Besitzer bei Spaziergängen

Stufe 5:

•     Wölfe greifen Nutztiere wir Rinder an; als Anzeichen hierfür finden sich leichtere und schwerere Verletzungen bei den Individuen

•     Wölfe verfolgen Reiter

•     Wölfe schauen durch Fenster von Gebäuden

Stufe 6:

•     Wölfe nähern sich Menschen und beobachten diese

•     Es kommt zu Scheinangriffen

Stufe 7:

•     Wölfe ordnen Menschen als mögliche Beutetiere ein

Trotz einer Vielzahl an freiheitlichen Initiativen, um dem Problem beizukommen – von einer Anpassung der FFH-Richtlinie2 bis zur Errichtung einer Weide­zone3 – verharrt die Regierungsmehrheit von ÖVP und Grünen nicht nur in Untätigkeit, sondern bekämpft sogar notwendige Entnahmen von Problemwölfen.4

Währenddessen nähert sich der Wolf immer weiter dem Menschen. In Obervel­lach in Kärnten legte ein Wolf ein gerissenes Rotwild mitten am örtlichen Fußballplatz ab.5 In der Ortschaft Stall im Mölltal in Kärnten durchstreift der Wolf bereits das Siedlungsgebiet. „Die Kleinen können nicht mehr im Wald spielen. Jeder hat Angst. Wir lassen weder die Tiere noch unsere Kids aus den Augen. Das Raubtier hat in unserem Tal bereits enormen Schaden angerichtet. Ich habe wirklich Angst um meine Familie“, berichtet eine Landwirtin, nachdem bereits direkt hinter ihrem Haus ein Wolf gesichtet wurde.6 Im Tiroler Brixental hat ein Wolf vor ein Reh bis ins Sied­lungsgebiet verfolgt und neben einer Kinderschaukel gerissen. Von Scheu ist we­nig zu spüren, die Bevölkerung ist verunsichert.7 Im Gemeindegebiet von Schönberg im Tiroler Stubaital wurde der Behörde Mitte Mai ein totes Schaf gemeldet. Eine DNA-Untersuchung soll Gewissheit bringen, ob hier ein Wolf das Schaf gerissen hat. Aufgrund des Rissbildes besteht jedenfalls der starke Verdacht auf ein Groß­raubtier als Verursacher.8 In der Steiermark wird der Wolf nicht nur in Obdach im Murtal,9 sondern auch bereits nahe Graz gesichtet.10

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten daher nach­stehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, die dringend notwendigen Schritte für ein aktives Wolfsmanagement und insbesondere die Entnahme von Problemwölfen zu setzen.“

1       Valerius Geist, When do wolves become dangerous to humans?, http://www.ruralpini.it/file/Valarius%20Geist-Carnegie-2%20part%20article.pdf

2      Antrag betreffen Änderung der FFH-Richtlinien zur Sicherung der heimischen Almwirtschaft (825/A(E)), www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_00825/index.shtml; Antrag betreffen Bevölkerungsschutz in wolfsnahen Siedlungsgebieten durch Anpassung der FFH-Richtlinie (1768/A(E)), www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_01768/index.shtml; Antrag betreffen Steigerung der Wolfrisse um +53%: Es wird Zeit zu handeln! (1915/A(E)), www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_01915/index.shtml.

3      Antrag betreffen Weidezone Österreich – für den Erhalt der heimischen Kulturlandschaft und Almen (2007/A(E)), www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/A/A_02007/index.shtml.

4      Gewessler lehnt Senkung des Schutzstatus vom Wolf ab, https://www.tt.com/artikel/30803994/gewessler-lehnt-senkung-des-schutzstatus-vom-wolf-ab; Rechtsgutachten zur FFH-Richtlinie wird Fall fürs Parlament!, https://www.fpoe.at/artikel/wolfs-problematik-rechtsgutachten-zur-ffh-richtlinie-wird-fall-fuers-parlament/; Versucht die Umweltministerin Landesgesetze mittels Rechtsgutachten zu Fall zu bringen? (10667/J), https://www.parlament.gv.at/PAKT/VHG/XXVII/J/J_10667/index.shtml.

5      https://kaernten.orf.at/stories/3151543/

6      https://www.krone.at/2707854

7      https://www.topagrar.at/management-und-politik/news/wolf-reisst-reh-neben-kinderschaukel-13072230.html

8      https://www.topagrar.at/management-und-politik/news/wolf-riss-schaf-im-stubaital-13094266.html

9      https://www.kleinezeitung.at/steiermark/murtal/6130223/Nah-an-Wohngebiet_Wolf-in-Obdach_Das-ist-hochproblematisch-wir

10    https://www.kleinezeitung.at/steiermark/6134477/EisbachRein_Ein-Wolf-nahe-Graz-warum-jetzt-mehr-Tiere-unterwegs-sind

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht mit in Verhandlung.

Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Irene Neumann-Hartberger. – Bitte.