Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Ministerin! Wenn Ministerien Parteizeitungen überteuerte Inserate, finanziert aus Steuergeldern, zuschanzen oder öffentliche, hoch dotierte, attraktive Jobs Günstlingen zugeschanzt werden, dann sind das perfide Formen von Korruption, die für die Demokratie gefährlich sind. Wann genau werden Sie mit der Justizministerin die leider noch vorhandenen Lücken im Korruptionsstrafrecht schließen? (Abg. Michael Hammer: Sozialistische Vizepräsidentin!)
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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 221/M, hat folgenden Wortlaut:
„Wann werden Sie gemeinsam mit der Justizministerin dem Nationalrat eine Vorlage zuleiten, mit der vorhandene Lücken im Korruptionsstrafrecht endlich geschlossen werden?“
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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Bundesministerin, bitte.
Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Frau Abgeordnete! Sie sprechen die Verhandlungen zum Korruptionsstrafrechtsänderungsgesetz an. Die Verhandlungen laufen zwischen den Klubobleuten der beiden in der Regierung vertretenen Parteien. Es ist aber auch so, dass die Expertinnen und Experten des Verfassungsdienstes und auch meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer wieder hinzugezogen werden. Ich kann Ihnen nur von diesen Sitzungen berichten, über die mir auch berichtet wird, dass man sehr weit fortgeschritten ist. Es wird, wie ich gehört habe, am heutigen Tag wieder eine Sitzung stattfinden, damit die Umsetzung des Willens des Gesetzgebers auch tatsächlich abgeschlossen werden kann.
Es wäre jetzt unseriös von mir, hier einen Zeitpunkt zu nennen, wann das der Fall sein wird. Ich sage Ihnen nur, auch als ehemalige Strafrichterin: Strafrecht ist das schärfste Mittel, das man kennt, und man will da natürlich auch bestimmte Sachverhalte die Korruption betreffend strafbar machen. Man will aber nicht alle strafbar machen und man will vor allem nicht, dass politisches Handeln unmöglich wird.
Wir haben da Dinge drinnen, die international wirklich absolutes Neuland bedeuten. Wovon spreche ich? – Ich spreche von Mandatskauf. Diesen Sachverhalt miteinzubeziehen gibt es auf der ganzen Welt nirgends und bedeutet eine Vorverlegung der Strafbarkeit auf einen sehr frühen Zeitpunkt, und da braucht es klare Abgrenzungen, damit dieses Gesetz auch gut anwendbar ist. Dadurch soll jemand bestraft werden, der sich einkauft, der mit unlauteren Mitteln auf eine Liste kommen will. Aber es sollte nicht jemand anderer in ein komisches Licht gerückt werden, weil er vielleicht seit Jahren Mitglied einer Partei ist und auch Mitgliedsbeiträge zahlt.
Das klingt jetzt so banal, aber es steckt wirklich der Teufel im Detail, und die Expertinnen und Experten sind dran, die Verhandlungen stehen, was ich höre, kurz vor Abschluss.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Frau Abgeordnete.
Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Sie sind ja auch EU-Ministerin, und es ist eine Reihe von EU-Richtlinien noch nicht umgesetzt worden. Kennen Sie die Zahl jener Richtlinien, die noch nicht umgesetzt wurden? Ganz besonders spreche ich hier die Whistleblowerrichtlinie an, bei der die Frist ja seit über einem Jahr verstrichen ist. Könnten Sie dazu eine Stellungnahme abgeben, wie es Ihnen als Europaministerin dabei geht?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Ich kenne die ganz genaue Zahl der nicht umgesetzten Richtlinien nicht, aber ich weiß, dass es im Moment konkret zwei gibt, wo wir über der Frist sind und wo wir auch versuchen, eine Lösung zu finden, dass diese Richtlinien möglichst schnell umgesetzt werden. Eine davon ist die Whistleblowerrichtlinie, die Sie angesprochen haben. Das ist mir bewusst und es ist uns allen in der Regierung bewusst, und wir wollen hier eine rasche Lösung finden, damit wir den Rechtszustand herstellen, der in diesem Bereich von der Europäischen Union auch gefordert wird, was den gemeinsamen Acquis betrifft.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Hanger.
Abgeordneter Mag. Andreas Hanger (ÖVP): Frau Bundesministerin! Wir sind ja derzeit auf der europäischen Ebene mit einem sozialdemokratischen Korruptionsskandal konfrontiert. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Betroffen sind die sozialdemokratische Vizepräsidentin sowie sozialdemokratische Mitglieder des Europäischen Parlaments. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Wie kann aus Ihrer Sicht diese sozialdemokratische Korruptionsaffäre auf europäischer Ebene aufgearbeitet werden? (Abg. Leichtfried: Na geh, das wäre jetzt schon dreimal gegangen! – Ruf bei der SPÖ: Enttäuschend!)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Also zum Ersten möchte ich schon festhalten, dass ich zutiefst erschüttert bin - - (Abg. Leichtfried: Herr Hanger, das ist ja unter Ihrem normalen Niveau! – Abg. Loacker: Nein, das ist genau Hanger-Niveau! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen.) Zum Ersten möchte ich festhalten, dass ich zutiefst erschüttert darüber bin, dass dieser Korruptionsvorwurf in die höchsten Ebenen des Europäischen Parlaments vorgedrungen ist und auch die Glaubwürdigkeit der Institutionen in Europa insgesamt dadurch erschüttert wird. (Abg. Leichtfried: Herr Hanger, was ist aus Ihnen geworden? Es ist unglaublich!)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich würde bitten, dass wir die Fragerunde ordnungsgemäß abwickeln können. (Abg. Leichtfried: Na dann soll sich der Herr Hanger auch vernünftig verhalten!)
Die Frau Bundesministerin ist am Wort – ich würde Sie bitten. (Abg. Hanger: Leichtfried, Wahrheit tut weh! – Abg. Leichtfried: Ach, Herr Hanger!)
Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler (fortsetzend): Was es jetzt braucht, ist Aufklärung und Transparenz. Ganz deutlich möchte ich hier auch einen Dank an die Präsidentin des Europäischen Parlaments Roberta Metsola aussprechen, die dort in Abstimmung mit den Behörden auch die entsprechenden Schritte setzt, denn wir dürfen es uns in einer Zeit wie der heutigen nicht leisten, dass wir das Vertrauen in die Institutionen, in die Demokratie weiter erschüttern.
Alle, die von diesem Skandal betroffen sind – egal, wer das ist! –, müssen zur Rechenschaft gezogen werden, und das findet im Moment statt. Ich hoffe, dass sich dieser Skandal nicht weiter ausweitet, aber wir werden diese Aufklärung und natürlich auch Parlamentspräsidentin Roberta Metsola unterstützen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: Was machen Sie dann eigentlich noch im Amt? Wieso sind Sie dann noch im Amt? Wieso sind Sie noch im Amt, wenn es Konsequenzen geben muss für Korruption? ... 20 000 Euro für ...!)
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Eine Zusatzfrage stellt Abgeordneter Ragger. – Bitte.
Abgeordneter Mag. Christian Ragger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Ministerin! Was auf nationaler Ebene die ÖVP und auf internationaler die Sozialdemokratie ist, ist – was auch Transparency International festgehalten hat – offensichtlich ein Ausfluss dessen, dass es nämlich eine Kultur der Straflosigkeit in allen Institutionen gibt, und daher ist es, glaube ich, ganz wesentlich zu fragen: Welche Maßnahmen werden Sie als Europaministerin setzen, nachdem dieser Skandal auf europäischer Ebene ruchbar geworden ist, damit auch auf europäischer Ebene ein Korruptionsstrafrecht eingeführt wird, das auch auf das Europäische Parlament durchgreifen kann?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesministerin.
Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Es ist ein Skandal, der das Europäische Parlament erschüttert. Es gab auch vor wenigen Tagen ein Interview des Ersten Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments dazu, der ausgeführt hat, dass das Europäische Parlament seiner Ansicht nach sehr transparent agiert. Das heißt, ich als österreichische Europaministerin kann dem Parlament nicht auferlegen oder kann keine Empfehlungen abgeben, wie es damit umgeht, aber ich bin sicher – vor allem, weil ich die Präsidentin auch kenne –, dass die entsprechende Sensibilität dort vorherrscht und dass die notwendigen Schritte auch tatsächlich gesetzt werden.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Frage stellt Frau Abgeordnete Fürst. – Bitte.