13.58

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Mit den heutigen Beschlüssen haben wir dann fast alle angekündigten Teile der Pflegereform durch.

Der Angehörigenbonus von 1 500 Euro im Jahr klingt für viele Menschen besonders verlockend, allerdings im Ausgleich dafür, dass Menschen ihre Familienangehörigen pflegen müssen – das deshalb, weil wir für mobile Pflege keine ausreichenden Systeme haben, weil wir bei der Entwicklung der 24-Stunden-Betreuung nicht ausreichend weiterkommen und weil professionelle Pflegesysteme für viele Menschen einfach zu teuer sind. Mit 1 500 Euro in einem kranken System werden wir diesen Missstand nicht ändern können.

Ebenso wenig werden die 2 Stunden Zeitausgleich für Nachtdienste weiter­helfen, wenn Sie 12-Stunden-Nachtdienste insgesamt nicht attraktiver machen können. Es braucht ordentliche Personalreserven, und dafür brauchen wir eine echte Aufwertung, in der Sie Weiterbildungen ermöglichen und belohnen, in der wir ein Zusammenspiel von Gesundheitsberufen schaffen und in der wir nicht eine Reform wie heuer beschließen, die nur aus Überbrückungshilfen besteht.

Morgen geht das Plenarjahr 2022 zu Ende, und Sie werden bei einigen Beschlüs­sen sagen: Das war unsere Pflegereform. Wenn Sie aber mit Menschen in der Pflege – in der mobilen Pflege, in den Krankenhäusern, in den Alters­heimen –, aber auch mit Betreuer:innen von Menschen mit Behinderungen sprechen, werden Sie herausfinden, dass das nicht reicht.

Damit wir also bei den Überbrückungshilfen und dem Angehörigenbonus einen ordentlichen Überblick bekommen, wo wie viel Geld im Pflegesystem ist, bringe ich noch folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kostenanalyse Pflege“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, zum Zwecke der besseren Finanzierungsplanung eine umfassende Kostenanalyse der Pflege in Österreich zu erstellen und dem Nationalrat vorzulegen.“

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Obwohl es uns viel Kritik bringt: Die SPÖ-Forderung nach einer Anerkennung von Pflege als Schwerstarbeit wird dafür nicht ausreichen. Damit ändern sich Pensionsregelungen, aber das war es. Wir brauchen Änderungen für die Menschen, die jetzt im Beruf stehen, damit sie den Beruf für Patienten und Pflegebedürftige ausüben können, ohne dabei selbst auszubrennen.

Einen positiven Abschluss möchte ich dennoch finden. In der letzten Sitzung des Sozialausschusses ist es uns wieder einmal gelungen, einen Antrag einstimmig durchzubringen, allerdings hat sich ein Rechtschreibfehler eingeschlichen, den ich als Lehrerin so nicht stehen lassen kann. Deshalb bringe ich dazu einen Abänderungsantrag ein, der diese kleine Korrektur veranlasst.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Entschließungsantrag wird wie folgt geändert:

„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesund­heit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, die Möglichkeit zu schaffen, die Verfügbarkeit eines, in einer (wie oben beschriebenen) Datenbank, vorhandenen Fotos automatisch zu überprüfen und erst bei Nichtvorhan­densein eines solchen Fotos vom Antragsteller/der Antragstellerin das Hoch­laden eines neuen Passfotos zu verlangen.“

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Unser Antrag mag jetzt nicht wie die Errungenschaft klingen, Sie können sich aber vielleicht vorstellen, wie umständlich und auch beschwerlich der Weg zum Fotografen für Menschen mit Behinderung ist, um das passende Foto für eben diesen Behindertenpass zu erhalten – ein zusätzlicher Weg auf einer langen bürokratischen Reise.

Was wären die großen Erfolge ohne die kleinen?, haben Sie, Herr Minister, mir nach diesem Antrag gesagt. Es freut mich sehr, dass es uns gelungen ist, diesen kleinen Erfolg zu verbuchen – aber warum bedarf es immer noch einzelner kleiner Anträge, um die Situation von Menschen mit Behinderung in unserer Gesellschaft zu verbessern?

Gestern erst wurde uns von Kollegen Marchetti erklärt, warum es nicht möglich ist, einfach einen Rechtsanspruch für Kinder mit Behinderung auf ein elftes und zwölftes Schuljahr zu gewähren: wegen der Länder. Warum ist es Kindern ohne Behinderung einfach so möglich, elf, zwölf oder sogar 13 Schuljahre zu absol­vieren? Es tut mir wirklich leid, ich verstehe es nicht! (Beifall bei den NEOS, bei Abgeordneten von SPÖ und FPÖ sowie der Abg. Ribo.)

Würde sich die ÖVP nicht so vehement dagegen wehren, auch Menschen mit Behinderungen als wertvollen Teil unserer Gesellschaft zu sehen, hätten wir diese Gesetze schon längst. (Abg. Kirchbaumer: Das stimmt ja nicht!) Kommen Sie Ihrer Verpflichtung endlich nach: Sie haben 2008 die UNBehindertenrechtskonvention ratifiziert! Wir werden mit kleinen Anträgen, aber auch mit großen immer wieder in die gleiche Kerbe schlagen. Inklusion ist nicht karitativ, sie ist immer noch ein Menschenrecht. – (Den Dank auch in Gebärdensprache ausführend:) Danke. (Beifall bei den NEOS sowie der Abg. Oberrauner.)

14.03

Die Anträge haben folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Kostenanalyse Pflege

eingebracht im Zuge der Debatte in der 189. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 2717/A der Abgeordneten August Wöginger, Sigrid Maurer, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (1824 d.B.) – TOP 10

Der Pflegenotstand ist in aller Munde; es wird über Kosten und zu niedrige Gehälter diskutiert, über Attraktivierung des Berufs und Bonuszahlungen. Wie viel unser Pflegesystem kostet weiß aber kaum jemand. Rechnungshofüberprüfungen geben zwar einzelne Einblicke (1), welcher Abdeckungsgrad an Versorgung damit gegeben wird ist allerdings unklar. Ebenso unklar ist, welche privaten Kosten noch dazu kommen, welche Pflegeleistungen mangels geeignetem Entlassungsumfeld in Krankenhäuser verlagert werden und welchen Anteil Bundes- und Landesleistungen darstellen.

Der Pflegebedarf ist eine unbestrittene Wahrheit, immerhin war das schon 2011 klar (2). Die Entwicklung der Altersstruktur ist ein klarer Beweis für den steigenden Bedarf, zwischen 2025 und 2050 wird eine Verdreifachung der Kosten erwartet (3). Allerdings sind auch diese Prognosen nur mit dem vorhandenen Ausbaugrad gerechnet, ebenso berücksichtigt werden müsste aber auch, dass die Zahl der pflegenden Angehörigen wohl ebenfalls abnehmen wird (4). Zusätzlich müsste in den Berechnungen auch berücksichtigt werden, wie viele Pensionsbezüge zur Kosten­deckung direkt an Pflegeheime weitergeleitet wird und welche Summen der Mindestsicherung zur Abdeckung der Heimkosten genutzt wird. Da derartige Trans­ferleistungen bei einer Kostenanalyse aber genauso berücksichtigt werden müssten, wie das dafür dezidierte Budget (also beispielsweise das Pflegegeld), wäre es von Vorteil für die Budgetplanung, wenn es eine umfassende Kostenanalyse erstellt würde, auf deren Basis auch eine zukunftssichere Finanzierung erstellt werden kann.

Der heutige Beschluss des Angehörigenbonus und die zugehörige Debatte im Aus­schuss haben aber gezeigt, dass es bei den politischen Beschlüssen über die Finanzierung des Pflegesystems immer noch oft großen Bedarf nach Transparenz gibt. Weder wurde klar mit kommuniziert, wie viele Personen sich für welche Auszahlung des Angehörigenbonus qualifizieren, noch wurde klargestellt, wie die Einführung dieses Bonus sich budgetär beim Pflegegeld auswirkt. Damit derartige Entscheidungen künftig mit ausreichender Faktenbasis und Abschätzung ihrer Tragweite getroffen werden können, ist eine Kostenanalyse, wie die hiermit vorge­schlagene, unumgänglich.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, zum Zwecke der besseren Finanzierungsplanung eine umfassende Kostenanalyse der Pflege in Österreich zu erstellen und dem Nationalrat vorzulegen."

1 https://www.rechnungshof.gv.at/rh/home/home/004.682_Pflege_Oesterreich.pdf

2 https://www.ots.at/presseaussendung/OTS_20110926_OTS0107/pflege-hundstorfer-steigender-pflegebedarf-ist-herausforderung-der-zukunft

3 https://www.wifo.ac.at/news/pflegekosten_steigen_bis_2050_rasant

4 https://www.ig-pflege.at/hintergrund/datenundfakten.php

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Abänderungsantrag

der Abgeordneten Fiona Fiedler, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1792/A(E) der Abgeordneten Fiona Fiedler, BEd, Kolleginnen und Kollegen betreffend Automatische Fotoimplementierung bei Beantragung eines Behindertenpass aus nationalen Datenbanken (1831 d.B.) - TOP 12

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Entschließungsantrag wird wie folgt geändert:

"Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, wird aufgefordert, die Möglichkeit zu schaffen, die Verfügbarkeit eines, in einer (wie oben beschriebenen) Datenbank, vorhandenen Fotos automatisch zu überprüfen und erst bei Nichtvorhandensein eines solchen Fotos vom Antragsteller/der Antragstellerin das Hochladen eines neuen Passfotos zu verlangen."

Begründung

Redaktionelle Korrektur.

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Beide Anträge, der Abänderungsantrag und der Entschließungsantrag, sind ordnungsgemäß eingebracht und stehen somit auch mit in Verhandlung.

Zu einer Stellungnahme hat sich Herr Bundesminister Johannes Rauch zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.