17.09

Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher, auch hier auf der Galerie! Frau Klubobfrau, Sie haben in Ihrer Dring­lichen Anfrage sowohl im Schriftlichen als auch hier in der mündlichen Vor­bringung sehr wortreich ausgeführt, dass Sie dieser Bundesregierung Stillstand unterstellen. – So weit, so gut, das ist nichts Neues, das tun Sie mittlerweile litaneiartig.

Wie sieht nun aber dieser Stillstand aus, den Sie dieser Bundesregierung hier mittlerweile in Dauerschleife unterstellen: Abschaffung der kalten Progression, automatische Inflationsanpassungen wichtiger Familien- und Sozialleistungen, ökosoziale Steuerreform, Pflegereform, Zufallsgewinnabgabe für Energie­konzerne, persönliche Assistenz für Menschen mit Behinderungen, Plastikpfand, elektronischer Mutter-Kind-Pass, Klimaticket, kostenlose HPV-Impfung bis zum 21. Lebensjahr, ein neues Parteienfinanzierungsgesetz, Verlängerung der Kronzeug:innenregelung, hürdenfreie Ermittlungen der Staatsanwaltschaft und vieles mehr. – Und das bezeichnen Sie allen Ernstes als Stillstand? Wirklich? (Beifall bei den Grünen.)

Ich bezeichne das als das Umsetzen wichtiger struktureller Reformen, die jahre- und jahrzehntelang von großkoalitionären Stillstandsregierungen versprochen worden sind und jetzt endlich umgesetzt werden. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Klubobfrau, Sie schreiben in Ihren Ausführungen, in der Begründung der Dringlichen Anfrage, „ein“ – ich zitiere – „vernichtendes Urteil für die Arbeitsmarktpolitik der Regierung“ herbei. Ich frage Sie: Wie kommen Sie denn bitte zu diesem Befund? Wie kommen Sie zu diesem Befund? Wenn wir uns die aktuellen AMS-Zahlen vom November 2022 anschauen, dann sehen wir nämlich: Wir haben aktuell die niedrigste Erwerbsarbeitslosenquote in diesem Jahr­tausend – die niedrigste Quote in diesem Jahrtausend. (Abg. Meinl-Reisinger: Aber offene Stellen sind auch Teil der Arbeitsmarktpolitik! Auch wenn man das ausblen­det!) Im Vergleich zum Vorjahr ist die Erwerbsarbeitslosenzahl um 11 Prozent gesunken – gesunken, um 11 Prozent. Kollegin Nussbaum hat gerade das Thema Frauen angesprochen (Abg. Meinl-Reisinger: Auch offene Stellen sind Teil der Arbeitsmarktpolitik, Frau Kollegin!), und ich sage es ganz präzise: um 13,6 Prozent bei Frauen, um 8,7 Prozent bei Männern. – Das ist Ihrer Meinung nach „ein vernichtendes Urteil für die Arbeitsmarktpolitik“? (Beifall bei den Grünen.)

Schauen wir uns die Verweildauer an, also die Anzahl jener Tage, in denen Erwerbs­arbeitslose eine neue Arbeitsstelle finden. Im Juli 2021 hat diese Verweildauer durchschnittlich 187 Tage betragen, und im Juli 2022 sind es 140 Tage, also um 47 Tage weniger. – Das ist Ihrer Meinung nach „ein vernichtendes Urteil“? Für mich ist das Ausdruck einer erfolgreichen Arbeitsmarktpolitik dieser Bundes­regierung in einer Zeit, die durch viele Krisen geprägt ist: Coronakrise, der Angriffskrieg von Russland und auch diese fossil-getriebene Inflation und die Energiekrise. Es ist wirklich sehenswert, was hier gelungen ist. (Beifall bei den Grünen.)

Wie ist das gelungen? Was haben wir also arbeitsmarktpolitisch gemacht? – Wir haben auf Expert:innen gehört und eine Grundregel der Arbeitsmarktpolitik befolgt, und diese Grundregel lautet: In der Krise sollst du schulen. Das haben wir gemacht. 700 Millionen Euro haben wir für die Coronajoboffensive zur Verfügung gestellt und so haben wir 114 000 Menschen in unserem Land Weiterbildung ermöglicht, Umqualifizierungen ermöglicht und ihnen ermöglicht, dass sie einen neuen Job finden. 114 000 Menschen! (Beifall bei den Grünen.)

Frau Klubobfrau, Sie haben in Ihrer Rede explizit auch Langzeitarbeitslose thematisiert, und ich sage Ihnen etwas: Mit dem Programm Sprungbrett ist es uns gelungen, die Zahl der Langzeitarbeitslosen praktisch zu halbieren. Wir haben insbesondere für Menschen, die zum Beispiel aufgrund ihres Alters, aufgrund gesundheitlicher Probleme oder aufgrund einer Behinderung in den letzten Jahren am Arbeitsmarkt eher weniger Chancen hatten, Einstiegshilfen geschaffen, neue Jobs kreiert und damit auch besonders jenen Menschen, die armuts- und ausgrenzungsgefährdet sind, neue Perspektiven auf ein Einkommen gegeben.

Wir finden das gut, unser Koalitionspartner, die ÖVP, findet das gut, deswegen machen wir das. Man könnte jetzt auch meinen, dass das hier im Hohen Haus alle Parteien gut finden, Langzeiterwerbsarbeitslosigkeit zu bekämpfen. Aber nicht so die NEOS! In Ihrer Dringlichen Anfrage schreiben Sie – das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen –, das Programm Sprungbrett habe 339 Millionen Euro „verschlungen“. – Verschlungen? Die Zahl der Lang­zeit­arbeitslosen wurde halbiert, Menschen haben neue Zukunftsperspektiven und Jobs bekommen – und Sie schreiben von verschlungenem Geld? Wie zynisch kann man bitte sein? (Beifall bei den Grünen.)

Was machen die NEOS noch in ihrer Dringlichen Anfrage? – Sie setzen sich für eine Senkung der Lohnnebenkosten ein. Sie führen aus: „[...] ein Drittel der Lohnnebenkosten stellen keine Versicherungsleistungen dar, sondern fließen in die öffentlichen Budgets des Bundes, der Länder, der Gemeinden [...]“. Das stimmt. Was Sie aber nicht dazusagen und nicht ausführen, ist, was mit diesen Geldern passiert.

Was passiert denn genau mit diesen Geldern? – Ein Teil davon fließt in den Flaf, den Familienlastenausgleichsfonds. (Abg. Meinl-Reisinger: Finanziert es anders, aber nicht über die Lohnkosten! Die Menschen müssen ja verdienen!) Da muss man wissen, dass aus diesem Flaf wichtige Leistungen zur Familienpolitik finanziert werden, zum Beispiel die Familienbeihilfe oder auch das Kindergeld. (Abg. Meinl-Reisinger: Aber doch nicht aus den Kosten für Arbeit! Finanziert es aus dem Budget von mir aus!) Ein Teil davon fließt in die Wohnbauförderung, damit leistbare Wohnungen gebaut werden können. (Abg. Meinl-Reisinger: Aber nicht aus den Kosten für Arbeit!) Und ein weiterer Teil fließt in die Kommunalsteuer. Zur Erinnerung: Die Kinderbetreuung fällt größtenteils in die Zuständigkeit der Kommunen, zum Beispiel der Kindergartenbau oder auch die Erhaltung, und auch die Gehälter der Elementarpädagog:innen werden zum Teil aus diesen Kommunalbudgets finanziert.

Ich lese also in der Dringlichen Anfrage, dass NEOS Lohnnebenkosten senken möchte, aber was ich vermisse, ist ein Vorschlag für die Gegenfinanzierung. Wie finanzieren wir Familienbeihilfe, Kindergeld, den Bau von leistbaren Wohnungen (Abg. Meinl-Reisinger: Wie finanziert ihr das jetzt?) oder den Ausbau von Kinder­betreuungsplätzen, wenn da eine wichtige Einnahmequelle wegfällt? Wie machen wir das? (Abg. Meinl-Reisinger: Sicherlich nicht über höhere Steuern, wie es Ihr Wunsch ist!) Ich lese das hier nicht, das vermisse ich.

Vermögensteuern, Kollegin – darüber können wir sehr gerne reden. (Beifall und Bravorufe bei den Grünen. – Abg. Meinl-Reisinger: Das ist unfassbar! Das ist ja ein linkslinkes Bild!)

17.14

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Michael Bernhard. – Bitte.