11.23

Mitglied des Europäischen Parlaments Dr. Monika Vana (Grüne): Frau Vorsit­zende! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Nur eine kurze Bemerkung zu meinen Vor­redner:innen der FPÖ: Heute zeigt die FPÖ wieder einmal als Fossil­energiekleberpartei, dass sie auch bei der Energiepolitik ihrem Markenkern der Ewiggestrigen treu bleibt und vollkommen an der Realität vorbei­agiert. (Beifall bei den Grünen.)

Zum Thema: Heute vor genau 144 Jahren, am 1. März 1879, installierte der deutsche Ingenieur Werner Siemens an seinem Haus die erste elektri­sche Straßenlampe. Kurz darauf stattete die Stadt Berlin den weltweit ersten Straßenzug mit dieser Lichtquelle aus. Warum erwähne ich dieses Ereignis aus dem historischen Kalenderblatt? – Weil wir damit mitten im Thema dieser Aktuellen Europastunde sind. Wir reden heute von Energie, von Techno­logie und von Industrie, und wir verstehen heute mehr denn je, wie zentral Ener­gie, Technologie und Industrie für die Erreichung unserer Klimaziele und damit für unser aller Zukunft sind. Im EU-Schnitt stellt die Industrie rund 20 Pro­zent unserer Wirtschaftsleistung, gleichzeitig produziert sie rund 40 Prozent unserer Treibhausgasemissionen. Und zwischen 35 und 40 Prozent aller Arbeitsplätze in der Europäischen Union sind vom Übergang zu einer grünen Wirtschaft betroffen.

Das heißt, jeder einzelne Schritt auf dem Weg hin zu einer energieeffizienten und ressourcenschonenden Industrie in Europa ist eine wichtige Etappe zu einer klimagerechten EU und der Schaffung von grünen Arbeitsplätzen. Es erübrigt sich, an dieser Stelle zu betonen, dass der Green Deal für uns Grüne keine lästige Pflicht ist, sondern – im Gegenteil – eine willkommene Chance für eine klima­fitte und nachhaltige Wirtschaft, Industrie und Gesellschaft. Deswegen waren wir Grüne auch unter den Ersten, die die Ankündigung der Kommission für eine EU-Industriestrategie schon vor zwei Jahren, noch mitten in der Pandemie, sehr begrüßt haben, damals genau zum 70. Jahrestag der Gründung der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl. 70 Jahre später braucht es dringend den Ausbau der europäischen Klimaunion für Klimaschutz, für Kreislaufwirtschaft, für erneuerbare Energien und natürlich die effek­tive Erreichung der Pariser Klimaziele. Es braucht eine auf grüner Energie und grünen Technologien basierende EU-Industriestrategie als Katalysator für mehr Europa, als wirtschaftliche Basis für weitere politische Integration.

Eines ist klar: Ohne eine möglichst rasche grüne und gerechte Transformation unserer Wirtschaft und Industrie erreichen wir weder unsere Klimaziele, die für das Überleben des Planeten notwendig sind, noch die Verteilungsziele der UNO; denn eines ist klar: Industriestrategie, Green Deal und Sozialunion – das steht für uns Grüne außer Frage – müssen zusammengehen und sind un­trennbar miteinander verbunden. Niemand darf auf diesem Weg zurückgelassen werden. Mit der Klima- und Energiewende braucht es auch eine Wende zu sozialer Nachhaltigkeit. Grün, sozial und gerechte Verteilung – das geht zusammen. (Beifall bei den Grünen.)

Bei unserer letzten Plenartagung in Straßburg waren wir Grüne auch die einzige Fraktion, die geschlossen für die Resolution des Europaparlaments zum Green Deal Industrial Plan der Kommission gestimmt hat: Förderung der indus­triellen Wettbewerbsfähigkeit, des Handels und hochwertiger Arbeits­plätze – genau darum geht es (Beifall bei Abgeordneten der Grünen); Energieunabhängigkeit, Unabhängigkeit von Autokraten und fossilen Ener­gieträgern, massive finanzielle Investitionen und – ich habe es schon er­wähnt – begleitende sozial- und arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, damit der Green Deal auch ein guter Deal für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen wird und zur Reduzierung von Ungleichheiten beiträgt. Existenzsichernde Ar­beitsplätze, aktive Arbeitsmarktpolitik, Zugang zu Bildung und natürlich Geschlechtergleichstellung sind auch wesentliche Kernpunkte des European Year of Skills, das wir 2023 begehen.

Die europäische Industrie für grüne und soziale Ziele in die Verantwortung zu nehmen, das ist das Ziel dieser Resolution des Europaparlaments. Die In­dustrie bekommt damit auch Verbündete für den grünen und sozialen Transfor­mationsprozess. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen.) Jetzt hat die europäi­sche Industrie die Chance, den Grünen Deal umzusetzen, um keine Getriebene zu sein, sondern selbst Treiber und Treiberinnen für Umwelt- und Klima­schutz und Gestalter einer klimafitten Zukunft zu sein.

Die Resolution des Europaparlaments ist eine sehr gute Basis dafür. Für uns Grüne waren mehrere Kernpunkte sehr wichtig, bei denen wir uns zum Thema Finanzhilfe und Investitionen auch durchgesetzt haben. Es braucht nämlich neues und frisches Geld für diese Transformation. Wir sind sehr froh, dass in dieser Resolution ganz klar die Forderung nach einem neuen Souveränitätsfonds enthalten ist: für den Ausbau Erneuerbarer, für die Produktion von Wind­turbinen, Wärmepumpen (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen), Solarpanels, Batterien und grünem Wasserstoff inklusive einer Strategie für benachtei­ligte Regionen, um Ungleichheiten zu vermeiden.

Präsidentin Doris Bures: Sie müssen den Schlusssatz formulieren!

Mitglied des Europäischen Parlaments Dr. Monika Vana (fortsetzend): Lassen Sie uns den Green Deal gemeinsam so rasch wie möglich umsetzen, mit Mut und Entschlossenheit! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.29

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Michael Bernhard zu Wort. – Bitte.