12.38

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man die Menschen fragt, wie Politik sein sollte, dann sagen die meisten Menschen: gerecht. Gerechte Politik zu machen heißt aber auch, dass Gleiches mit Gleichem behandelt wird. Das bedeutet auch, dass die Schwachen von den Stärkeren geschützt werden. In der momentanen Krise gibt es Gelegenheit, gerechte Politik zu machen. Hier im Hohen Haus müssen wir dafür sorgen, dass jene, die weniger haben, auch weniger belastet werden. Wir müssen dafür sorgen, dass jene, die arbeiten gehen, auch davon leben können, dass nicht nur jene, die ein größeres Vermögen haben, gut leben können.

Die Bruchlinie zwischen diesen beiden Welten zeigt sich sehr gut auch auf dem Wohnungsmarkt. Wie geht diese Regierung von ÖVP und Grünen mit Ver­mietern und Mietern um? – Für die Vermieter hat die Regierung im letzten Jahr eine Anhebung der gesetzlichen Mieten durchgesetzt. Sie haben 400 Mil­lionen Euro mehr eingenommen, ohne auch nur irgendwie dafür arbeiten zu müssen. Ganz anders ist es den Mietern ergangen. Die haben 400 Millionen Euro mehr für ihre Wohnungen bezahlt, ohne mehr Leistung dafür zu bekommen. Die Regierung möchte am 1. April, also nächsten Montag, wieder die Richtwert­mieten erhöhen, diesmal um 8,6 Prozent. Nach 5,5 Prozent im letzten Jahr sind es heuer sogar 8,6 Prozent. Es wurde auch schon gesagt: Wifo-Chef Felber­mayr hat auch einen Eingriff bei den Mieten gefordert, auch bei jenen, die gesetzlich begrenzt sind.

400 Millionen Euro für die Vermieterseite, was gerne von der ÖVP und den Grünen verschwiegen wird; problematisch ist aber auch, dass in die Ka­tegoriemieten eingegriffen wird, nämlich über die Betriebskosten, die für alle Menschen, die in einer Wohnung leben, steigen, selbst für Eigennutzer und auch für Genossenschaftsmieter. Und jeder hier im Hohen Haus weiß, dass es nicht gerecht ist, dass die Mieten im letzten und heurigen Jahr zusammen um 800 Millionen Euro angehoben werden.

Die Bundesregierung stellt zwar 250 Millionen Euro für einen kleinen Teil der Betroffenen bereit, aber das zahlen sich letztendlich die Mieter über die Steuern selbst. Die Mietpreisbremse hingegen würde den Staat nichts kosten, keinen einzigen Cent, dafür aber viel für die Menschen bringen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Singer.)

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Mietpreisstopp für alle Mieten“

eingebracht in der Sitzung des Nationalrates am 29. März 2023 im Zuge der Debatte zu TOP 5, Bericht und Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz über einen Zuschuss an die Länder für Wohn- und Heizkostenzuschüsse (Wohn- und Heizkos­tenzuschussgesetz) und das Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Ge­setz geändert werden, 1993 der Beilagen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft sowie der Finanzminister, werden er­sucht, eine Regierungsvorlage auszuarbeiten und dem Nationalrat zu über­mitteln, die einen Mietpreisstopp für alle Mieten beinhaltet. Das Gesetz soll ins­besondere folgende Punkte enthalten:

- Aussetzung der Indexierung der Richtwertmieten bis 31. März 2026

- Aussetzung der Indexierung der Kategoriemieten bis 31. März 2026

- Aussetzung der Indexierung der freien Mieten bis 31. März 2026

 -Ab 1. April 2026 erfolgt die Indexierung von Mietverträgen nur mehr bis max. 2% p.a.

- Wiedereinführung der Wohnbauinvestitionsbank zur Unterstützung der Mie­ter*innen in Genossenschaftswohnungen“

*****

Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

12.42

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abg. Mag. Ruth Becher

Genossinnen und Genossen

betreffend Mietpreisstopp für alle Mieten

eingebracht in der Sitzung des Nationalrates am 29. März 2023 im Zuge der Debatte zu TOP 5 Bericht und Antrag des Finanzausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz über einen Zuschuss an die Länder für Wohn- und Heizkostenzuschüsse (Wohn- und Heizkostenzuschussgesetz) und das Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz – LWA-G geändert werden (1993 d.B.).

Die Ausweitung des Wohnkostenzuschusses um 225 Mio. Euro sowie die zusätzlichen Mittel für den Wohnschirm von 25 Mio. Euro sind kein adäquates Mittel zur Entlastung der Mieter*innen. Diese Zuwendungen werden nur auf Antrag vergeben und stellen eine Einmalzahlung dar. Der wichtigste Punkt, die Eindämmung der hohen Inflation, wird dadurch nicht angegangen. Im Gegenteil - damit wird die Infla­tion nur noch weiter beflügelt! Der einzige Nutzen besteht in der Förderung der Renditen der Vermieter*innen und der Immobilienlobby, auf Kosten der Mieter*innen und der Steuerzahler. Die Mieter*innen zahlen sich diesen Wohnkostenzuschuss quasi selbst.

Die Anhebung der Richtwertmieten ab 1. April 2023 um 8,6% betrifft 376.000 Haus­halte, nach dem diese bereits im Jahr 2022 um 5,6% indexiert wurden. Aus dem Mietrechtsgesetz ergibt sich noch eine weitere gesetzliche Wertsicherung von Beträ­gen, jene nach § 16 Abs. 6 MRG. Es handelt sich dabei um die Valorisierung der Kategoriebeträge und weiterer mietrechtlicher Beträge. Diese Wertsicherung tritt je­weils nach Überschreiten einer fünfprozentigen Indexschwelle ein. Durch die hohe Inflationsrate wird auch dieser Wert mittlerweile mehrmals pro Jahr überschrit­ten, im Jahr 2022 wurden die Kategoriemieten daher insgesamt drei Mal erhöht, in Summe um rund 17%. Die nächste Erhöhung ist mit Juni 2023 zu erwarten. Daher soll aus den gleichen Überlegungen wie bei den Richtwertmieten auch diese Va­lorisierung durch das Einschreiten des Gesetzgebers zurückgenommen werden. Von den Kategoriemieten sind rund 150.000 Mieter*innen betroffen.

Von den Indexierungen sind aber auch die freien Mieten betroffen, das sind rund 400.000 Wohnungen im Neubau, deren Miete ebenfalls nach dem VPI an­gepasst wird. Meist liegt hier die Schwelle zur Indexierung bei 5% (ähnlich den Ka­tegoriemieten). Durch die hohen Inflationsraten in den letzten 14 Monaten erfolgten auch hier Anpassungen im Abstand von einigen Monaten. Im Jahr 2022 wurden die freien Mieten daher ebenfalls mehrere Male erhöht. Selbst WIFO-Chef Garbriel Felbermayr sprach sich in der ZiB2 am 7. März 2023 dafür aus, auch die frei vereinbarten Mieten aufgrund des inflationsdämpfenden Effektes in die Überlegungen zu einer Mietpreisbremse miteinzubeziehen. Dieser Effekt zur Inflationsdämpfung wäre durch diese Miteinbeziehung ungleich größer, als eine Preisauftriebsbremse allein bei Richtwert- und Kategoriemieten.

Die derzeit hohen Inflationsraten von bereits über 10% führen zu einem enormen Kaufkraftverlust für weite Teile der Bevölkerung. Ein Eingriff des Staates er­scheint daher mehr als geboten, um die gesetzlich vorgesehene Indexierungen bis 31. März 2026 auszusetzen und damit die Bevölkerung zu entlasten. Der in­ternationale Vergleich zeigt, dass Mieter*innen sehr wohl entlastet werden. Bei­spielsweise haben Spanien und Portugal bereits im Sommer 2022 die Miet­erhöhungen bei 2% gedeckelt, Frankreich führte einen Deckel von 3,5%, Dänemark von 4% ein. In der Schweiz dürfen die Mieterhöhungen nur 40% der Inflations­rate betragen und Schottland hat Mieterhöhungen gesetzlich sogar verboten. Laut Berechnungen der AK summierten sich die Mieterhöhungen für alle Mieter*in­nen im Jahr 2022 auf 400 Mio. Euro.

Außerdem ist die gesetzliche Indexierung von Wohnungsmieten grundsätzlich zu hinterfragen, da Wohnungsmieten einen relevanten Teil der Haushaltsaus­gaben einnehmen, teilweise geben Haushalte bereits 40% bis 50% ihres Einkommens für das Grundbedürfnis Wohnen aus. Diese Mietpreiserhöhungen können in Zeiten extremer Teuerung nicht weiter hingenommen werden! Es braucht sowohl eine kurzfristige Aussetzung der Valorisierungen, als auch auf lange Sicht die von der SPÖ schon lange geforderte Mietrechtsnovelle (wie etwa dem Universalmietrecht), um langfristig leistbaren Wohnraum zu schaffen und zu erhalten.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Justiz, der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft sowie der Finanzminister, werden ersucht, eine Regierungsvorlage auszuarbeiten und dem Nationalrat zu übermitteln, die einen Mietpreisstopp für alle Mieten beinhaltet. Das Gesetz soll insbesondere folgen­de Punkte enthalten:

•     Aussetzung der Indexierung der Richtwertmieten bis 31. März 2026,

•     Aussetzung der Indexierung der Kategoriemieten bis 31. März 2026,

•     Aussetzung der Indexierung der freien Mieten bis 31. März 2026,

•     Ab 1. April 2026 erfolgt die Indexierung von Mietverträgen nur mehr bis max. 2% p.a.

•     Wiedereinführung der Wohnbauinvestitionsbank zur Unterstützung der Mie­ter*innen in Genossenschaftswohnungen“

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht daher auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Franz Leonhard Eßl. – Bitte.