12.12

Abgeordneter Mag. Jörg Leichtfried (SPÖ): Bevor ich in die Debatte eingehe, möchte ich einen Wunsch einer Kollegin erfüllen, nämlich die Gruppe Karl Traintinger und die steirischen Bezirkshauptleute, die uns heute auch zuschauen, herzlich zu begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Geschätzte Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren, die Sie hier zuhören! Abgesehen von manchen Lichtblicken, die vielleicht noch kommen mögen, ist das heute ein schwarzer Tag oder ein schwarz-grüner Tag für Österreich als Kulturland und Medienstandort.

Ich möchte Ihnen zu Beginn etwas vorlesen, was am Mittwoch, dem 8. August 1703, in einer Zeitung, nämlich in der „Wiener Zeitung“ – das war die Erst­ausgabe – stand: „Wiennerisches Diarium, enthaltend Alles Denckwürdige / so von Tag zu Tag so wohl in dieser Kayserlichen Residentz-Stadt Wienn selbsten sich zugetragen / als auch von andern Orthen auß der gantzen Welt allda nachrichtlich eingeloffen“. – Das war das Titelblatt der Erstausgabe der „Wiener Zeitung“.

Dazwischen liegen 320 Jahre österreichische Geschichte, 320 Jahre kulturelles Erbe. Diese Zeitung wurde von Generation zu Generation weitergetragen. Diese Zeitung hat im Laufe ihrer Geschichte so viele wichtige Ereignisse dokumentiert und kommentiert, wie keine andere. Diese Zeitung ist die älteste noch immer erscheinende Tageszeitung der Welt. Diese Tageszeitung wird jetzt von dieser Regierung und von diesen Abgeordneten, die diesen Vorschlag unterstützen, einfach liquidiert. Das ist eine medienpolitische und eine kulturpolitische Schande, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Gerade in Zeiten von Fakenews ist seriöser Journalismus dringender notwendig denn je. Dieser türkis-grüne Zerstörungsakt ist beispielhaft für unfassbare Ignoranz, für unfassbare Abgehobenheit, für unfassbare Wurschtigkeit, was Medienpolitik, Demokratiepolitik, Kulturpolitik betrifft.

Geschätzte Damen und Herren, in Sonntagsreden sprechen Sie immer von Qua­litäts­journalismus. In Sonntagsreden sprechen Sie davon, wie wichtig Medien­vielfalt, Meinungsvielfalt ist, um abseits der Sonntagsreden eine Qualitätszeitung kaltschnäuzig zu killen. Das ist, was Sie heute tun, wenn Sie Ihr Vorhaben umsetzen, geschätzte Damen und Herren: eine Qualitätszeitung kaltschnäuzig killen – und das ist nicht das, was hier geschehen soll. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage jenen, die das auch nicht wollen: Ihr seid mit eurem Protest nicht allein! Ich sage jenen über 200 Institutionen: Wir stehen hinter euch! Wir werden alles tun, um zu verhindern, dass diese „Wiener Zeitung“ liquidiert wird.

Zum Glück spricht sich das auch schön langsam bei der ÖVP herum. Wer Franz Fischler bei der Demonstration vorgestern erlebt hat, hat seine Abscheu vor der ÖVP-Medienpolitik heraushören können, und diese Abscheu, geschätzte Damen und Herren, besteht zu Recht. (Ruf bei der ÖVP: Ah geh!) Das muss man ganz klar sagen, da gebe ich Herrn Fischler recht.

Sie liquidieren aber ja nicht nur eine Zeitung – das wäre schon schlimm genug –, Sie versuchen jetzt ja auch, die Journalismusausbildung zu verstaatlichen, indem Sie dieses Geld, das die „Wiener Zeitung“ bräuchte, dazu verwenden, im Bundeskanzleramt Journalistinnen und Journalisten auszubilden. Wie soll denn das gehen? Die Mediensprecher der ÖVP machen dann Journalismusausbil­dung? – Das ist nicht das, was wir uns unter Journalismusausbildung vorstellen, geschätzte Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

200 Millionen Euro schmeißen Sie jedes Jahr für Regierungspropaganda hinaus, aber die „Wiener Zeitung“ wollen Sie nicht weiter finanzieren. Das ist ein Skan­dal, und den haben Sie zu verantworten! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir geben Ihnen jetzt noch eine Chance. Wir werden einen Rückverweisungs­antrag einbringen. Vielleicht entschließen Sie sich noch dazu, diesem zu folgen und das Ganze im Verfassungsausschuss noch einmal zu debattieren.

Ich bringe folgenden Antrag ein:

Rückverweisungsantrag

„Der Abgeordnete Jörg Leichtfried stellt den Antrag, den Antrag 3293/A der Abgeordneten Mag. (FH) Kurt Egger, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz über die Wiener Zeitung GmbH und Einrichtung einer elektronischen Verlautbarungs- und Informationsplattform des Bundes – WZEVI-Gesetz, an den Verfassungsausschuss rückzuverweisen“.

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Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, überlegen Sie sich gut, ob Sie als Toten­gräberin, als Totengräber der ältesten Tageszeitung der Welt in die Geschichts­bücher eingehen wollen! (Zwischenruf des Abg. Hörl.) Wenn Sie das tun, schreiben Sie heute österreichische Geschichte. Sie werden das aber nicht still und heimlich und anonym tun. Sie werden das mit Ihrem Namen tun müssen, denn wir werden nämlich diese Abstimmung namentlich machen. – Vielen Dank, geschätzte Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

12.18

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kurt Egger. – Bitte.