10.59

Abgeordnete Eva Maria Holzleitner, BSc (SPÖ): Herr Präsident! Werte Frau Ministerin! Frau Staatssekretärin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Jeitler-Cincelli, ich glaube, in einer Europastunde ist es vor allem unsere Auf­gabe als Abgeordnete, als österreichisches Parlament, darüber zu disku­tieren, was wir tun können, um die Europäische Union besser zu machen. Ich glaube, damit sollten wir uns beschäftigen. Das ist für uns Abgeord­nete eine wesentliche Aufgabe, und das möchte ich an dieser Stelle auch tun.

Wenn wir über die Zukunftsfähigkeit der Europäischen Union sprechen, dann glaube ich, dass gute Schritte schon gemacht worden sind, gerade in letzter Zeit. Die Europäische Union ist gleichstellungspolitisch auf dem richtigen Weg. (Beifall bei der SPÖ.)

Es sind in den letzten Monaten wesentliche Richtlinien verhandelt und auch beschlossen worden – von sozialdemokratischen Kolleg:innen: Vizepräsi­dentin Evelyn Regner, Theresa Bielowski und vielen anderen –: Lohntransparenz zum Beispiel oder auch die Geschlechterquoten in Vorstands- und Auf­sichtsratsriegen. Europa geht da voran, die Gleichstellung der Geschlechter steht ganz oben auf der Tagesordnung. Nach hartem Tauziehen, nach harten Verhandlungen konnte man da tatsächlich gute Richtlinien auf den Weg bringen, und das ist wichtig. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Stögmüller.)

Warum sind das so wesentliche Bausteine? – Weil gerade wir in Österreich unendlichen Aufholbedarf haben. Wir haben nach wie vor eine Lohnschere zwi­schen den Geschlechtern von rund 20 Prozent – auch bei den Pensionen: Frauen bekommen nach wie vor rund 40 Prozent weniger Pension als Männer –, und die Lohntransparenz ist da ein wichtiger Baustein, um Gehälter auch vergleichen zu können. Wir wissen, Frauen sind hoch qualifiziert und bekommen trotzdem weniger – einfach weil sie Frauen sind. (Präsidentin Bures über­nimmt den Vorsitz.)

Genauso werden mit der sogenannten Women-on-Boards-Richtlinie Frauen bestmöglich unterstützt, um die gläserne Decke leichter durchbrechen zu können. Sie sind hoch qualifiziert – auch da –, und trotzdem gibt es eine gläserne Decke, die Frauen hindert, die Frauen auch wirklich behin­dert, gleichberechtigt wie männliche Kollegen in Aufsichtsratspositionen, in Vorstandspositionen zu kommen. Österreich und vor allem die Regie­rungsparteien sind jetzt gefragt, diese Richtlinien schnellstmöglich umzusetzen, um hier auch frauenpolitisch voranzugehen. (Beifall bei der SPÖ.)

Weiters hat das EU-Parlament etwas wirklich Großartiges beschlossen, nämlich den Beitritt zur Istanbulkonvention. Somit müssen alle Mitgliedstaaten die Istanbulkonvention auch tatsächlich umsetzen und somit Frauen und Mäd­chen vor Gewalt schützen. Das ist wesentlich gerade in Zeiten wie jetzt, in denen wir sehen, dass es bei kriegerischen Auseinandersetzungen Frauen- und Menschenrechte, auch Kinderrechte, sind, die immer weiter zurück­gedrängt werden, die angegriffen werden, die auch tatsächlich verletzt werden. Sexuelle Gewalt wird nach wie vor als Kriegswaffe eingesetzt. Frauen und Mädchen werden vergewaltigt, sie werden gedemütigt, Kinder werden verschleppt. Deshalb ist es unsere Aufgabe, dafür zu sorgen, dass diese Kriegsverbrechen, die im Zuge des Angriffskriegs von Russland auf die Ukraine begangen werden, bestmöglich aufgeklärt werden – das ist ganz, ganz klar.

Genauso müssen wir innerhalb der Europäischen Union die Frauenrechte vo­rantreiben. Wir müssen den Frauen, die aus der Ukraine geflüchtet sind, vertrieben worden sind und möglicherweise vergewaltigt wurden, den Schwan­gerschaftsabbruch in der Europäischen Union ermöglichen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Wir müssen für sie den Zugang zum Schwangerschaftsabbruch gewährleisten, und wir wissen, dass das nicht überall möglich ist, dass auch Polen diesbe­züglich ganz harte Regelungen getroffen, ganz harte Gesetze erlassen hat und die Frauenrechte beschneidet. Insbesondere jenen vertriebenen Frauen müssen diese Frauenrechte aber zuteilwerden. Dafür sind wir auch als Öster­reich zuständig, dass wir diese Frauenrechte in der gesamten Europäi­schen Union einfordern.

Diesen gemeinsamen Weg in der Europäischen Union können wir nur so gut ausbauen, wie wir ihn gemeinsam gehen. Viele Zukunftsfragen sind in den letzten Jahren durch die Konferenz zur Zukunft Europas beantwortet wor­den. Vieles wurde diskutiert und auch tatsächlich in Vorschläge gegossen. Einige Vorschläge liegen nach wie vor brach; ich glaube, diese Vorschläge muss man zurate ziehen und auch wirklich umsetzen. Das wäre wesentlich.

Ein Punkt, den ich zum Schluss noch erwähnen möchte: Auch der Westbalkan, die Staaten des Westbalkans sind Teil einer Europäischen Union, müssen in der Zukunft Teil einer Europäischen Union werden. Wir dürfen die Länder des Westbalkans nicht im Stich lassen, sondern müssen ihnen klare Beitritts­perspektiven bieten.

Am Ende möchte ich noch aus der Zeitung der Demokratiewerkstatt zitieren, jener Institution im österreichischen Parlament, die politische Bildung an Schülerinnen und Schüler vermittelt. Diese Schülerinnen und Schüler gestalten immer eine Zeitung. Sie haben sich auch mit der Europäischen Union beschäftigt, und im Zusammenhang mit dem Thema Gleichstellungspolitik kritisieren sie sehr, dass nach wie vor einige Länder keinerlei Frauen in das Europäische Parlament entsenden, wie beispielsweise Zypern. Diese Schülerinnen und Schüler schreiben – ich lese nur diesen kurzen Satz noch vor –: „Wir denken, es sollten deutlich mehr weibliche Personen in poli­tischen Positionen in der Europäischen Union vorzufinden sein, da sie manchmal bestimmte Themen besser nachvollziehen können, wie beispielsweise Gleichberechtigung am Arbeitsplatz.“

Diesen Schülerinnen und Schülern kann ich nur recht geben. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Stögmüller und Brandstätter.)

11.05

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Petra Steger. – Bitte.