17.41

Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Ja, geschätzte Kolleginnen und Kol­legen, Kollege Schwarz hat es eh schon angekündigt, dass wir den Klima­bonus kritisch sehen. Ich möchte vielleicht ein paar allgemeine, grundsätzliche Gedanken zum Klimabonus vorneweg schicken.

Das eine ist – und das ist, glaube ich, hinreichend bekannt –, dass wir uns zu dem durchaus sportlichen Klimaziel, in Österreich bis 2040 klimaneutral zu sein, bekennen und wissen, dass es dafür massive Maßnahmen braucht und viele da­von heute noch gar nicht vorhanden sind. Dass ein Teil dieser Maßnahmen eine CO2-Besteuerung sein muss, ist unbestritten, dass der CO2-Preis, der heute da ist, nicht dafür ausreichen wird, auch. Es war aber in der Vergangenheit, als jetzt die Energiepreise so explodiert sind, tatsächlich auch ein Glück, dass dieser nicht höher war.

Die Frage ist ja: Will man den Menschen davor die CO2-Steuer sozusagen tat­sächlich einfach verrechnen und auf der anderen Seite einfach andere Steuern reduzieren – Einkommensteuer, Mehrwertsteuer, Lohnnebenkosten –, damit von Haus aus mehr im Börserl bleibt, womit man das bestreiten kann, oder nimmt man über die CO2-Steuer etwas ein und verteilt es dann wie­der zurück? Und dieses Zurückverteilen ist irgendwie kritisch zu sehen, weil wir der Überzeugung sind, dass es wesentlich sinnvoller ist, dass wir den Menschen vorher weniger aus dem Börsel rausnehmen und es nachher auch nicht rückverteilen. Das ist eine zutiefst liberale Überzeugung von unserer Seite, und deswegen haben wir mit dem Klimabonus ein grundsätzliches Problem.

Jetzt könnten wir natürlich über unseren Schatten springen und sagen: Trotz grundsätzlichen Problems ist es ja möglicherweise klimawirksam, und des­wegen unterstützen wir es. Und da kommt dann diese Regionalität schon rein, und, Kollege Schwarz, die Argumentation, die du hier vorgebracht hast, ist zumindest lückenhaft.

Ich nehme ein einfaches Beispiel und komme dann noch zu ein paar anderen: Wenn man in Wien im 18. Bezirk wohnt, 20 Meter von der U6-Station weg, im Umkreis von 100 Metern hat man wahrscheinlich fünf Supermärkte, dann hat man um 50 Euro mehr Klimabonus, als wenn man in Wien im 9. Bezirk mit der gleichen Distanz zur U-Bahn-Station und mit der gleichen Anzahl von Supermärkten wohnt.

Das heißt, wir sprechen da nicht von einem ländlichen Raum, wo ein Mensch quasi auf der Alm sitzt und jedes Mal das Auto braucht, wenn er irgend­wohin fahren will, sondern es ist tatsächlich so, dass diese regionale Unterschei­dung vielfach einfach ein Topfen ist.

Kommen wir aber zu einem anderen Punkt: Selbst wenn die regionale Unter­scheidung tatsächlich hinsichtlich Mobilität ausschlaggebend ist, dann berücksichtigt dieses Argument noch immer nicht, dass die Menschen, die in der Stadt leben – meistens freiwillig, weil die Mehrheit davon in den größeren Städten zugezogen ist –, tatsächlich höhere Wohnkosten haben, meistens zur Miete leben und sich deswegen auch gar nicht aussuchen können, wel­ches Heizsystem sie haben, und wenn sie ein Auto haben, auch höhere Parkkos­ten haben. Das heißt, die Lebenshaltungskosten in den Städten – in Wien, in Salzburg, in Innsbruck – sind bedeutend höher, als wenn man im ländlichen Raum wohnt.

Jetzt ist die Frage: Was sind die Gesamtkosten? Ist das die Frage der Politik? Muss ich durch eine Umverteilung ganz genau ausdifferenzieren, wer wie viel kriegt, oder ist das nicht auch eine Verantwortung, die der Mensch an sich hat? Wir sehen da schon mehr Potenzial darin, dass wir das Vertrauen in die Bevölkerung haben, dass die richtigen Entscheidungen vor Ort getroffen werden, und nicht so massiv durch die Politik gelenkt wird, wie der Klima­bonus das tut.

Letzter Punkt, und der ist aus meiner Sicht nicht weniger wichtig, wenn wir jetzt über diese Anpassung reden: Der Klimabonus ist ein bisschen Klimapolitik und ein bisschen Verteilungspolitik. Das wurde ja auch von Vorrednern der Grü­nen mehrfach erwähnt. Das kann man wollen. Aus unserer Sicht wäre das die Aufgabe der Sozialpolitik und nicht der Umwelt- und Klimapolitik. Wenn der Klimabonus mehr Geld ausschüttet, als die CO2-Steuer insgesamt ein­nimmt, dann ist das keine Rückverteilung der CO2-Steuer, sondern eine bewuss­te Umverteilung. Aus unserer Sicht ist das aber in der Klimapolitik eine The­menverfehlung. Wenn wo eine weitere Umverteilung stattfinden soll, die wir als NEOS so nicht sehen, dann ist es tatsächlich das falsche Ressort.

Abschließend, und das ist, glaube ich, nicht minder wichtig, wenn wir jetzt über den Klimabonus reden: Er ist auch ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand. Wir haben das gesehen: Es musste zusätzliches Personal im Ministerium aufge­nommen werden, es mussten zusätzliche Dienstleister beschäftigt wer­den, es sind zusätzliche Eskalationen gewesen. Ein Modell, das darauf aufbaut, dass man den Menschen weniger aus der Börse nimmt und auf der ande­ren Seite eine CO2-Steuer einführt, würde auch eine schlankere Verwaltung be­deuten. Es ist wenig überraschend, dass wir als NEOS auch eine schlan­kere Verwaltung befürworten.

Was allerdings fehlt, und das kann ich Ihnen heute nicht ersparen und auch nicht beim nächsten Mal, wenn wir uns sehen: Wirksame Klimapolitik lebt nicht alleine von einem Klimabonus, egal, ob dieser jetzt mit viel oder wenig Verwal­tung verbunden ist, ob da die Häftlinge etwas bekommen oder ob Asylbe­rechtigte oder -werber:innen mehr oder weniger bekommen. Es fehlt etwas an­deres in der Klimapolitik, und das schon seit vielen Jahren, und Sie werden das jetzt erraten können, Frau Ministerin: Es ist das Klimaschutzgesetz.

Deswegen möchte ich auch für meine Fraktion folgenden Entschließungs­antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Bernhard‎‎, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Klimaschutzgesetz endlich vorlegen“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, dem Nationalrat bis spätestens 15. Juli 2023 ein neues Klimaschutzgesetz vorzu­legen, welches folgende Aspekte beinhaltet:

- Einen Emissions-Reduktionspfad, welcher der Effort-Sharing Vereinbarung auf EU-Ebene entspricht

- Ein daraus abgeleitetes, verbindliches jährliches Treibhausgasbudget

- Sektorale Emissionsreduktionsziele

- Verbindliche Emissionsreduktionsziele für die Bundesländer

- Die Schaffung eines Klimarechnungshofes, welcher die klimapolitischen Aus­wirkungen von Gesetzen und größeren Infrastrukturprojekten evaluiert.“

*****

Klimapolitik ist mehr als das, was bisher geleistet worden ist. Man kann die Ver­gangenheit unterschiedlich bewerten, aber in der Zukunft liegt noch viel vor uns. Vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)

17.46

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Michael Bernhard‎‎, Kolleginnen und Kollegen

betreffend Klimaschutzgesetz endlich vorlegen

eingebracht im Zuge der Debatte in der 219. Sitzung des Nationalrats über den Bericht des Umweltausschusses über den Antrag 3428/A der Abgeordneten Johannes Schmuckenschlager, Mag. Dr. Jakob Schwarz, BA, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den regionalen Kli­mabonus (Klimabonusgesetz – KliBG) geändert wird (2071 d.B.) – TOP 15

Das 2011 beschlossene Klimaschutzgesetz (KSG) ist eine der wichtigsten Rechts­grundlagen für den Klimaschutz in Österreich. Es hat bis 2020 - gemäß europäischer Vorgaben - die österreichischen Klimaziele definiert und pro Sektor festge­schrieben. Seit Jänner 2021 fehlt aber aufgrund des Ausbleibens einer Novelle des KSG ein gesetzlich definierter Emissionsreduktionspfad für die Republik Öster­reich, sowie auch für die einzelnen Sektoren. Dies bedeutet, dass sich sowohl die Kli­mapolitik, als auch die Berichterstattung darüber gemäß §6 des KSG im Blind­flug befindet und nicht mehr effektiv betrieben werden kann.

Zusätzlich soll das neue KSG einige wichtige klimapolitische Innovationen enthalten, welche für den langfristigen Wandel hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft, Gesellschaft und Verwaltung dringend notwendig sind, wie etwa die Einführung eines Klimachecks sowie eines jährlichen Emissionsbudgets. Ebenso sollen klare Verantwortlichkeiten für Maßnahmen und Sanktionsmechanismen für mangelnde Fortschritte festgelegt werden. Das Fehlen des KSG verzögert auch diese wichtigen klimapolitischen Instrumente und behindert so einen effektiven Kampf gegen den Klimawandel. Zusätzlich verursacht das Fehlen eines Klimaschutz­gesetz langfristige Planungssicherheit und mangelnde Rechtssicherheit bei Unternehmen.

Gerade aufgrund der Tatsache, dass die Regierung bei Antritt die Priorisierung von Klimaschutz großspurig verkündet hat, ist das Fehlen des Klimaschutzge­setzes inakzeptabel.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung, insbesondere die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie, wird aufgefordert, dem Natio­nalrat bis spätestens 15. Juli 2023 ein neues Klimaschutzgesetz vorzulegen, welches folgende Aspekte beinhaltet:

•    Einen Emissions-Reduktionspfad, welcher der Effort-Sharing Vereinbarung auf EU-Ebene entspricht

•    Ein daraus abgeleitetes, verbindliches jährliches Treibhausgasbudget

•    Sektorale Emissionsreduktionsziele

•    Verbindliche Emissionsreduktionsziele für die Bundesländer

•    Die Schaffung eines Klimarechnungshofes, welcher die klimapolitischen Auswir­kungen von Gesetzen und größeren Infrastrukturprojekten evaluiert."

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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß einge­bracht und steht mit in Verhandlung.

Als Nächste hat sich Frau Bundesminister Leonore Gewessler zu Wort gemel­det. – Bitte.