11.38

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Erlaubt mir, dass ich eingangs im Namen von Rainer Wimmer eine Besuchergruppe aus Bad Goisern begrüße. Schön, dass ihr da seid! Herzlich willkommen im Parlament! (Allgemeiner Beifall.)

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich fange die Debatte zur Gesund­heitspolitik gerne immer bewusst selbstkritisch an und möchte als Sozial­demo­krat auch immer fragen: War alles perfekt, als die Sozialdemokratie die Verantwortung für das Gesundheitssystem gehabt hat? – Natürlich nicht.

Der Unterschied zu den vergangenen Jahren, in denen vor allem die ÖVP und die Freiheitlichen im Gesundheitssystem gewütet haben, ist aber, dass wir Tag und Nacht dafür gekämpft haben, das österreichische Gesundheits­system für alle Menschen besser zu machen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Kaniak.) Uns ist es nicht egal, wenn es Fehlentwicklungen gibt, die wir alle jetzt auch jeden Tag hautnah miterleben. (Zwischenruf des Abg. Schmuckenschlager.) Uns ist es nicht egal, dass Gesundheitsberufe am Limit sind, dass es noch immer einen Unterschied macht, ob man sich gewisse Dinge leisten kann oder nicht, dass wir heute in Österreich eine Zweiklassenmedizin haben (Abg. Belakowitsch: Na, die haben wir schon länger!), bei der die Kreditkarte immer öfter wichtiger als die E-Card ist, dass die Menschen in Österreich inzwischen 1 400 Euro pro Jahr aus dem eigenen Sack für das Gesundheitssystem ausgeben müssen und wir bei den Gesundheitsausgaben längst nicht mehr ganz vorne mit dabei sind, sondern im Mittelfeld liegen.

Das sind Dinge, bei denen wir alle miteinander kämpfen müssen. Ich habe auch oft genug die Regierung kritisiert, es hat mich einfach geärgert, dass der Begriff Zweiklassenmedizin im Regierungsprogramm von ÖVP und Grünen nicht einmal vorgekommen ist.

Der Unterschied ist aber – das möchte ich heute positiv hervorstreichen –, dass wir heute – nach diesem Kahlschlag, den ÖVP und Freiheitliche zu verantworten haben – zumindest in einigen Bereichen erleben, dass es ein Umdenken gibt. Ich muss Kollegen Smolle für seinen Einsatz ganz herzlich Danke sagen.

Ich weiß, dass du mit dieser Maßnahme heute keinen Beliebtheitspreis gewinnst, dass es strukturkonservative Bereiche in der Standesvertretung gibt, die mit Veränderung keine Freude haben. (Abg. Kickl: Veränderung an sich ist kein Wert!) Das ist aber der Unterschied: dass du den Mut hast, dazu zu stehen, weil du sagst, es ist vernünftig, für Patientinnen und Patienten zu kämpfen. (Beifall bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.)

Nur: Diesen Schwenk, den die ÖVP gemacht hat und durch den wir heute mitei­nander etwas beschließen, hätte ich mir in Wahrheit auch von den Freiheitlichen erwartet, und da ist gar nichts gekommen. Die reden groß vom kleinen Mann. Ich bitte alle, die heute zuhören: Schaut euch an, was die Freiheitlichen im Bereich der Gesundheitspolitik fordern! Seit Hartinger-Klein, seit der Verantwor­tung, Herbert Kickl, die du Seite an Seite mit Hartinger-Klein für den Kahlschlag im Gesundheitswesen übernommen hast (Abg. Kickl: Ah, da bin ich auch verantwortlich?), wird es noch schlechter.

Ihr redet vom kleinen Mann und wollt den kleinen Mann noch kleinerhalten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.) Kein einziger Vorschlag von der FPÖ hilft, dass das Gesundheitssystem für alle Menschen in Österreich besser wird. Es macht noch immer einen Unterschied, ob ich als Politiker ein Zahnimplantat brauche oder ob es meine Mutter braucht, die alleinerziehend vier Kinder großgezogen hat. (Abg. Kickl: Oder jemand, der seit zwei Wochen im Land ist und noch nie was gezahlt hat!) Das ist das Ergebnis von freiheitlicher Politik und Hartinger-Klein.

Heute habt ihr einen einzigen Vorschlag gemacht. Der Vorschlag der FPÖ zum Ärztemangel und dazu, dass die Menschen immer mehr ausgeben müssen und mehr als drei Millionen Menschen in Österreich inzwischen privat versichert sind, heute war: Vermischen wir die Kassenärzte mit den Privatärzten! (Abg. Kickl: Die Wiener Kassenärzte werden belagert von Leuten, die keine Österreicher sind!) Das heißt dann ganz konkret: Am Montag, Dienstag, Mittwoch geht man zum Kassenarzt. Da kriegt man vielleicht in vier Wochen einen Termin. Wenn man schneller einen haben will, dann zahlt man halt dazu. Das ist freiheitliche Gesundheitspolitik. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Kickl: Du glaubst teilweise, du bist nicht in Österreich, mein lieber Freund! – Zwischenruf des Abg. Wurm.)

Es war die FPÖ, die vorgeschlagen hat – das vergisst man ja alles –, wir sollten in Krankenhäusern eine Sonderklasse in der Notaufnahme einführen. Da hat es Vorschläge gegeben, da hat man sich nicht einmal entblödet, zu sagen: Machen wir so einen Loungebereich wie am Flughafen, mit Laptoparbeitsplätzen und vielleicht ein paar netten Zeitungen, sodass dann das Warten in der Ambulanz in der Sonderklasse kommoder ist! Das ist freiheitliche Gesundheitspolitik. Das habt ihr zu verantworten!

Kein einziger Vorschlag ist heute gekommen, wie wir das Gesundheitssystem in Österreich stärken können, wie wir dafür sorgen können, dass es keinen Unterschied macht, ob man in der Stadt oder auf dem Land lebt, ob man als Fliesenleger oder als Lehrerin arbeitet, dass es gleich gute Gesundheitsver­sorgung für alle Menschen gibt. Deswegen ist es wichtig, dass wir heute hier im Bereich der Primärversorgung Maßnahmen setzen, weil es nicht sein kann, dass wir den Leuten ausrichten: Zahlt Ambulanzgebühren, wenn ihr ins Krankenhaus geht!, wenn es nicht flächendeckend Ärztinnen und Ärzte gibt, die für die Patientinnen und Patienten da sind. Es ist unser Job, dafür zu sorgen.

Das wird nicht alles reparieren, aber es ist ein wichtiger Beitrag dazu, dass wir das Gesundheitssystem in Österreich verbessern.

Ein letzter Punkt, weil der Ärztemangel sehr oft Thema war: Wir werden in zehn Jahren eine dramatische Situation haben – das kommt mit Riesenschritten auf uns zu –, und wenn wir heute nicht dafür sorgen, dass wir mehr Ärztinnen und Ärzte ausbilden, wird uns das in zehn Jahren in einer Dramatik einholen, dass das, was wir jetzt gerade im Bereich der Pflege erleben, nur das Vorspiel ist.

Kämpfen wir wirklich dafür, dass wir mehr Ärztinnen und Ärzte in Österreich ausbilden, dass wir die Gesundheitsversorgung flächendeckend verbessern! Das heute ist wie gesagt ein erster Schritt, den wir unterstützen, nicht, weil es wie bei den Freiheitlichen um Parteipolitik geht, sondern weil es den Menschen in Österreich dient. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

11.43

Präsidentin Doris Bures: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordneter Gerhard Kaniak zu Wort gemeldet. – Bitte.