12.16

Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! (Die Begrüßung auch in Gebärdensprache ausführend:) Liebe gehörlose Menschen! Ich fange mit etwas Positivem an: Wir haben die Überführung des European Accessibility Acts in nationales Recht einstimmig beschließen können. Mit diesem Barrierefreiheitsgesetz soll EU-weit gewährleistet werden, dass beispielsweise PCs, Smartphones, Bankomaten, Fahrkartenautomaten und vieles mehr einheitliche und barrierefreie Standards haben. Dieses Gesetz erlaubt somit Menschen mit Behinderungen mehr Selbstständigkeit und mehr Unabhän­gig­keit. Das begrüßen wir ausdrücklich.

Kollegin Nussbaum hat sowohl im Ausschuss als auch jetzt von einer Minimal­umsetzung gesprochen. Ich möchte Sie einfach fragen, liebe ÖVP, liebe Grüne: Wo war bei diesem Gesetz der Mut für etwas mehr als das Mindeste?

Wir werden zu diesem Gesetz einen Abänderungsantrag einbringen, den ich kurz erläutern werde:

Es geht darum, dass das Sprachniveau mit B2 einfach zu hoch angesetzt ist und wir B1 fordern, damit Menschen mit Behinderungen in Einfacher Sprache wirklich alles an Informationen, an Gebrauchsanweisungen et cetera verstehen. B1 ist auch vom Behindertenrat so gefordert.

Weiters fordern wir eine Übergangsfrist von 15 Jahren statt 20 Jahren. Wenn jetzt eine Inbetriebnahme von einem Bankomaten stattgefunden hat, hat man also 20 Jahre Zeit, diesen gegen ein barrierefreies Gerät auszutauschen. Ich glaube nicht, dass diese lange Zeit notwendig ist, das schaffen wir in kürzerer Zeit. Wir sind da mit 15 Jahren ohnedies human geblieben.

Außerdem soll es Dienstleistern ermöglicht werden, barrierefreie Infos direkt im Vertragsdokument selbst zu erteilen. In diesem Fall würde das Originaldokument natürlich immer seine Gültigkeit behalten.

Liebe Bundesregierung! Liebe ÖVP! Liebe Grüne! Wir möchten mit diesen Änderungen nichts Schlimmes, nichts Böses, es ist kein Argwohn dahinter. Unser Ziel ist es, das Leben für Menschen mit Behinderungen zu erleichtern, zu verbessern, aber auch Rechtssicherheit für die Dienstleister zu schaffen. Bitte seien Sie einmal mutig und unterstützen Sie diesen Antrag, der von der Opposition kommt! Es geht um die Sache und es geht um die Menschen. – (Den Dank auch in Gebärdensprache ausführend:) Danke schön. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

12.19

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Fiona Fiedler, Mag. Gerald Loacker, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (2046 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Barrierefreiheitsgesetz erlassen sowie das Sozialministeriumservicegesetz geändert wird (2145 d.B.) - TOP 3

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Art. 1 der eingangs bezeichneten Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

I.   Dem § 9 Abs 7 wird nach der Wortfolge "Alle Kennzeichnungen, die Gebrauchsanleitung und Sicherheitsinformationen müssen klar, verständlich und deutlich sein" und vor dem Punkt die Wortfolge:

    „und dürfen das Sprachniveau von B1 nicht überschreiten"

eingefügt.

II.  Dem § 11 Abs 5 wird nach der Wortfolge "Der Importeur hat sicherzustellen, dass dem Produkt eine Gebrauchsanleitung und Sicherheitsinformationen in deutscher Sprache beigefügt sind.":

    „Diese dürfen das Sprachniveau von B1 nicht überschreiten."

eingefügt.

III.  Dem § 14 Abs 2 wird nach der Wortfolge "Der Dienstleistungserbringer hat die notwendigen Informationen gemäß Anlage 3 zu erstellen und diese Informationen der Allgemeinheit in schriftlicher und mündlicher Form bereitzustellen, auch in einer für Menschen mit Behinderungen barrierefreien Form" die Wortfolge:

    „sowie in leichter Sprache (maximal Sprachniveau B1). Im Zweifelsfall gilt der Text im ursprünglichen Vertragsdokument anstatt der gemäß Anlage 3 zu erstellenden Informationen."

eingefügt.

IV. In § 37 Abs 3 entfällt die Wortfolge "20 Jahre nach ihrer Ingebrauchnahme und längstens bis 28. Juni 2040" und wird durch die Wortfolge "15 Jahre nach ihrer Ingebrauchnahme" ersetzt.

V. In Anlage 1 Abschnitt 4 lit e) lit bb) wird die Wortfolge "Sprachniveau B2 (Höhere Mittelstufe)" durch die Wortfolge "Sprachniveau B1" ersetzt.

VI. In Anlage 3 wird nach der Wortfolge "Der Dienstleistungserbringer gibt in den allgemeinen Geschäftsbedingungen oder einem ähnlichen Dokument an, wie die Dienstleistung die Barrierefreiheitsanforderungen gemäß § 4 Abs. 3 erfüllt.":

  „Darüber hinaus kann der Dienstleistungsgeber die notwendigen Informationen im Sinne des BaFG auch unmittelbar im Vertragsdokument selbst erteilen."

eingefügt.

Begründung

Ad I., II. und V.

Das Sprachniveau ist mit B2 zu hoch angesetzt. Der Österreichische Behindertenrat empfahl in seiner Stellungnahme zum Ministerialentwurf ein Sprachniveau von maximal B1.

Ad III.

Wenn beispielsweise Vertragsinformationen in leichter Sprache zur Verfügung gestellt werden, kann es vorkommen, dass juristisch präzise Begriffe aufgeweicht werden müssen. Es ist daher notwendig, dass das Originaldokument weiterhin seine Gültigkeit behält.

Ad IV.

Die Übergangsfrist ist mit 20 Jahren zu lange angesetzt. Besser wären 15 Jahre, außerdem ist es nicht notwendig, den 28. Juni 2040 als zusätzliche Frist anzugeben. 

Ad VI.

Aus der aktuellen Regierungsvorlage geht nicht hervor, wie und in welchem Umfang die Umsetzung des § 14 Abs 2 Barrierefreiheitsgesetz in Verbindung mit Anlage 3 erfolgen soll. Können diese Informationen direkt an das Vertragsdokument angehängt werden, ist dadurch Klarheit und Rechtssicherheit geschaffen.

*****

Präsidentin Doris Bures: Der Abänderungsantrag wurde an die Abgeordneten verteilt, in den Grundzügen erläutert und steht daher auch mit in Verhandlung.

Herr Abgeordneter Josef Muchitsch, Sie gelangen nun zu Wort. – Bitte.