14.36
Abgeordnete Dr. Stephanie Krisper (NEOS): Herr Präsident! Liebe Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Reden wir über Sanktionen und darüber, was hier in Österreich bei deren Umsetzung passiert und nicht passiert! Wir wissen, dass viele Russen auch weiterhin im Land sind, wir waren und sind eine Oase für Spione, für Oligarchen, für russisches Geld. (Beifall bei den NEOS.)
Wie ist die bisherige Bilanz zur Überprüfung und Umsetzung von Sanktionen? – Sie ist desaströs! Die Regierung zeigt nämlich bei der Umsetzung der Sanktionen gegenüber Russland leider sehr wenig Engagement.
Ein paar Beispiele: Erst vorletzte Woche wurde der Fall der ominösen Putin-Villa in Kitzbühel bekannt, deren Kauf von Arkadi Rotenberg, einem Putin-Freund, der seit 2014 auf der EU-Sanktionsliste steht, finanziert wurde und deren Eigentümerverhältnisse von den Behörden nicht geklärt werden konnten. Der Fall der Putin-Villa ist kein Einzelfall. Alexei Nawalny hat mehrere Fälle aufgezeigt, insbesondere in Tirol.
Es liegt aber nicht in der Verantwortung von Investigativjournalistinnen und -journalisten, solche Fälle aufzudecken, sondern in der Verantwortung des Innenministeriums aus Eigenem heraus, wobei sich auch die Frage stellt: Wie sehr geht man dann solchen Hinweisen durch Berichterstattung auch wirklich schnell nach, wenn es um verschachtelte Eigentümerkonstruktionen geht, mit denen versucht wird, die Sanktionen zu umgehen?
Dass viel zu wenig geschieht, merken wir dank einer Anfragebeantwortung an uns, in der klar wurde, dass unsere Behörden in knapp zwölf Monaten seit Kriegsbeginn im Grundbuch Vermögen von nur vier natürlichen Personen und von keiner juristischen Person eingefroren haben, im Firmenbuch Vermögen von einer natürlichen Person und von zwei juristischen Personen eingefroren haben – eine unfassbar schlechte Bilanz. (Beifall bei den NEOS.)
Ein weiteres Beispiel: Motoren und Teile des von Chinesen kontrollierten Flugzeugbauers in Österreich, Diamond Aircraft, landeten auf dem Umweg über China bis mindestens November 2022 in einer Firma, die auch das russische Militär beliefert und bei der es starke Indizien gibt, dass sie Teil des staatlichen russischen Rüstungskonzerns Rostec ist. Russischen Einfuhrlisten nach kamen zahlreiche Diamond-Lieferungen für die Firma bis Ende Juni 2022 sogar direkt aus Österreich.
Was ist los in den Ministerien? Am Anfang des Aggressionskriegs von Putin gegen die Ukraine war man nicht gut vorbereitet. Fair enough – aber die Zeit vergeht und es wird nicht besser, und während dieser wertvollen Zeit wird weiterhin à la russisch, à la Babuschka verschachtelt, verschleiert und versteckt. (Beifall bei den NEOS.)
Mittlerweile ist es eine politische Entscheidung, sich nicht effizienter in den Ministerien aufzustellen, weil man anscheinend kein gesteigertes Interesse daran hat, russisches Geld zu verfolgen und damit Putins Russland zu schaden. Über welche Ministerien rede ich da? – Insbesondere Innen-, Finanz- und Außenministerium, alles ÖVP-Ministerien, mit wenig Dynamik, was Sanktionsumsetzungen angeht. Dynamik zeigen diese Ministerien aber, wenn es um die Genehmigung von Ausnahmen von EU-Sanktionsbeschlüssen gegen Russland geht – siehe Sberbank.
Ich möchte daran erinnern, wie dynamisch – Titel: „Los geht’s“ – in diesem Jahr, vor ein paar Monaten, also länger als ein Jahr nach Kriegsbeginn (eine Broschüre mit der Aufschrift „WKO“, „Russland“, „Los geht’s“ in die Höhe haltend), der Appell der Vorfeldorganisation Wirtschaftskammer Österreich – auf dieser Broschüre zu lesen – rausging. Mittlerweile ist es nicht mehr online. Vielleicht hat man es gedruckt und muss es postalisch verschicken – ich hoffe nicht. Was findet sich nämlich darin? – Ein indirekter Aufruf zu Korruption, würde ich sagen. Ich zitiere:
„Bitte beachten Sie, dass derzeit sanktionsbedingt westliche Kredit- und Bankomatkarten in Russland nicht funktionieren. Nehmen Sie Bargeld ausreichend für Ihre Geschäftsreise mit. [...] Die Zusammenarbeit mit der russischen Bürokratie gestaltet sich oftmals schwierig. Große Ermessensspielräume, informelle Netzwerke und niedrige Gehälter einfacher Beamter begünstigen Problemsituationen, die zu unorthodoxen Vorgehensweisen führen können.“ – Optimistisch in Richtung Korruptionsanwendung. (Beifall bei den NEOS.)
Vielleicht kann mir das der Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich, Kollege Karlheinz Kopf, später erklären. (Ruf bei der ÖVP: Ja!)
Zeigen Sie von der ÖVP doch Engagement in die richtige Richtung! Wie ginge das? – Schwächen Sie Putins Regime durch eine effiziente Vollziehung der bestehenden Sanktionen! Die Reaktion von Bundesminister Brunner heute auf die Kritik von Kollegin Tomaselli, dass nur 1,3 Prozent von 6 000 Geldwäscheverdachtsmeldungen aus dem Nichtfinanzsektor kommen – man plane da nichts –, war wieder ein trauriger Klassiker an mangelndem Engagement.
Zeigen Sie ein Bekenntnis, indem im Innenministerium zum Beispiel sofort eine eigene Sanktionseinheit von Juristinnen und Juristen, weil es eine komplizierte Materie ist, und Ermittlerinnen, Ermittlern eingerichtet wird, am besten unter der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, wo auch die DSN angesiedelt ist, um da eine Zusammenarbeit zu garantieren, und am besten gleich eine Sondereinheit Oligarchen in Tirol!
Und sagen Sie nicht: Das Gesetz ist schuld, die Zuständigkeiten sind nicht klar! – Meines Wissens liegt schon seit einem Jahr eine Novelle zum Sanktionengesetz in den Ministerien, zwischen den zuständigen Ministerien abgestimmt und erarbeitet, fixfertig. Was ist damit? – Bringen Sie es im Parlament zur Diskussion! Arbeiten Sie daran! (Beifall bei den NEOS.)
14.41
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Dr. Christoph Matznetter. – Bitte, Herr Abgeordneter.