13.58

Bundesminister für Finanzen Dr. Magnus Brunner, LL.M.: Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, Damen und Herren Zuseherinnen und Zuseher! Es ist eigentlich ein interessanter Nachmittag, und gut, dass ich jetzt gerade sprechen darf, denn es geht um die wirtschaftliche Vernunft und überhaupt um ein bisschen mehr Seriosität, die wir in der ganzen Diskussion, denke ich, herbeiführen sollten. Nicht alles, was zunächst populär klingt, ist auch sinnvoll, wenn man genauer darüber nachdenkt.

Was mir heute wirklich aufgefallen ist, ist diese Verrohung der Sprache von manchen, ich blicke da (in Richtung SPÖ) hinüber. Das ist schon interessant, und auch diese Polemik, die verwendet wird. (Abg. Einwallner: Schauen Sie direkt auf den Kanzler! – Abg. Greiner: Schauen Sie direkt neben sich!) Interessanterweise hat eine Kollegin von der Sozialdemokratie das Wort Polemik eingebracht. Das ist schon interessant. Also was da polemisch ist, ist, glaube ich, klar, und es war auch klar hörbar, wer hier mit Polemik gearbeitet hat. Ich sage aber auch dazu: Polemik ist nicht immer eine Waffe, sondern sie kann auch zum Bumerang werden. In diesem Fall ist das, glaube ich, auch passiert. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Danke auch für die Möglichkeit, dass wir in dieser Sondersitzung unsere Maßnahmen im Kampf gegen die Teuerung diskutieren können (Abg. Kickl: Hat Ihnen keiner gesagt, dass Sie selber auch eine machen können?) und die neuen darstellen können. Ich glaube, dass es gut ist, dass wir das diskutieren und auch die zusätzlichen Maßnahmen, die wir heute einbringen, entsprechend darstellen und diskutieren können.

Wir haben in den letzten Jahren vielfache Krisen erlebt. Die haben natürlich Spuren hinterlassen, überhaupt keine Frage: die Energiepreise, die Rohstoff­preise; diese Entwicklung, die weltweit vonstattengegangen ist, hat uns alle getroffen.

Österreich ist bei all diesen Herausforderungen ja nicht abgekoppelt von der Weltwirtschaft, von der Welt insgesamt. Weder tödliche Viren noch die Folgen eines brutalen Angriffskrieges auf einen europäischen Nachbarn machen vor Österreich Halt.

Natürlich erleben wir aufgrund dieser Krisen auch eine Eintrübung der Konjunktur insgesamt. Die Gründe dafür wurden heute schon diskutiert, sie sind natürlich vielfältig. Es gibt zum einen eine allgemeine Schwächung der Weltwirtschaft (Zwischenruf der Abg. Meinl-Reisinger), und zum anderen sind es natürlich wirtschaftliche Unsicherheiten, die aufgekommen sind, was auch zu einer Zurückhaltung bei Investitionen führt.

Das bedeutet auch, dass wir in Österreich natürlich diese allgemeine Schwäche der Weltwirtschaft spüren. Unser wichtigster Handelspartner Deutschland zeigt ja auch, wie wir das dann schlussendlich spüren werden. Dennoch und vor allem weil wir in diesen Jahren der Krisen schon immer abgewogen haben, aus meiner Sicht klug gehandelt haben - - Jetzt wird es gleich einen Aufschrei geben, darauf warte ich. – Nein, nicht einmal. Entweder es hört niemand zu oder es finden alle, dass wir klug gehandelt haben, wunderbar. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das Zweitere freut mich sehr. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Weil wir die Maßnahmen eben so gesetzt haben, sind gewisse Schreckenss­zenarien, die von manchen prophezeit worden sind, auch nicht eingetreten. Wir sind weder in eine tiefe Rezession geschlittert, noch gibt es die befürchtete Massenarbeitslosigkeit – ganz im Gegenteil: Die Arbeitslosigkeit ist stark zurück­gegangen. Wir haben momentan eine der höchsten Beschäftigungsraten in ganz Europa. Die Wirtschaft wächst – bescheiden, ja, das ist richtig, aber sie wächst doch. Die Arbeitslosigkeit ist auf einem niedrigen Stand, das habe ich gesagt. Das war zuletzt vor zehn Jahren der Fall. In Deutschland wird mit einem Rückgang des BIP gerechnet, wir haben ein knappes Plus. – Nur damit man die Wahrheit auch einmal darstellt. (Abg. Herr: Drittschlechteste Performance in der Eurozone!)

Und jetzt komme ich wieder zu den Fakten zurück (Abg. Erasim – erheitert –: Zurück, ja!): Die Österreicherinnen und Österreicher haben - - (Abg. Herr: Drittschlechteste Performance in der Eurozone!) – Zurück, weil Sie jetzt gerade die Fakten leider etwas auslassen, auch in Ihren Zwischenrufen. – Die Öster­reicherinnen und Österreicher haben nach wie vor eines der höchsten verfügbaren Haushaltseinkommen in Europa. (Abg. Herr: Weil die Gewerkschaften gut verhandeln!) Das ist eigentlich auch das Entscheidende: die Kaufkraft zu steigern, die realen Haushaltseinkommen hochzuhalten.

Da macht uns beispielsweise der Vergleich mit den aktuellen OECD-Daten sicher – jetzt kann man über alle Daten diskutieren, aber die OECD ist halt einmal da und ich hoffe, Sie akzeptieren das auch –, die aktuellen Daten zeigen, dass die verfügbaren Haushaltseinkommen in Österreich auch im ersten Quartal 2023, nicht nur 2022, um 2,3 Prozent gestiegen sind. (Abg. Wurm: Die Inflation steigt dramatisch mit!)

Der Herr Bundeskanzler hat es erwähnt: In Spanien gingen diese letztes Jahr um 6 Prozent zurück, jetzt gehen sie immer noch zurück, sind weit unter dem österreichischen Niveau. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wurm.) Es gibt kein Land auf dieser Welt – und da muss man auch bei den Fakten bleiben –, das eine niedrige Inflation, ein hohes reales Haushaltseinkommen, eine hohe Kaufkraft und vielleicht sogar noch ein ausgeglichenes Budget hat. Das gibt es nicht auf der Welt, sehr geehrte Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Ruf bei der FPÖ: Die Schweiz existiert nicht!)

Was uns aber natürlich insgesamt zu schaffen macht – und deswegen diskutieren wir heute ja auch –, ist die hohe Inflation. Wir sind im letzten Jahr leicht unter dem europäischen Schnitt gelegen, jetzt liegen wir leicht über dem europäischen Schnitt. Auch da würde sich die Darstellung der Fakten, glaube ich, rentieren. Es ist uns gelungen – Gott sei Dank, auch mit Unterstützung der Maßnahmen –, die Inflation im Verlauf des Jahres nach unten zu drücken, von über 11 Prozent seit Jahresbeginn auf jetzt 7 Prozent. – Das ist zu hoch, überhaupt keine Frage. Darum werden wir auch heute wieder Maßnahmen präsentieren, die diese Inflation weiter dämpfen werden. Es ist gelungen: Das ist der niedrigste Wert seit März 2022, Gott sei Dank. Das bestätigt den prognostizierten Rückgang bis Jahresende. Der Höhepunkt der Inflation ist Gott sei Dank seit über einem halben Jahr überschritten.

Aktuell – und das ist auch immer wichtig, ich habe vorhin Deutschland, unseren wichtigsten Handelspartner, angesprochen – geht die Schere zu Deutschland zurück, die geht zusammen. Wir liegen jetzt noch um ungefähr 0,5 Prozent über Deutschland. Ich bin wirklich überzeugt, dass es mit den bestehenden Maßnahmen, die wir großteils fortschreiben, die wir auch verbessern werden, und besonders mit den neuen Maßnahmen gelingen wird, die Inflation weiter zu senken – aber auf der anderen Seite eben auch, und das eine geht nicht ohne das andere, die Kaufkraft der Menschen weiter hoch zu halten. Das ist uns ein Anliegen und daran werden wir weiter arbeiten.

Herr Abgeordneter Krainer, der jetzt leider nicht da ist (Abg. Krainer winkt) – ah, da hinten ist er, danke –, und mittlerweile jeder auf der Welt, in der Republik, ist ein Meritorderexperte. Das ist eigentlich schon interessant. Ich kann Ihnen nur das sagen, was der Herr Bundeskanzler vorhin gesagt hat: Wir wollten auf europäischer Ebene schon die richtigen Maßnahmen, was die Deckelung der Energiepreise betrifft, vorantreiben. Das wurde leider von der Sozialdemokratie verhindert – nicht von Ihnen, aber aus Deutschland ganz stark. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Das ist, glaube ich, schon ein wichtiger Punkt, den man auf europäischer Ebene lösen kann.

Die Spanier konnten es gemeinsam mit den Portugiesen machen, weil sie auf der Iberischen Halbinsel sind und dort diese Iberian Exception entsprechende Wirkung gezeigt hat. Der Rest wäre natürlich – jetzt bin ich wieder bei Populis­mus versus sinnvoll – nicht wirklich sinnvoll gewesen. (Zwischenruf der Abg. Herr.) Da würde ich mir wirklich von der Sozialdemokratie auf europäischer Ebene etwas mehr Unterstützung wünschen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten der Grünen. – Abg. Michael Hammer: Das sind Fakten, mit denen können sie nicht umgehen!)

Über diese zusätzlichen und neuen Maßnahmen wird heute intensiv diskutiert, sie wurden bereits vorgestellt: Entlastungen im Wohnbereich, Entlastungen, was die Gebührensituation betrifft. Wir haben als Bund auch heuer wieder, wie bereits im Vorjahr, die Gebührenbremse gezogen, also bei Baubewilligungen, Kfz-Zulassungen, Führerscheinen, Reisepässen und so weiter werden die Gebühren nicht angepasst, sondern auf dem Niveau des letzten Jahres gehalten. (Zwischenruf bei den NEOS.) Damit eben die Gemeinden ähnliche Schritte auf den Weg bringen können, werden wir diese 150 Millionen Euro zur Verfü­gung stellen, damit dann schlussendlich keine finanziellen Einbußen ent­stehen.

Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben auf internationaler Ebene, neben der OECD, gute Nachrichten erhalten. Wir haben erst vor wenigen Tagen von der Ratingagentur Fitch den Ausblick bekommen. Es ist schon interessant, dort vielleicht etwas genauer hinzuschauen, warum der Ausblick positiv ist und warum der Ausblick für Österreich wieder nach oben gegangen ist. Das hat mit abnehmenden Risken zu tun. Gerade was beispiels­weise die Energieversorgung betrifft, wurde anerkannt und hervorge­hoben, dass die Maßnahmen der Bundesregierung – wie beispielsweise die strategische Gasreserve, die zunehmende Diversifizierung bei den Ressourcen im Gasbereich, aber auch andere Maßnahmen – dazu beigetragen haben, dass der Ausblick für Österreich sehr, sehr positiv ist und nach oben geht. Das sind, glaube ich, gute Nachrichten, die wir heute diskutieren und verkünden können.

Dieses stabile Rating ist ja wichtig– jetzt wird es vielleicht zu technisch –, weil sich die Republik auf den Kapitalmärkten zu halbwegs günstigen Konditionen Geld ausleihen muss (Abg. Wurm: Muss!) und kann, und da helfen uns dieses Rating und diese Maßnahmen, die dazu geführt haben, dass wir diesen guten Ausblick haben, natürlich sehr.

In den kommenden Wochen werden wir weitere Maßnahmen setzen. Wir werden natürlich auch das dritte Drittel der Abschaffung der kalten Progression umsetzen. Damit werden wir weitere kaufkraftstärkende Maßnahmen setzen, eben im Zusammenhang mit der Abschaffung der kalten Progression. (Zwischen­ruf des Abg. Deimek.) – Herr Abgeordneter, die ist übrigens zu 100 Prozent abgeschafft, nicht zu zwei Dritteln, sondern zu 100 Prozent; zwei Drittel auto­ma­tisch und ein Drittel so, dass wir eben genau in Zeiten wie diesen dafür beneidet werden. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Deimek.) Gott sei Dank haben wir das gemacht, denn wir werden von Deutschland übrigens beneidet, von meinem Kollegen und Ihrem Kollegen Christian Lindner, dass wir es in Öster­reich genau so gemacht haben, wie wir es gemacht haben. (Abg. Meinl-Reisinger: Ja, weil es angenehm ist! Dann ist man beliebt! – Zwischenruf des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff.)

Mit dieser Abschaffung der kalten Progression – nur damit man eine Größenord­nung zur Hand hat – werden die Menschen in Österreich im kommenden Jahr 2024 um 3,6 Milliarden Euro entlastet. 3,6 Milliarden Euro (Zwischenruf des Abg. Deimek), das ist extrem viel Geld, und das ist eine automatische Entlastung, die im Jahr 2024 Gott sei Dank alle Menschen in Österreich noch einmal spüren werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Deimek: ... rechtes Tascherl, linkes Tascherl ...!)

Neben diesen Maßnahmen, die wir setzen – und darum geht es –, müssen wir auch in die Strukturen reingehen, und die Abschaffung der kalten Progression ist genau solch eine strukturelle Reform, die wir angegangen sind, indem wir für besonders betroffene Gruppen strukturelle Reformen geschaffen haben, damit den Menschen schlussendlich langfristig mehr Geld zum Leben bleibt. (Präsi­dent Hofer gibt das Glockenzeichen.) – Ich komme zum Schluss.

Jetzt habe ich noch gar nicht von der Steuerreform gesprochen, die natürlich den Menschen am Schluss mehr übrig lässt – Herr Präsident, das darf ich noch kurz erwähnen –, weil die Tarifstufen auch auf Dauer gesenkt worden sind. (Zwischenruf des Abg. Deimek.)

Sie sehen also, die österreichische Bundesregierung stemmt sich mit aller Kraft und mit voller Kraft gegen die Auswirkungen der Inflation. Das heute präsentierte Paket wirkt inflationsdämpfend auf der einen Seite, entlastet die Menschen auf der anderen Seite und – das ist auch wichtig – stärkt weiter die Kaufkraft der österreichischen Haushalte. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

14.09

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Herr Bundesminister Mag. Dr. Martin Kocher.

Nur zur Erklärung: Die 10 Minuten gelten in diesem Fall auch für die Mitglieder der Bundesregierung. – Bitte, Herr Bundesminister.