14.41

Abgeordnete Mag. Selma Yildirim (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Werte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Herr Bundes­kanzler! Ich bin etwas erstaunt, denn ich gehe davon aus, dass Sie tagtäglich die Zeitungen lesen. Wenn ich heute die Bundesländerzeitung aus meinem Bundesland aufschlage und lese, dass zwei Drittel der Menschen in Österreich stark von der Teuerung, von der Inflation belastet werden, und Sie sich aufgrund Ihrer Maßnahmen, die Sie gesetzt haben, die so effektiv sein sollen, beweihräuchern, dann frage ich mich: Bin ich im falschen Film? Wo sind wir denn? Seit zweieinhalb Stunden sprechen Sie davon, was Sie Tolles leisten, und Tatsache ist, dass Sie den Takt, den die SPÖ, den Takt, den die Oppositions­parteien vorgeben, einfach nachspringen (Abg. Hörl: Na geh!), manchmal langsamer, manchmal in kleinen Schritten, und dann zögerlich ankündigen, etwas umzusetzen. Schaut man aber genauer hin, merkt man: Ankündigung und wenig dahinter. (Beifall bei der SPÖ.)

40 Milliarden Euro an direkten Förderungen, um die Kaufkraft künstlich am Leben zu erhalten – damit brüsten Sie sich? Ich frage mich wirklich: Warum nicht strukturelle Maßnahmen – Sie haben strukturelle Maßnahmen erwähnt – für jene, die es in diesem Land schwer haben, die aber die Hauptlast dieser Republik tragen? Bei jenen mit kleinen Einkommen, ob sie in der Pension sind oder im aktiven Erwerbsleben mehr oder weniger kleingehalten werden, sollten diese strukturellen Maßnahmen ziehen – und nicht, wie Sie es erwähnt haben, die kalte Progression.

Diese ist sehr gut, aber sie ist sozial so ungerecht gestaltet, dass sie höhere Einkommen nominell stärker entlastet als kleinere Einkommen. Es ist vielleicht prozentual bemerkbar, aber nominell, betraglich (Abg. Obernosterer: Das versteht jetzt aber kein Mensch mehr!) ist es im Vergleich zu den exorbitanten Teuerungen im Energiebereich, im Bereich der Mieten einfach kaum spürbar. Deswegen machen Sie diese Direktförderungen, aber das bringt in Wahrheit nichts, wenn zwei Drittel der Bevölkerung in diesem Land sagen: Ich habe Sorge, im nächsten Winter normal zu heizen!, oder wenn die Leute spüren, dass sie im Vergleich zum Vorjahr oder zu den Vorjahren im Schnitt 500 Euro mehr im Supermarkt ausgeben.

Wissen Sie, was mich am meisten ärgert? – Dass Sie, wenn wir sagen: Mehrwert­steuer auf die Grundnahrungsmittel zumindest für ein paar Jahre aussetzen!, dann mit dem Begriff Gießkannenprinzip gegen die Opposition, gegen unsere Modelle wettern. Tatsächlich wäre eine Herabsetzung der Mehrwertsteuer auf die Grundnahrungsmittelpreise eine Maßnahme nach dem Gießkannen­prinzip, aber diese Form des Gießkannenprinzips würde die kleineren Einkom­men stärker entlasten, weil die Mehrwertsteuer eine fixe Zahl und nicht progressiv ist. Wer mehr verdient, zahlt ja nicht mehr Mehrwertsteuer, also würde das wirklich die Geringverdiener:innen entlasten. Das fordern wir ein.

Sie müssen sich eingestehen, dass Sie es nicht schaffen, für die vielen, für die Mehrheit in diesem Land Politik zu machen. Es profitieren, wenn man sich das anschaut, leider immer noch Günstlinge, immer noch die Großspender, und das nachhaltig. – Das geht nicht.

Zu den Banken: Natürlich haben wir alle, die kleinen Sparerinnen und Sparer, die Banken bei jeder Krise mit unseren Steuergeldern gerettet. (Abg. Gerstl: Der Klassiker! – Abg. Hörl: Die Bawag! – Abg. Schmuckenschlager: Die Bawag habts nicht gerettet!) Ich erwarte mir, dass, wenn nach vielen, vielen Jahren die Leit­zinsen angehoben werden, das die Pensionist:innen, die hart von ihrer Pension oder aus ihrem Erwerbsleben gespart haben, zu spüren bekommen. Diese Frauen und Männer müssen höhere Zinserträge bekommen – nicht so wie es tatsächlich ist, dass die Banken zwar die Überziehungszinsen oder die Kreditzinsen ganz automatisch angehoben, aber auf die Sparerinnen und Sparer vergessen haben.

Ich erwarte mir ein Zinsregulierungsgesetz, das man auch sozial gestalten kann, indem man sagt, dass es auf die kleinen Sparbeträge, ob das jetzt 20 000 oder 30 000 Euro sind, höhere Zinsen gibt (Abg. Kickl: Na servas, Sie leben in einer Welt!), so wie es auch andere Länder machen. – So geht Sozialpolitik und so geht Politik für die Mehrheit und nicht für die Minderheit der Privilegierten. (Abg. Michael Hammer: Marxismus, oder?) Das erwarten wir uns. (Beifall bei der SPÖ.)

14.45

Präsidentin Doris Bures: Herr Abgeordneter Johann Singer. – Sie haben das Wort.