11.57

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (Grüne): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Ich habe jetzt die Ehre, diese Aktuelle Europastunde abzuschließen. Das Thema dieser Europastunde war ja der Vergleich von Österreich mit anderen europäischen Staaten, wenn es um den Kampf gegen die Teuerung geht.

Vorneweg möchte ich feststellen: Hat die österreichische Bundesregierung alles richtig gemacht? – Keineswegs. Muss sich die österreichische Bundesregierung aufgrund ihrer Antiteuerungspolitik verstecken? – Mit Sicherheit auch nicht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Vergleiche sind wichtig, um sich selber zu verorten. Wenn man einmal über den Tellerrand schaut, dann kann man sich sicher auch etwas Gutes bei den anderen abschauen. Es gibt aber halt auch Vergleiche, die hinken.

Was mich sehr verwundert: Ich habe vor zehn Tagen, wie sicher viele von Ihnen, die Sendung „Hohes Haus“ gesehen. Da ist ja unter anderem Klubobmann Philip Kucher zu Gast gewesen, und da hat es mich ganz kurz gerissen, denn normalerweise kennt man das ja von den NEOS oder insbesondere von Kollegen Loacker, der meint, die Schweiz ist das gelobte Land. Jetzt steigt aber auch die Sozialdemokratie in diesen Kanon ein, und tatsächlich haben Sie, Herr Klubobmann, gesagt, dass die Schweiz ein Vorbild in Sachen leistbares Leben und Wohnen sei.

Zur Schweiz: Es ist ja sehr oft so, dass das Gras am anderen Ufer grüner ist, zumindest so erscheint, als am eigenen Ufer. Lassen Sie sich aber von jemandem, der am einen Rheinufer wohnt, sagen, dass in der Schweiz nichts günstig und leistbar ist! Deshalb habe ich mir gedacht, ich bringe ein paar Beispiele mit, um einmal zu überprüfen, wie belastbar die Aussagen von Kollegen Kucher sind.

Ein kurzer Reminder: Der Franken ist ja mittlerweile teurer als der Euro.

So (einen Ausdruck mit einem Bild von Cocktailtomaten und der Aufschrift „3,98 / + 66 %“ in die Höhe haltend), da hätten wir zum Beispiel die Cocktailtomaten. Die sind von der M-Budget-Linie. Die kennen Sie sicher, die ist das Pendant zu S-Budget. „3,98“ kommt Ihnen sicher teuer vor. Das liegt daran: Wenn Sie bei uns zum Billa gehen würden, würden Sie 2,49 Euro zahlen. Das sind also 66 Prozent mehr.

Ich habe eben nachgeschaut, was das faschierte Rindfleisch (einen Ausdruck mit einem Bild einer Fleischtasse voll Faschiertem und der Aufschrift „22,- / + 56 %“ in die Höhe haltend) im Coop kostet. Es sind dort 22 Franken pro Kilo. (Abg. Loacker: ... kein Fleisch essen!) Beim Interspar kostet das konventionell hergestellte, nicht biologische Rindfleisch 14,64 Euro. In der Schweiz sind es um 56 Prozent mehr.

Schauen wir noch schnell, wie es um die Mobilität bestellt ist – nicht, dass man uns Grünen da etwas vorwirft –: Der Benzinpreis (einen Ausdruck mit einem Bild einer Tankuhr, die einen leeren Tank anzeigt, und der Aufschrift „2,02 / + 24%“ in die Höhe haltend) liegt in der Schweiz bei 2,02 Euro, in Österreich derzeit bei 1,70 Euro. Das ist ein Unterschied von 24 Prozent. (Abg. Erasim: Und wie ist dort das Durchschnittseinkommen?) Ist vielleicht der öffentliche Verkehr günst­iger? Schauen wir das auch noch nach! (Abg. Belakowitsch: ... in der Schweiz?! – Abg. Erasim: Wie ist in der Schweiz das Durchschnittseinkommen?) – Nein (einen Ausdruck mit einem Bild eines Klimatickets im Scheckkartenformat und der Aufschrift „3.850,- / + 266 %“ in die Höhe haltend), das Klimaticket kostet bei uns leistbare 1 095 Euro, das Generalabonnement – das ist das Pendant in der Schweiz – kommt auf 3 850 Euro, also fast das Vierfache. (Beifall bei den Grünen.)

Nun könnten Sie sagen: Na, Sie haben ja Wohnen und Mieten ausgenommen (einen Ausdruck mit einem Bild eines zweistöckigen Hauses und eines Schlüssels und der Aufschrift „26,90 / + 207 %“ in die Höhe haltend). Auch das habe ich für Sie nachgeschaut. Wenn Sie in Zürich mieten wollen, können Sie das – in einem bestehenden Vertrag, nicht in der Neuvermietung – um günstige 26,90 Franken. Das ist fast das Dreifache des Durchschnittsmietpreises in Wien. (Abg. Erasim: Ja, dank toller, großartiger sozialdemokratischer Wohnungspolitik!)

So, und was kann man da meiner Meinung nach feststellen? Ist das Ahnungslosigkeit? – Nein, das glaube ich nicht. (Abg. Erasim: Unglaublich!) Es ist eben das Ergebnis davon, dass Fakten Überschriften weichen müssen, damit billige Punkte gemacht werden können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.) Das Schlimme daran ist: Es führt zwangsläufig dazu, dass Sie Versprechen machen, die Sie nicht halten können, und dass es dabei vor allem einen Gewinner gibt – das ist die extreme Rechte. (Zwischenruf des Abg. Wurm. – Heiterkeit der Abgeordneten Wurm und Belakowitsch.) Wenn ihr so weitermacht, dann bereitet ihr den Boden für den wütenden Mann (geradeaus Richtung FPÖ weisend), der normalerweise da vorne sitzt. Er wird bei den Wahlen ernten, was ihr sät. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Erasim: Was ihr sät!)

Dazu passt leider auch – und das möchte ich bei der Aktuellen Europastunde schon gesagt haben – die zweifelhafte Haltung eures Parteichefs zur Europäischen Union. Wir haben die Worte alle noch im Kopf: „das aggressivste außenpolitische militärische Bündnis, das es je gegeben hat“. Wenn ich das so sagen darf: Dies ist das gedankenloseste, unsinnigste und zugleich peinlichste innenpolitische Statement des Jahres. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der ÖVP sowie des Abg. Hoyos-Trauttmansdorff.) Ja, wir haben eure Beteuerung gehört, ihr habt das alles nicht so gemeint. Ich kann es nur leider nicht glauben. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.) Das liegt auch daran, dass Sie diese heutige Europastunde und somit auch die Chance kapern, dass wir hier im Hohen Haus darüber reden können, wie wir Europa ökologischer, solidarischer - -

Präsidentin Doris Bures: Sie müssen nun den Schlusssatz formulieren, bitte. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Abgeordnete Mag. Nina Tomaselli (fortsetzend): - - und moderner gestalten. Warum? – Weil Ihnen innenpolitische Spielchen wichtiger sind. Der wütende Mann da vorne (geradeaus Richtung FPÖ weisend) wird es euch danken. Denkt einmal darüber nach! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenrufe der Abgeordneten Wurm und Belakowitsch. – Abg. Erasim: Das war die peinlichste Rede, die ich je gehört habe! ...! Redets ihr nie mit Leuten? Seids ihr nie in der Bevölkerung unterwegs? Gehts ihr nicht einkaufen?)

12.03

Präsidentin Doris Bures: Es ist nun dazu niemand mehr zu Wort gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.