14.31
Präsidentin des Rechnungshofes Dr. Margit Kraker: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Finanzminister! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Es ist Aufgabe des Rechnungshofes, jährlich den Bundesrechnungsabschluss vorzulegen. Wir setzen auch Prüfungshandlungen nach § 9 Rechnungshofgesetz. Wir haben den Abschluss für das Jahr 2022 am 29. Juni dieses Jahres vorgelegt. In der Vorwoche gab es eine Beratung im Budgetausschuss dazu. Ich erlaube mir jetzt dennoch – obwohl wir das im Ausschuss schon detailliert besprochen haben –, Ihnen und dem Plenum kurz die wesentlichen Haushaltsergebnisse darzulegen, sie hier zu wiederholen.
Wie Sie schon gehört haben, stand das Jahr 2022 noch immer im Zeichen der Covid-19-Hilfsmaßnahmen. Es wurden in diesem Jahr insgesamt 9,277 Milliarden Euro aus dem Krisenbewältigungsfonds ausgezahlt. Dazu kamen Entlastungsmaßnahmen des Bundes hinsichtlich Teuerungsausgleich in der Höhe von 4,5 Milliarden Euro für die Bürgerinnen und Bürger.
Der Bundeshaushalt verzeichnete im Jahr 2022 das dritte Jahr in Folge ein hohes Defizit. Die finanzielle Lage des Bundes stellt sich wie folgt dar: Das Nettoergebnis für das Jahr 2022 wies mit minus 12,744 Milliarden Euro einen hohen negativen Betrag auf. Die Gesamtaufwendungen im Vorjahr betrugen 106,46 Milliarden Euro. Der Nettofinanzierungssaldo lag bei minus 20,7 Milliarden Euro. Dem Vermögen von 121,8 Milliarden Euro standen zum Jahresende Fremdmittel von 327,455 Milliarden Euro gegenüber. Das ergibt ein negatives Nettovermögen des Bundes von minus 205,6 Milliarden Euro, das sich im Vergleich zu 2021 um 12 Milliarden Euro verschlechterte.
Die bereinigten Finanzschulden des Bundes – das habe ich schon gesagt – betrugen insgesamt 270,89 Milliarden Euro beziehungsweise 60,5 Prozent des BIPs. Sie waren damit um 17,3 Milliarden Euro höher als im Jahr 2021. Die Haushaltsrücklagen erreichten mit 21,2 Milliarden Euro den höchsten Wert seit Einführung der Haushaltsrechtsreform.
Was der Voranschlagsvergleich zeigt, ist, dass der Vollzug des Bundeshaushaltes sowohl im Finanzierungs- als auch im Ergebnishaushalt eine Verbesserung brachte. Konjunkturbedingt stiegen vor dem Hintergrund des Wirtschaftswachstums von 5 Prozent und der höheren Preise durch die Inflation, also insbesondere durch höhere Steuereinnahmen, die Erträge deutlich auf plus 7,948 Milliarden Euro. Krisenbedingt nahmen allerdings auch die Aufwendungen weiter zu: plus 1,047 Milliarden Euro. Zur Erhöhung trugen der Klimabonus, Abgeltungen an die Verkehrsverbünde für das Klimaticket, Kostenersätze für die Durchführung von Covid-19-Tests, Abgeltungen an die Energieversorger für den Energiekostenausgleich sowie Maßnahmen aus dem nationalen Aufbau- und Resilienzplan bei.
Gesamtstaatlich hat Österreich im letzten Jahr ein öffentliches Defizit von minus 3,2 Prozent des BIPs erzielt. Der gesamtstaatliche Schuldenstand stieg auf 350,7 Milliarden Euro. Die Schuldenquote sank aufgrund des hohen BIP-Wachstums auf 78,4 Prozent, liegt aber deutlich vom Maastrichtziel von 60 Prozent des BIPs entfernt.
Ich habe schon beim vorigen Punkt gesagt, dass wir diesmal im Rahmen des Bundesrechnungsabschlusses einen eigenen Schuldenbericht herausgegeben haben. Da sieht man unter anderem, dass die Maßnahmen für die Krisenbewältigung in den letzten Jahren überwiegend vom Bund getragen wurden. Während der Bundessektor gesamtstaatlich ein Minus erzielte, verzeichneten die Landes- und Gemeindeebenen ein Plus.
Sehr geehrte Damen und Herren, es wurde viel über die Inflation gesprochen. Sie erreichte im letzten Jahr mit 8,6 Prozent ein Niveau, das zum letzten Mal 1974 zu verzeichnen war. Damit einhergehend wurden seither auch die Zinsen wieder kontinuierlich angehoben. Mit steigenden Zinsen erhöhen sich naturgemäß auch die Kosten für künftige Finanzschulden. Hervorheben will ich aber auch, dass der Arbeitsmarkt im Jahr 2022 zunächst robust blieb und die Wirtschaft um die besagten 5 Prozent wuchs.
Diese Faktoren beeinflussen aber die jährlichen Staatshaushalte beträchtlich. Die Wirtschaftsforschung betont, dass die zukünftige konjunkturelle Entwicklung von hohen Unsicherheiten geprägt ist, insbesondere aufgrund der Inflation, des Krieges in der Ukraine, der Energiekrise und des damit einhergehenden stagnierenden Wachstums. Daraus folgt nach Auffassung des Rechnungshofes, dass zur Bewältigung der budgetpolitischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Herausforderungen sowie zur Erreichung der Klimaziele nachhaltige Strategien in allen Politikbereichen gefordert sind. Ein solches Bekenntnis ist notwendig, um den Staatshaushalt umsichtig durch die Unwägbarkeiten der Zukunft zu lenken. Kurz gesagt: Es geht um eine nachhaltige Budgetpolitik für die nächsten Generationen.
Natürlich ist es auch für den Rechnungshof unbestritten, dass es in der Krise Handlungsbedarf gibt und dass man betroffene Bereiche und betroffene Bevölkerungsgruppen unterstützen muss. Es gibt aber aus den Covid-Hilfen bereits viele Lessons learned. Staatliche Unterstützungen müssen aus Sicht des Rechnungshofes stets zielgerichtet und bedarfsgerecht eingesetzt werden, damit sie wirksam sind.
Damit die öffentlichen Haushalte planbarer werden, meinen wir auch, dass man zukünftig wieder stärker auf den Stellenwert des Bundesfinanzrahmens abstellen sollte und eigentlich das Bundeshaushaltsrecht so reformieren müsste, dass mehrjährige Krisenbudgets nachvollziehbar und transparent abgewickelt werden können. Daraus gewinnen wir Klarheit über die Kosten von Krisen. So können wir auch Mitnahmeeffekte in den öffentlichen Strukturen vermeiden.
Das Thema der transparenten Darstellung der finanziellen Lage des Bundes stand auch im Zentrum der Prüfung zum Bundesrechnungsabschluss. Zur Stärkung der Transparenz haben wir etwa empfohlen, Studien, Gutachten und Umfragen in der Verrechnung geeignet zu kennzeichnen, dass man bei Übernahme neuer Aufgaben auch frühzeitig auf die korrekte Bilanzierung achtet und dass man sich verstärkt mit dem Ansatz, dem Ausweis und der Bewertung von Vermögenswerten, sehr geehrter Herr Staatssekretär, die im Rahmen von Digitalisierungsprojekten geschaffen werden, befasst.
Ich bedanke mich an dieser Stelle für die inhaltliche Befassung mit dem Bundesrechnungsabschluss, für die Debatte im Ausschuss und für die Debatte hier im Hohen Haus. – Danke schön. (Beifall bei ÖVP und Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ, FPÖ und NEOS.)
14.39
Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt nun Mag. Karin Greiner. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.