17.20
Abgeordneter Michael Bernhard (NEOS): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Finanzminister! Geschätzte Frau Ministerin! Ich möchte gerne einen Schritt zurückgehen, weil wir in der Debatte heute viele Ereignisse nicht ausreichend berücksichtigen, und die sind schon ein Stück weit auch Ursache für das Thema, das wir heute mit der Cofag haben.
Als wir damals im März zusammengekommen sind und das Epidemiegesetz außer Kraft gesetzt haben, haben damals alle Fraktionen dafür gestimmt; Herr Minister, Sie haben das mehrfach angesprochen. Das waren die Freiheitlichen, die NEOS, die SPÖ sowie die Regierungsfraktionen. Aber: Die Ursache dafür, dass wir damals zugestimmt haben, waren Gespräche im Vorfeld dieser Abstimmung mit den Regierungsspitzen, die uns allen versichert haben, wir brauchen einen nationalen Schulterschluss, wir müssen gemeinsam einer Gefahr, die wir noch nicht genau kennen, begegnen und es wird ganz bestimmt eine adäquate Alternative für Unternehmerinnen und Unternehmer geben, damit diese, wenn es zu Schließungen kommt – und das war damals ja absehbar –, nicht auf ihren Kosten sitzen bleiben.
Warum führen wir heute die Debatte? – Weil Sie dieses Vertrauen, das Sie damals von allen Oppositionsparteien eingefordert haben, zu Recht eingefordert haben – es war eine Situation, die keiner zuvor jemals gekannt hat –, massiv missbraucht haben. Wir sind hier zusammengekommen, wir haben hier in diesem Vertrauen abgestimmt, und als wir rausgegangen sind – damals noch aus der Hofburg –, konnten wir bereits auf orf.at lesen, dass der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz das Gegenteil von dem kommuniziert hat, was er den Abgeordneten vorher gesagt hat. Das ist der erste Bruch des Vertrauens gewesen, gleich zu Beginn der Pandemie. Das war dann auch der Grund, warum man später überhaupt eine Cofag gebraucht hat. Die wirklich schändliche Art, wie Sie dieses Vertrauen missbraucht haben, werden wir nicht vergessen. Das ist auch die Ursache, warum wir Ihnen in den Jahren danach nicht mehr vertrauen konnten, bei keiner einzigen Zusage, die Sie getätigt haben. (Beifall bei den NEOS.)
Herr Finanzminister, Sie waren damals noch nicht im Amt, aber man muss schon sagen: Die Prozesse, die dann aufgesetzt worden sind, waren wirklich extrem technokratisch. Wenn man aus der Perspektive eines Unternehmers oder einer Unternehmerin darauf schaut: Es gab vor der Pandemie funktionierende Prozesse. Man hat als Unternehmer als Ansprechpartner seinen Steuerberater oder seine Steuerberaterin, die sich in allen wesentlichen Fragen von der Sozialversicherung bis zum Finanzamt mit den entsprechenden Ansprechpartnern auskennen, die einem zur Seite stehen, wenn man Fragen hat, die man selbst nicht beantworten kann.
Dieses System hat immer funktioniert. Es ist daher extrem naheliegend, dass man, wenn wir als Staat Betriebe schließen und wenn wir dann auch entsprechende Hilfszahlungen leisten müssen, weil ja der Staat die Schließungen vorgenommen oder Betretungsverbote ausgesprochen hat, dann auf ein solches System zugreift, dass ein Steuerberater, der das Vertrauen des Unternehmers, der Unternehmerin hat, auf jene Personen auf staatlicher Seite, bei den Behörden zugreifen kann und sagen kann: Wir haben folgende Situation. – Man kennt alle Daten des Betriebs, alle Ansprechpartner kennen einander und können gemeinsam eine schwierige Situation lösen.
Sie haben dieses Verhältnis zwischen den unterschiedlichen Ebenen komplett zerstört, indem Sie die Cofag etabliert haben, indem Sie komplett neue Richtlinien zur Verfügung gestellt haben, mit komplett neuen Ansprechpartnern, auf eine von den Anfangsphasen bis heute sehr intransparente Art und Weise, und haben dadurch Unternehmerinnen und Unternehmer von einem Steuerzahler zu einem Bittsteller gemacht. Sie haben es geschafft, dass man nicht mehr dorthin gehen und sagen konnte: Wir haben diese oder jene Situation, der Staat hat eine Verantwortung, weil er ein Betretungsverbot ausgesprochen hat oder eine Schließung angeordnet hat. Sie haben mit der Cofag eine Realität geschaffen, in der Unternehmerinnen und Unternehmer hoffen mussten – nach Monaten! –, dass sie Geld bekommen. Zahlreiche Betriebe – das dürfen Sie nicht vergessen – haben sich nach Monaten des Wartens an verschiedenste Abgeordnete der verschiedensten Fraktionen gewendet, weil es eben nicht funktioniert hat.
Die Cofag war schlechter, als es bei den Finanzämtern zu belassen. Sie haben Unternehmerinnen und Unternehmer über zweieinhalb Jahre zu Bittstellern gemacht und – Kollege Loacker hat es vorhin auch schon gesagt – Sie haben immer das Signal ausgesendet: Für jedes Problem gibt es irgendwann eine Förderung, aber du musst brav bitten und du musst am besten noch drei E-Mails schreiben! – Das ist nicht unser Verständnis von Staat und das ist nicht unser Verständnis von Wirtschaften. (Beifall bei den NEOS.)
In diesem Drama, das ÖVP und Grüne gemeinsam mit der Cofag bewerkstelligt haben – wo man wirklich viele Demütigungen erlebt hat, man nicht gewusst hat, ob das Geld rechtzeitig am Konto ist, um Rechnungen zu bezahlen, was vielen Menschen, die Unternehmerinnen und Unternehmer sind, schlaflose Nächte gebracht hat –, kommt dann die Sozialdemokratie und pickt sich von all denen, die dann doch noch eine Förderung gekriegt haben, Einzelne heraus und greift die Unternehmerinnen und Unternehmer wieder an. Die Sozialdemokratie kann, weil ihr eben leider die Wirtschaftskompetenz ganz, ganz stark fehlt, auch nicht zwischen einem Weltkonzern und einem Franchisenehmer unterscheiden.
Ein Franchisenehmer hat ein Unternehmen, hat ein, zwei, drei Standorte und hat dort Mitarbeiter beschäftigt. Es ist vollkommen egal, wie viel Geld McDonald’s beispielsweise in einem Land oder in Europa verdient, das hat überhaupt nichts mit den Einkünften und den Ausgaben eines Franchisenehmers, einer Franchisenehmerin zu tun. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Loacker – in Richtung SPÖ deutend –: Denen musst du Franchise erklären!)
Wir müssen wirklich darauf achten: Wir haben jetzt jahrelang eine Kultur etabliert, in der es keine klaren Zuständigkeiten gibt, in der es keine klaren Verantwortlichkeiten gibt, in der es keine Rechtssicherheit gibt, ob man jetzt Geld kriegt oder nicht. Darauf folgten dann Angriffe auf das Unternehmertum an sich, weil eh alle Großverdiener sind, alle den roten Sportwagen haben, alle in Reichtum leben. Das sind Hunderttausende Menschen, die genauso arbeitende Menschen sind wie alle anderen, die angestellt sind. Hier diese permanenten Angriffe im Nationalrat zu fliegen, Julia Herr, ist wirklich, wirklich alles andere als legitim. (Abg. Herr: Wir haben die Cofag-Richtlinien kritisiert!)
Wir müssen gemeinsam schauen, dass wir wirklich in eine neue Phase kommen, und das in einer Rezession, dass wir wieder Optimismus schaffen, dass wir nicht darüber nachdenken, was alles nicht geht, sondern schauen, was in Zukunft möglich ist, dass Unternehmerinnen und Unternehmer stolz sind, einen Beitrag leisten zu können, und nicht geschlagen werden wie die letzten Hunde in unserer Republik.
Weder von der linken Seite noch von Bundesregierungsseite her sollten weitere Angriffe kommen. Wir sollten gemeinsam nach vorne schauen. Da braucht es auch einen Schulterschluss, damit man wirklich wieder das Unternehmertum fördert, denn das ist der Wohlstand von morgen und das ist auch die Umverteilung, die Sie (in Richtung SPÖ) gerne wollen. Wohlstand schaffen Sie nur durch Optimismus und nicht dadurch, dass Sie immer weiter auf die Unternehmerinnen und Unternehmer draufprügeln. – Danke schön. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Ottenschläger: Der Schluss war gut!)
17.26
Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Katharina Kucharowits. – Bitte.