19.27

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft Mag. Norbert Totschnig, MSc: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Damen und Herren auf den Zuschauerplätzen! Die Bäuerinnen und Bauern in Österreich produzieren qualitativ hochwertige Lebensmittel, und gleichzeitig erbringen sie eine Vielzahl an Leistungen für unser Land und für unsere Menschen, wie zum Beispiel die Pflege der unverzichtbaren und wunderschönen Kulturlandschaft. Dafür gilt unseren Bäuerinnen und Bauern großer Dank und Anerkennung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Die Ergebnisse des Grünen Berichtes 2022 zeigen ein Bild eines absoluten Ausnahmejahres. Warum? – Der Angriffskrieg Russlands in der Ukraine, die Blockade der Schwarzmeerhäfen der Ukraine, die praktisch dazu geführt hat, dass die von Lebensmittelimporten abhängigen Staaten im Nahen Osten und in Afrika keine Lebensmittel mehr erhalten haben, führten zu massiven Marktverwerfungen und Marktstörungen. In Europa und in Österreich sind damals auch diese Marktverwerfungen, das Thema Lebensmittelversorgungssicherheit und auch die Stabilität auf den Agrarmärkten wieder in den Fokus gerückt.

Unsere heimischen Bäuerinnen und Bauern hatten im Frühjahr 2022 einerseits mit explodierenden Betriebsmittelkosten zu rechnen. Insgesamt musste eine Kostensteigerung von über 1 Milliarde Euro gestemmt werden. Andererseits gab es darauf folgend ab Sommer 2022 starke Steigerungen bei den Erzeugerpreisen, ausgelöst durch einen Nachfrageüberhang auf den Weltmärkten.

Die Lebensmittelversorgungssicherheit hierzulande trotzt all diesen Krisen. Das ist aber keine Selbstverständlichkeit, sondern das verdanken wir den Akteuren entlang der Wertschöpfungskette, insbesondere unseren Bäuerinnen und Bauern. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.) Die Entwicklung der land- und forstwirtschaftlichen Einkommen im Jahr 2022 ist im Kontext der vergangenen Jahre zu betrachten, damit eine objektive Bewertung des Ausnahmejahres 2022 möglich ist. So gab es im Zeitraum 2011 bis 2021 vier Jahre mit einer positiven Einkommensentwicklung, fünfmal gab es eine negative Einkommensentwicklung und zweimal mehr oder weniger Nulllohnrunden.

Zusätzlich – das ist der zweite Aspekt – muss man beachten, dass auf den stark volatilen Agrarmärkten starke Preissteigerungen dazu führen, dass im Folgejahr die Preise wieder sehr schnell und deutlich zurückgehen – natürlich mit Konsequenzen für die Einnahmen der Bäuerinnen und Bauern. Genau dieses Phänomen der Preisschwankungen beobachten wir seit Ende vergangenen Jahres. Heuer sind die Erzeugerpreise stark gesunken, leider sind die Produktionskosten annähernd gleich hoch geblieben wie im vergangenen Jahr. Vor diesem Hintergrund der Marktdynamik sind die folgenden Ergebnisse des Grünen Berichtes 2022 zu bewerten.

Auf Basis der Buchführung von 1 936 Testbetrieben betrugen die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2022 45 757 Euro. Das bedeutet eine Steigerung im Vergleich zum Vorjahr von 42 Prozent.

Die Testbetriebe bewirtschafteten im Durchschnitt eine landwirtschaftliche Nutzfläche von 30,6 Hektar und hatten durchschnittlich 1,4 betriebliche Arbeitskräfte.

Die Betriebe haben in den Bilanzen ein Eigenkapital von durchschnittlich 520 000 Euro und mit 13,1 Prozent einen sehr geringen Verschuldungsgrad. Was bedeutet das? – Das bedeutet, dass unsere Betriebe sehr sparsam, sehr nachhaltig wirtschaften und finanziell sehr solide aufgestellt sind. Wir sind da im europäischen Vergleich sehr gut unterwegs, und das hat natürlich auch damit zu tun, dass die Betriebsübergaben bei uns von den Rahmenbedingungen her sehr gut gestaltet werden. Wenn wir da beispielsweise Dänemark zum Vergleich hernehmen: Dort ist der Verschuldungsgrad wesentlich höher, weil die Nachfolger ihre Betriebe sozusagen kaufen müssen.

Das Ergebnis 2022 brachte ein kurzfristiges Aufatmen für unsere Betriebe, allerdings gibt es keinen Grund für Euphorie. Wenn wir die Einkünfte vergleichen beziehungsweise in einen Stundenlohn umrechnen, so würde dieser ungefähr 16 Euro brutto betragen; zum Vergleich: Unselbstständige erhalten ein Bruttogehalt von 24 Euro. Inflationsbereinigt – wir haben das schon gehört – bedeutet das Ergebnis 2022, dass es dem Ergebnis des Jahres 2011 gleichkommt, das heißt, wir haben eine lange Phase der Stagnation hinter uns, und man muss diese Einkommenssteigerung des letzten Jahres einfach auch in dieser Relation betrachten.

Was war positiv für die Einkommenssteigerung? – Natürlich die gestiegenen Preise und Erträge – die besseren Erträge – im Bereich Getreide sowie gestiegene Preise im Bereich der Milchviehhaltung, der Rinderhaltung und auch in der Schweinehaltung. Im Bereich der Forstwirtschaft gab es einen erhöhten Einschlag, das hat – trotz sinkender Holzerlöse – auch einen Beitrag geleistet.

Natürlich haben auch die Entlastungsmaßnahmen dafür gesorgt, dass es eine positive Auswirkung auf die Einkünfte gegeben hat. Die Entlastungsmaßnahmen im Frühjahr waren notwendig, weil damit sichergestellt wurde, dass angebaut wird, dass Dünger gekauft wird und dass Tiere eingestellt werden, und damit wurde letztendlich sichergestellt, dass die Versorgung gesichert wurde.

Negativ zu Buche schlugen im Vorjahr deutlich gestiegene Aufwendungen natürlich bei der Energie, bei den Düngemitteln, höhere Aufwendungen in der Tierhaltung, insbesondere bei Futtermittel- und Tierzukäufen, sowie natürlich auch die höheren Abschreibungen bei Maschinen und Geräten.

Auch der agrarische Außenhandel entwickelte sich 2022 positiv und verzeichnet eine annähernd ausgeglichene Bilanz. Wenn wir da die letzten zehn Jahre anschauen, sehen wir, dass die Exporte wertmäßig von 9,1 Milliarden Euro auf 16,1 Milliarden Euro gesteigert werden konnten und sich auch die Importe entsprechend entwickelt haben, aber am Ende muss man sagen – und das möchte ich betonen –, dass der agrarische Außenhandel für den Gesamtaußenhandel Österreichs eine große Bedeutung hat. Beim Export macht er 8,3 Prozent aus, bei den Importen 7,5 Prozent.

Warum betone ich das? – Weil wir es mit unserer vergleichsweise kleinstrukturierten Landwirtschaft und mit unseren Wirtschaftsunternehmen, den Genossenschaften, trotzdem schaffen, uns auf den europäischen Märkten, auf den internationalen Märkten positiv zu positionieren. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Rössler.)

Wie ist der Ausblick 2030? – Ich habe es schon angesprochen: Wir haben sinkende Erzeugerpreise bei Milch, Weizen und Holz und anhaltend hohe Betriebskosten. Damit erwarten wir natürlich einen Rückgang der Einkünfte im heurigen Jahr.

Zusätzlich hinterlässt der Klimawandel seine Spuren. Die Wetterveränderungen führen zu teils großen Schäden im Wald – ich habe es vorhin bei der Debatte zum Forstgesetz angesprochen –, aber auch in der Landwirtschaft, und damit ist natürlich eine Verringerung der Einkünfte zu erwarten.

Umso mehr ist es unser Ziel, mit Blick auf den Selbstversorgungsgrad bei tierischen und pflanzlichen Erzeugnissen die Versorgung mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln zu sichern und weiter auszubauen. Österreich hat eine sehr nachhaltig und umweltgerecht produzierende Landwirtschaft. Die Maßnahmen zur Erhöhung der Umweltwirkung in der Agrarpolitik wurden 2023 deutlich ausgebaut, zum Beispiel durch die Einführung der Ökoregelungen. Rund 80 Prozent der bäuerlichen Familienbetriebe nehmen an Maßnahmen des Agrarumweltprogrammes Öpul teil.

Frau Kollegin Feichtinger, es ist in der Landwirtschaft so: Das Umweltprogramm hat zur Folge, dass Mehraufwendungen auf der Fläche natürlich abgegolten werden. Mehr Fläche heißt höhere Aufwendungen, und das bedeutet am Ende auch, dass der Bauer natürlich mehr Ausgleichszahlungen braucht, ansonsten würden sich die Bauern – ökonomisch gesehen – natürlich nicht an den Maßnahmen beteiligen. Das heißt, das hat natürlich eine Logik, damit eine flächendeckende umweltgerechte Landwirtschaft sichergestellt wird.

Darüber hinaus gibt es natürlich Mechanismen, um eine gerechtere Verteilung zu erreichen, zum Beispiel degressive Zahlungen im Öpul. Im Bereich der Bergbauernförderung gibt es gestaffelte Förderungen: Für die ersten Hektar wird mehr bezahlt, und – Kollege Clemens Stammler hat es angesprochen – es gibt – neu eingeführt – eine Umverteilungszahlung, die einen besseren Ausgleich schaffen soll. Das heißt, es wird hier auch aktiv in Richtung der kleineren Unternehmen gesteuert.

52 Prozent der Maßnahmen in der jetzigen Gemeinsamen Agrarpolitik leisten einen Beitrag zur Erreichung der Klimaziele, und damit ist Österreich – wir sind es jetzt schon! – eines der klimafreundlichsten, nein, das Land mit der klimafreundlichsten Landwirtschaft in Europa und auch weltweit.

Die Bauernfamilien stellen mittlerweile circa 210 000 Hektar für Biodiversitätsflächen zur Verfügung, das sind 50 000 Hektar mehr als im vergangenen Jahr. Fast 28 Prozent der Nutzfläche wird biologisch bewirtschaftet – dieser Anteil steigt jährlich. Wir werden da die Ziele, die wir uns gesetzt haben, erreichen! Auf fast 10 Prozent der Staatsfläche wird nach wie vor Almwirtschaft betrieben.

Gemäß Animal Protection Index, Kollege Keck, liegen wir mit der Schweiz, mit Dänemark, mit Schweden, mit den Niederlanden und mit Großbritannien beim Tierwohl an der Spitze. Wir haben diesbezüglich sehr viel getan, wir investieren auch sehr viel, und wir werden diesen Weg konsequent weiter fortsetzen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Das alles ist nur möglich, weil wir in Österreich konsequent auf einen ökosozialen Weg in der Agrarpolitik setzen, weil wir konsequent die verfügbaren Instrumente der Gemeinsamen Agrarpolitik umsetzen und diesen Weg weiter fortsetzen. – Vielen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Voglauer.)

19.38

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Gerald Hauser. – Nun bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Hauser – auf dem Weg zum Redner:innenpult –: Zweiter Anlauf!)