18.10

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frauen Ministerinnen! Frau Staatssekretärin! Herr Kickl, Neutralität, Sicherheit, die Heimat schützen: Das war heute Inhalt Ihrer Rede, der dringlichen Sit­zung, die Sie für heute beantragt haben. Über Ihr Verständnis von einer österrei­chischen Sicherheitspolitik wollen Sie mit uns heute diskutieren. Tun wir das!

Beantworten wir aber zuerst vielleicht ein paar grundsätzliche Fragen! Meinen Sie es wirklich gut mit der österreichischen Sicherheitspolitik? Sind Sie über­haupt glaubwürdig in dem, was Sie hier sagen (Abg. Wurm: Zweimal ja!), und was ist Ihre eigentliche, Ihre versteckte Agenda? Darüber würde ich gerne mit Ihnen reden. Aber Step by Step!

Sie treten heute ans Rednerpult – ich habe Ihnen sehr genau zugehört – und sagen, nur wer die Neutralität verteidigt, schützt Österreich. Wir alle hier wissen, Sie alle wissen, egal, wie man zur Neutralität steht: Das ist falsch, das ist ein Blödsinn. (Beifall bei den NEOS.)

Egal, wie man zur Neutralität steht: Geschützt wird Österreich durch seine Mitgliedschaft in der Europäischen Union. (Abg. Kickl: War das vorher auch schon so?) Jeder von Ihnen weiß: Allein ist Österreich schutzlos in dieser Welt (Abg. Kickl: War das vorher auch schon so?); und jeder von uns weiß: Wer schutzlos ist, ist Tyrannen und Diktatoren ausgeliefert. In der Ukraine sehen wir, was mit Ländern passiert, die Tyrannen und Diktatoren ausgeliefert sind: Die werden brutal überfallen, geplündert und beraubt. Die Mitgliedschaft in der EU ist also der Schutzschirm für Österreichs Sicherheit. Das ist erwiesen. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Kickl: Wie war das vorher? Wie war das vorher?)

Jetzt gibt es in Europa Kräfte, die teils im Verborgenen operieren, die ihr wahres Gesicht nicht zeigen. Die wollen Europa zerlegen, rückabwickeln, zerstören. Wissen Sie, sehr geehrte Damen und Herren, wer diese Kräfte sind, wo die sit­zen? – Die sitzen auch in unserem Parlament, die sitzen hier, einer sitzt in der ersten Reihe. (Abg. Kassegger: Mannomann!) Sie, Herr Kickl, gehören zu die­sen Kräften, die Europa zerstören wollen. Das ist Ihr eigentliches Endziel. Sie wollen den Öxit, Sie wollen den Austritt Österreichs aus der Europäischen Union. Sie verschleiern das aber und geben es vor den Wählerinnen und Wählern nicht zu (Abg. Schnedlitz: Da klatschen nicht einmal die Eigenen!), weil Sie wissen, dass die es nicht so toll finden, dass Österreich hinaus aus der Europäischen Union soll. (Abg. Kickl: Ich glaube, das will niemand, aber Sie wollen Österreich auflösen in der Europäischen Union!) – Herr Kickl, bleiben Sie ein bisschen ruhig! Ich würde Ihnen gern drei Zitate bringen, um das zu unter­mauern.

FPÖ-Wien-Chef Dominik Nepp – Zitat –: Wir müssen überdenken, ob wir in die­ser EU bleiben.

FPÖ-EU-Delegationsleiter Harald Vilimsky – Zitat –: „Es war ein fataler Fehler, Teil dieser EU zu werden.“ Jetzt kommt’s: „Wir kommen nur dann einen Schritt nach vorne, wenn wir wieder einen zurückgehen“, also den Öxit durchführen.

Herbert Kickl, in der „Tiroler Tageszeitung“ – da haben Sie sich ganz lange gewunden, das wollten Sie zuerst nicht beantworten, da wollten Sie ausweichen – sagen Sie – Zitat –: Natürlich ist ein EU-Austritt denkbar! (Abg. Kickl: Natürlich ist das denkbar!) – Sie wollen hinaus aus der Europäischen Union, Sie wollen den Öxit und Österreich damit schwächen. (Beifall bei den NEOS.)

Herr Kickl, Sie wollen Österreich schützen, indem Sie Europa spalten. Das ist verrückt. Wer Österreich liebt, zündelt nicht mit einem Öxit, aber Sie tun es. (Beifall bei den NEOS. – Abg. Kickl: Und Sie wollen Denkverbote! Sie wollen Denkverbote! Die liberale Partei fordert Denkverbote!) – Nein, Herr Kickl, wir wollen gar keine Denkverbote, sondern wir wollen offenlegen, was Sie eigentlich mit Österreich vorhaben.

Jetzt fragt man sich zu Recht: Warum verschleiert die FPÖ diese Agenda? Warum sagen Sie einmal dies und dann das? Warum eiern Sie herum? – Sie tun das, weil Sie wissen, dass die große Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher einen Öxit zu Recht furchtbar fände. Sie müssen also Ihre Agenda verstecken, damit Sie zuerst gewählt werden, um sie dann umzusetzen. (Abg. Kickl: Das klingt ein bisschen nach Verschwörungstheorie!) – Nein, das ist keine Verschwörungstheorie. (Abg. Kickl: Doch! Doch!) In dieses Eck gehören eher Sie.

Außerdem kommt noch etwas anderes dazu: Teile dieser Europazerstörer in den europäischen Staaten werden direkt aus Putins Kassa finanziert. Das ist bewiesen, das ist ein Fakt. Putins Ziel ist es – auch das wissen wir –, Europa von innen zu zerstören. Perfide ist, wer glaubt, er würde dafür in den europäi­schen Parlamenten Verbündete finden.

Sie, Herr Kickl, machen aber dabei mit. Unter dem Deckmantel der Neutralität sind Sie Putins Lobbyist, um erstens seinen Angriff auf die Ukraine zu verteidigen – was ist denn daran eigentlich neutral? (Abg. Kickl: Sie haben auch nicht zugehört!) – und um zweitens dann seinen Plan zu vollstrecken und gemeinsam mit den Le Pens, mit den Salvinis, mit den Weidels die EU von innen zu zerstören.

Herr Kickl, ich wiederhole es noch einmal: Sie wollen Österreich schützen, indem Sie Europa spalten. Dagegen werden wir erbitterten Widerstand leisten. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Zuseherinnen und Zuseher, aber vor allem sehr geehrter Herr Klubobmann Herbert Kickl, Sie müssen erkennen, was wir einem geeinten Europa zu verdanken haben.

Der Zauber Europas: Ich würde es so beschreiben. Ich will Ihnen beschreiben, was ich meine. (Zwischenruf bei der FPÖ.) – Jetzt rasten Sie nicht wieder aus! Hören Sie einfach kurz zu! – Ich habe diesen Zauber Europas das erste Mal gespürt, als ich 15 Jahre alt war. (Abg. Wurm: Ich auch, Yannick! Yannick, ich auch! Das war aber vor der EU!) – Nein, das war nicht vor der EU. Hören Sie jetzt ganz kurz zu! – Also ich habe ihn das erste Mal gespürt, als ich 15 Jahre alt war. Unsere Schule hat damals an einem Projekt teilgenommen, das Model European Parliament heißt. Das ist eine echt tolle Sache. Da kommen junge Menschen, Schülerinnen und Schüler, aus allen europäischen Mit­gliedstaaten in einem Mitgliedstaat zusammen – damals war das in Estland, in Tallinn –, und da wird das Europäische Parlament simuliert. Das ist by the way auch eine super Form der politischen Bildung. Das hat etwas Magisches gehabt, wenn junge Leute zusammenkommen, die für Europa brennen. Da habe ich das erste Mal gespürt, welche Kraft in einem vereinten Europa liegt.

Ich werde nie vergessen, was meine Oma damals zu mir gesagt hat. Diese Reise war natürlich aufregend, und wir haben damals darüber geredet. Sie ist sehr emotional geworden und hat darüber geredet: Als sie 15 war, war der mörderi­sche Zweite Weltkrieg erst fünf Jahre her, Österreich ist in seinen Trüm­mern gelegen, und dass ich, meine Schwester, die jungen Menschen diese Mög­lichkeiten haben, die wir jetzt haben, ist etwas Wunderschönes, hat sie da­mals gesagt.

Die jungen Menschen wissen, was ihnen Europa bringt, Herr Kickl. Ich war 15, als ich das erste Mal den Geist der Europäischen Union verstanden habe. Sie, Herr Kickl, sind 55, und ich habe das Gefühl, Sie haben immer noch nicht gecheckt, worum es in Europa geht. Es geht nämlich in Europa – und das ist der Kern – darum, Frieden in Europa zu sichern. Und das gibt es nur gemeinsam, Herr Kickl. (Beifall bei den NEOS und bei Abgeordneten der Grünen.)

Diesen Frieden wollen Sie uns, der europäischen Jugend, wegnehmen. Ich wie­derhole noch einmal: Dagegen werden wir erbitterten Widerstand leisten, das werden wir nicht zulassen. Wir lassen uns nicht von Ihnen und von Ihrer versteckten Agenda unsere Sicherheit nehmen. Wir werden kämpfen und das Erreichen Ihres Endziels, der Zerstörung der Europäischen Union, ver­hindern. (Beifall bei den NEOS sowie des Abg. Zorba.)

18.17

Präsidentin Doris Bures: Nun gelangt Herr Abgeordneter Wolfgang Gerstl zu Wort. – Bitte.