12.14
Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man sich die Reden der Abgeordneten der Regierungsparteien zum Budget anschaut, dann fragt man sich: Mit wem reden Sie eigentlich? In welcher Realität leben Sie eigentlich? Ich habe ein bisschen mitgeschrieben, unter anderem beim Herrn Finanzminister, der jetzt nicht mehr da ist. Da ist die Rede davon, dass der Wohlstand erhalten wird. – Es stellt sich die Frage, wessen Wohlstand erhalten wird. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Obernosterer.)
Er sagt, das Budget sorgt dafür, dass sich Leistung lohnt. – Was verstehen Sie unter Leistung? Wessen Leistung lohnt sich? Sie meinen mit Leisten meistens gut verdienen, aber in unserer Gesellschaft ist es so, dass viele, die gar nicht gut verdienen, sehr, sehr viel leisten. Ich denke zum Beispiel an den Pflegebereich. (Beifall bei der SPÖ.)
Der Herr Finanzminister hat uns dargelegt, dass die Kaufkraft steigen würde. Wessen Kaufkraft steigt? Wenn Sie mit den Leuten reden, hören Sie dann, dass die Leute sagen: Ich kann mir jetzt mehr leisten als früher!? – Ich höre ganz genau das Gegenteil. (Abg. Hanger: Lesen Sie den Bericht des Budgetdienstes!) Die Leute können sich weniger leisten als früher. (Ruf bei der ÖVP: ... Leseverweigerung! – Abg. Krainer: Theoretiker!)
Der Herr Finanzminister hat damit geschlossen, dass das Budget ein guter Grund sei, optimistisch in die Zukunft zu schauen. Wer hat Grund, optimistisch in die Zukunft zu schauen? Mit wem reden Sie? Was hören Sie? Ich werde Ihnen sagen, mit wem ich rede und was ich höre. Ich führe immer wieder Gespräche mit Leuten, die einander fragen: Heizt du eigentlich schon oder versuchst du es auch möglichst lange hinauszuzögern? Es gibt viele Leute, die das Heizen hinauszögern. Die sitzen mit dem Thermophor oder mit Pullover und Thermophor unter der Decke. Die machen das nicht, um uns sparen zu helfen und um uns zu helfen, unsere Gasreserven zu erhalten, die machen das, weil sie jetzt schon monatlich oder zweimonatlich hohe Raten zahlen und weil sie große Sorge davor haben, was bei der Jahresabrechnung herauskommen wird. (Abg. Hanger: Wien Energie!)
Ich denke, solche Gespräche werden Sie doch auch führen. Haben Sie nicht in Ihrer Umgebung auch Leute, wie zum Beispiel die zwei jungen Leute, durchaus gut qualifiziert, die es sich nicht mehr leisten können, aufgrund der gestiegenen Miet- und Energiekosten ihre Wohnung selber zu erhalten, eine andere Wohnung suchen müssen oder darauf angewiesen sind, dass die Eltern, die sich auch in einer angespannteren Situation befinden, ihnen unter die Arme greifen, wenn sie es sich leisten können? Was machen die, die keine solchen Eltern haben?
Beobachten Sie im Supermarkt nicht zunehmend Leute, die Sonderangebote einsammeln? Schauen Sie einmal in die Einkaufswagerl, schauen Sie einmal dorthin, wo die reduzierten ablaufenden Waren sind! Dort staut es sich. (Abg. Eßl: Sind die schlecht?) Das werden auch Sie in Ihrem Supermarkt beobachten können. Erzählen Ihnen die Leute nicht, dass sie zu lange auf Arzttermine warten müssen und deswegen das Geld zusammenkratzen, um zu einem Wahlarzt zu gehen, um zum Beispiel für das Kind rechtzeitig eine notwendige Behandlung zu bekommen?
Diejenigen, die es geschafft haben, sich in den letzten Jahren ein bisschen Geld anzusparen, sich ein bisschen Sparguthaben zu schaffen, die sehen, dass das Geld wegschmilzt – einerseits dadurch, dass sie darauf zugreifen müssen, und andererseits weil die Inflation ihnen die Kraft des Sparguthabens wegschmelzen lässt. Das sind die realen Situationen. (Beifall bei der SPÖ.)
Sie nehmen viel Geld in die Hand, das stimmt. Sie nehmen viel Geld in die Hand, aber Sie lösen die Probleme der Leute, der Bevölkerung in unserem Land nicht. Es sind zwei Probleme. Das eine Problem ist: Wer zahlt dafür? – Das ist die breite Bevölkerung, und nicht jeder nach seinen Möglichkeiten. Offen bleibt die Frage, wer mit Optimismus in die Zukunft schauen kann. – Sehr wenige können mit Optimismus in die Zukunft schauen, sage ich Ihnen. (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: ... an der Realität vorbei!)
12.19
Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Johann Singer. – Bitte.