13.37

Abgeordneter Michael Seemayer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Frau Abgeordnete Graf, da haben Sie recht, die Erhöhung des Arbeitslosengeldes löst nicht das Problem der Arbeitslosigkeit, aber da geht es um die Frage des menschenwürdigen Überbrückens eines arbeitslosen Zustandes (Abg. Tanja Graf: Qualifizierung ist auch menschenwürdig!), und davon sind wir jetzt, mit einer Nettoersatzrate von 55 Prozent, weit entfernt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte aber die Gelegenheit noch nutzen, um auf eine besonders prekäre Situation einer Gruppe von jungen Menschen hinzuweisen. Es sind dies Jugendliche, die eine Lehre in überbetrieblichen Ausbildungsstätten absolvieren. Da ist es nämlich so, dass junge Menschen eine Lehre genauso wie andere Jugendliche machen, aber dafür kein Lehrlingseinkommen erhalten. Sie bekommen lediglich eine Ausbildungsbeihilfe in der Höhe der DLU, der Beihilfe zur Deckung des Lebensunterhaltes, obwohl sie betrieblichen Lehrlingen eigentlich gleichgestellt sind.

Das sind derzeit im ersten und im zweiten Lehrjahr – da gibt es keinen Unterschied – rund 372 Euro und im dritten und vierten Lehrjahr rund 860 Euro. Das bedeutet, dass diese Jugendlichen oft nicht einmal die Hälfte des Einkommens ihrer Kolleginnen und Kollegen, die in Betrieben eine Lehre machen können, pro Monat zur Verfügung haben.

Wenn man dann die ohnehin niedrigen Beträge, so wie es jetzt im Budget nämlich vorgesehen ist, nicht einmal im Ausmaß der Inflation erhöht, führt das dazu, dass jene, die vom ersten ins zweite Lehrjahr kommen, real weniger verdienen als ein Jahr davor. Kolleginnen und Kollegen, das ist absurd. So geht man mit jungen Leistungsträger:innen in Österreich nicht um. (Beifall bei der SPÖ.)

Wenn man sich das vorliegende Budget ansieht, wird man feststellen, dass darin keine Mittel zur Beseitigung dieser Ungerechtigkeit vorgesehen sind. Die massive Unterbezahlung kann dazu führen, dass junge Menschen sich die Lehre nämlich nicht mehr leisten können, die Ausbildung eventuell abbrechen und dann als Hilfskräfte ins Erwerbsleben starten müssen.

Damit verzichten wir nicht nur auf qualifizierte junge Menschen, sondern wir verbauen ihnen auch einen sicheren und erfolgreichen Start ins Arbeitsleben.

Ich darf daher folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Kolleginnen und Kollegen betreffend „kollektivvertragliches Lehrlingseinkommen für Lehrlinge in den überbetrieblichen Lehrwerkstätten“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zu übermitteln, mit der die Lehrlinge in den überbetrieblichen Lehrwerkstätten anstatt der Ausbildungsbeihilfe, gleichermaßen wie Lehrlinge in den Betrieben, ein kollektivvertragliches Lehrlingseinkommen erhalten und als Aufsichtsministerium auf eine Anpassung der relevanten Richtlinien des AMS hinzuwirken.“

*****

Ich ersuche um breite Zustimmung im Sinne unserer jungen Menschen, die sich das mehr als verdient haben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

13.40

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Josef Muchitsch, Michael Seemayer,

Genossinnen und Genossen

betreffend kollektivvertragliches Lehrlingseinkommen für Lehrlinge in den überbetrieblichen Lehrwerkstätten

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Budgetausschusses über die Regierungsvorlage (2178 d.B.): Bundesgesetz über die Bewilligung des Bundesvoranschlages für das Jahr 2024 (Bundesfinanzgesetz 2024 – BFG 2024) samt Anlagen (2300 d.B.) UG 20

Obwohl die Auszubildenden in den überbetrieblichen Ausbildungen den betrieblichen Lehrlingen gleichgestellt sind, erhalten sie kein Lehrlingseinkommen, sondern eine Ausbildungsbeihilfe in Höhe der DLU (Deckung des Lebensunterhalts):

−          erstes und zweites Lehrjahr: 372,60 Euro

−          drittes und viertes Lehrjahr gebührt die DLU für Erwachsene in Höhe: 860,70 Euro

Geld ist ein wichtiger Motivator für die Jugendlichen, um eine Ausbildung zu beginnen. Außerdem darf die Lücke zwischen Lehrlingen nicht zu massiv ausfallen. 

Die Lehrlingseinkommen bei den heurigen Kollektivvertragsabschlüssen haben sich heuer besonders gut entwickelt, z.B.:

−          erstes Lehrjahr Metallgewerbe: 800,00 Euro

−          erstes Lehrjahr Handel: 800,00 Euro

Die logische Konsequenz der niedrigen Ausbildungsbeihilfen wird sein, dass viele Jugendliche keine Lehre mehr abschließen. Das können sie sich nicht mehr leisten. Stattdessen werden sie Aushilfsjobs annehmen, in denen sie kurzfristig mindestens dreimal so viel verdienen.

2019 wurde unter der schwarz-blauen Bundesregierung den volljährigen Lehrlingen in der ÜBA die Ausbildungsbeihilfe im ersten und zweiten Lehrjahr von 753 Euro auf 325 Euro monatlich gekürzt. Damit haben viele die Lehrlinge über die Hälfte ihres ohnehin schon bescheidenen Einkommens verloren. Wenn man sich dann auch noch vor Augen hält, dass die Armutsgefährdungsschwelle (60 Prozent des Medianeinkommens) 1.371 Euro monatlich für einen Ein-Personen-Haushalt (12-mal im Jahr) beträgt, bedeutet das, dass die volljährigen Lehrlinge gerade mal ein Viertel davon erhalten.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend eine Regierungsvorlage zu übermitteln, mit der die Lehrlinge in den überbetrieblichen Lehrwerkstätten anstatt der Ausbildungsbeihilfe, gleichermaßen wie Lehrlinge in den Betrieben, ein kollektivvertragliches Lehrlingseinkommen erhalten und als Aufsichtsministerium auf eine Anpassung der relevanten Richtlinien des AMS hinzuwirken.“

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Andreas Minnich. – Bitte, Herr Abgeordneter.