14.13

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Regie­rungsmitglieder! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie es Ihnen jetzt allen gegangen ist; die Debatte war ja heute deutlich emotionaler als in den letzten Wochen. Wir sind mitten in einer großen Krise und hören natürlich alle – Sie bekom­men das jeden Tag mit – Zahlen, die so unfassbar sind, dass man sie kaum in Worte fassen kann: Es gibt fast eine Million Menschen, die in Kurzarbeit sind. Es gibt 600 000 Menschen, die arbeitslos sind.

Wenn man versucht, diese Zahlen, so unfassbar sie sind, zu begreifen und in Worte zu fassen, merkt man: Da geht es immer um einzelne Schicksale, da geht es konkret um Menschen. Da geht es etwa um die alleinerziehende Mutter, die jetzt arbeitslos geworden ist, die zu Hause sitzt, vielleicht versucht, mit den Kindern die Hausaufgaben zu machen, der es selbst nicht gut geht, die selbst nicht optimistisch ist und nicht weiß, wie es weitergehen wird, aber trotzdem versucht, ihren Kindern Optimismus zu vermitteln. Es ist, glaube ich, unsere gemeinsame Aufgabe, die Aufgabe von uns allen, quer durch alle Parteien, zu versuchen, diese Schicksale, von denen wir hier sprechen, diese Schicksale von Menschen, die uns anrufen, die uns schreiben, auch wirklich hierher ins Parlament zu tragen.

Es ist auch unsere Aufgabe, durchaus kritische Kommentare abzugeben. Ich glaube, der Herr Bundeskanzler ist da wahrscheinlich lockerer. – (In Richtung Bundeskanzler Kurz:) Sebastian, du wirst ja selbst wahrscheinlich auch der Überzeugung sein, dass August Wöginger dir viel, viel besser erklären kann, wie super du bist. – Das ist ja nicht die Aufgabe der Opposition. (Zwischenbemerkung von Bundeskanzler Kurz.) Das ist ja diese Aufgabenverteilung, die wir haben. Es geht darum, dass wir Ideen im Parlament einbringen und dass wir auch Kritik üben. Nur zu sagen, wie toll alle sind, ist ja nicht die Aufgabe einer Oppositionspartei – auch in einer Krise nicht. (Beifall bei der SPÖ.)

Es gibt eben Dinge, die in Österreich gut funktionieren, bei denen wir sozusagen dran­bleiben müssen; und dann gibt es Dinge, die nicht funktionieren – für mich persönlich gehört dazu der Bereich Pflegeheime. Man muss persönlich dazuplärren, wenn man sieht, dass es ältere Menschen gibt, die ihre Angehörigen gerne wiedersehen möchten. Man müsste doch eigentlich miteinander eine österreichweite Lösung zustande bringen, damit nicht jedes Pflegeheim in Österreich eine eigene Expertenarbeitsgruppe einsetzt oder Epidemiologen anstellt. Man müsste versuchen, gemeinsam zu über­legen, wie wir den Schutz der älteren Menschen zustande bringen können. Das sind doch Dinge, die wir zentral machen müssten! – Das ist ein Punkt, den wir ansprechen.

Was wir als SPÖ natürlich immer wollen, ist, dass nicht nur etwas für die großen Konzerne gemacht wird, sondern auch für die Kleinen, für den einzelnen Arbeitnehmer. Wir wollen, dass niemand zurückbleibt, dass man Menschen, die jetzt arbeitslos sind, sagt: Wir lassen euch nicht im Stich! – Die Kosten bleiben ja, daher wollen wir, dass das Arbeitslosengeld angehoben wird.

Ich glaube, es ist wichtig, all diese Dinge auch in der Krise anzusprechen. Jeder von uns hat diese Aufgabe, die Stimme all jener Menschen zu sein, denen es nicht gut geht. Vor allem sollten wir alle etwas daraus lernen und die Menschen nicht vergessen, die uns durch diese Krise begleitet haben und tagtäglich für uns da waren.

Pamela Rendi-Wagner hat es heute schon angesprochen: Was eben nicht sein darf, ist, dass jetzt die ersten Ideen dahin gehend, die Konsumsteuern anzuheben, im Raum stehen. All die Menschen, denen wir alle jetzt noch applaudiert haben, Danke gesagt haben – die Verkäuferin, die Leute in den Krankenhäusern, die Ärztinnen und Ärzte, der Buschauffeur –, sollen dann plötzlich tagtäglich beim Einkauf, wenn sie Milch, Semmeln, Brot, Butter kaufen, mehr Steuern zahlen?! – Das sind doch Dinge, die nicht sein können! Das ist dieser Beitrag, den wir leisten: Wir wollen eine faire Verteilung des Geldes und eine faire Beteiligung aller in Österreich. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich darf also abschließend folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Pamela Rendi-Wagner, MSc, Kolleginnen und Kollegen betref­fend „Gerechtigkeit und Solidarität in der Corona Krise“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert – im Rahmen des parlamentarischen Budget­prozesses – ein Gesetzespaket zur Abfederung der sozialen und finanziellen Folgen der Coronakrise mit folgenden Inhalten vorzulegen:

1. Eine unbefristete Solidaritätsabgabe für Millionäre.

2. Eine befristete Solidaritätsabgabe für große Onlinekonzerne (wie z.B.: Amazon) im Ausmaß von 10% des Jahresumsatzes, die von der Krise sogar profitieren.

3. Eine gesetzliche Regelung – wie auch von Dänemark angekündigt – wonach Firmen, die in großem Umfang Steuern in Österreich umgehen oder ihre Gewinne in oder über Steueroasen versteuern, keinen Anspruch auf Geld aus dem Nothilfe- bzw. Härtefonds erhalten.

4. Ein gesetzliches Verbot von Dividendenzahlungen und Managerboni für Unter­neh­men, die Staatshilfe bekommen.

Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert sich auf europäischer Ebene für die sofortige Einführung einer umfassenden Finanztransaktionssteuer nach dem ursprüng­lichen Kommissionsmodell – das auch hochspekulative Transkationen erfasst – einzu­setzen.“

*****

Ich musste das leider so in dieser Form verlesen. Es geht um einen fairen Beitrag, vor allem auch von Menschen mit Millionenvermögen, von großen Onlinekonzernen, die jetzt sogar Geschäfte machen. Während die kleinen Geschäfte, jene in Klagenfurt zum Beispiel, zusperren mussten, hat Amazon Millionen- und Milliardengewinne gemacht. Das geht nicht, die müssen einen fairen Beitrag leisten. Dafür kämpfen wir als SPÖ zum Beispiel. Ich bitte um Unterstützung dafür! (Beifall bei der SPÖ.)

14.18

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Pamela Rendi-Wagner

Genossinnen und Genossen

betreffend Gerechtigkeit und Solidarität in der Corona Krise

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 1 Erklärung des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers gemäß § 19 Abs. 2 GOG-NR zur aktuellen Situation

Begründung

Die Coronakrise wird ein riesiges Budgetdefizit in den Staatshaushalt reißen. Der internationale Währungsfonds geht mittlerweile von einem Wirtschaftseinbruch in Österreich von 7% im Jahr 2020 aus. Der Fiskalrat rechnet alleine für heuer mit einem Budgetdefizit von rund 20 Milliarden Euro. Innerhalb von wenigen Wochen haben etwa 200.000 Menschen in Österreich ihre Arbeit verloren, weil die Regierung zu zögerlich bei den sozialen und wirtschaftspolitischen Abfederungsmaßnahmen agiert hat.

Die Krise hat der Gesellschaft deutlich vor Augen geführt, wer die echten Leis­tungsträgerinnen und Leistungsträger in Österreich sind. Es sind u.a. die Pflegekräfte, es sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Supermärkten und in der Lebensmittel­produktion, bei der Straßenreinigung, bei der Müllabfuhr, die Reinigungskräfte, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen – um nur einige hier zu nennen. Wir können nach dieser Krise nicht zur Tagesordnung übergehen. Ohne gravierende Änderungen in unserem Steuersystem ist eine gerechte Finanzierung der Krisenkosten einfach nicht machbar.

Es braucht wieder mehr Gerechtigkeit in Österreich

Die Regierung hat eine einmalige Spendenaktion der Regierungsmitglieder ange­kün­digt. Gegen eine Spende ist nichts einzuwenden, viele ÖsterreicherInnen spenden regelmäßig. Einmalige Politikerspenden lösen jedoch die schweren sozialen Probleme dieser Krise nicht.

Bisher verweigert ÖVP/Grün jenen Menschen, die aufgrund der Coronakrise arbeitslos geworden sind, die Erhöhung des Arbeitslosgengeldes (von derzeit nur 55%) auf 70% des Letztbezugs. Betriebe, die Staatshilfe in Millionenhöhe erhalten, können ihren Spitzenmanagern noch immer Boni (in halber Höhe) in Millionenhöhe auszahlen. Die Regierung schließt bis heute dezidiert die Einführung von Millionärsabgaben aus, obwohl Multimilliardäre wie Jeff Bezos ihr Privatvermögen sogar während oder durch die Krise weiter vermehren können. Es braucht endlich wieder mehr Gerechtigkeit und Solidarität in Österreich. Deshalb sind klare gesetzliche Regelungen zur finanziellen Bewältigung der Krise dringend notwendig. Im Budget muss dieser Weg bereits vor­gezeichnet sein.

Die unterfertigenden Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert – im Rahmen des parlamentarischen Budget­prozesses - ein Gesetzespaket zur Abfederung der sozialen und finanziellen Folgen der Coronakrise mit folgenden Inhalten vorzulegen:

1. Eine unbefristete Solidaritätsabgabe für Millionäre.

2. Eine befristete Solidaritätsabgabe für große Onlinekonzerne (wie z.B.: Amazon) im Ausmaß von 10% des Jahresumsatzes, die von der Krise sogar profitieren.

3. Eine gesetzliche Regelung – wie auch von Dänemark angekündigt - wonach Firmen, die in großem Umfang Steuern in Österreich umgehen oder ihre Gewinne in oder über Steueroasen versteuern, keinen Anspruch auf Geld aus dem Nothilfe- bzw. Härtefonds erhalten.

4. Ein gesetzliches Verbot von Dividendenzahlungen und Managerboni für Unter­neh­men, die Staatshilfe bekommen.

Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert sich auf europäischer Ebene für die sofortige Einführung einer umfassenden Finanztransaktionssteuer nach dem ur­sprünglichen Kommissionsmodell – das auch hochspekulative Transkationen erfasst – einzusetzen.“

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Antrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht in Verhandlung.

Zu Wort gelangt nun Mag. Hannes Amesbauer. – Bitte, Herr Abgeordneter.