13.44

Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Werter Herr Vizekanzler! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Kollege Pöttinger, herzlichen Dank für den sehr humoristischen Beitrag zum Thema kulturelle Bildung – sehr spannend, was Sie für einen Blick darauf haben. (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Ich würde jetzt gerne wirklich zum Ernst der Lage kommen. (Ruf bei der ÖVP: ... Ernst der Lage ...!) In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte wird der Mensch als soziales, kulturelles Wesen beschrieben, und das Recht eines jeden Menschen auf Teilhabe am sozialen, kulturellen Leben wird als Menschenrecht eingeräumt und anerkannt.

Geschätzte Kollegen und Kolleginnen, von diesem Menschenrecht sind wir sehr, sehr weit entfernt, leider auch in Österreich, obwohl sich – es wurde angesprochen – Österreich selbst als Kulturland rühmt.

Es gibt einzelne Bemühungen, Kollegin Heinisch-Hosek ist schon darauf eingegangen, zum Beispiel Bemühungen im Rahmen des OeAD, bei dem es um kulturelle Bildung geht. Offen gesprochen kommt das einfach nicht allen Kindern und Jugendlichen zugute. Das ist leider sehr oft davon abhängig, ob Lehrer:innen darüber Bescheid wissen, auch, wie engagiert sie sind und welche Bemühungen vonseiten der Schüler:innen, vonseiten der Eltern kommen.

Ja, es gibt auch einen Grundsatzerlass betreffend „Ganzheitlich-kreative Lernkultur in den Schulen“. Dieser geht auf das Jahr 2009 zurück. Das ist alles begrüßenswert, aber das sind ganz, ganz kleine Puzzlesteine, die noch lang nicht zur Umsetzung des Menschenrechts auf kulturelle Teilhabe führen.

Was nämlich gänzlich fehlt, geschätzte Kollegen und Kolleginnen der ÖVP und Grünen, ist ein umfassender, mehrjähriger Aktionsplan zur kulturellen Bildung – das braucht es ganz einfach dringend, und das fordern wir auch ein (Beifall bei der SPÖ) –, ein Aktionsplan, der ganz klare Antworten gibt, auf Fragen wie: Wer soll wo und wann kulturelle Bildung vermitteln? Wem kann sie sozusagen zugutekommen? – Denken wir daran, wie Kindergartenkinder eigentlich dazu kommen! Denken wir daran, wie Volksschulkinder, Jugendliche dazu kommen! Schülerinnen und Schüler, die zum Beispiel eine Berufsschule besuchen, sind eigentlich auch völlig ausgenommen. Wer soll diese kulturelle Bildung leisten? Und vor allem: Welches Budget gibt es dafür? – Diese Antworten haben wir nicht. Deshalb braucht es dieses umfassende Konzept und diesen umfassenden Aktionsplan und nicht – mit Verlaub – so lapidare Beschlüsse, die Sie uns heute auf den Tisch legen.

Die Beschlussformel lautet: „eine gemeinsame Initiative zur Stärkung der Zusammenarbeit zwischen Kultur- und Bildungseinrichtungen und der kulturellen Bildung der Schüler:innen in Österreich zu setzen“. – Ehrlich? Das ist peinlich! Mehr ist das nicht, das ist einfach nur peinlich! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der NEOS.)

Es gibt keine Antwort auf finanzielle Komponenten. Sie wissen ganz genau: Kultur ist zum Luxusgut geworden. Es ist einfach so, dass wir in Österreich 350 000 Kinder haben, die armutsgefährdet sind. Diese können sich ganz einfach keinen Theaterbesuch oder einen Konzertbesuch leisten oder auch, in ein Kino zu gehen oder ein Instrument zu erlernen. Unsere Vorschläge liegen seit Monaten, seit Jahren am Tisch – Stichworte: Kulturguthaben, kulturelle Bildung wirklich zu etablieren, oder „Jedem Kind sein Instrument“. (Abg. Obernosterer: ... als Kulturreferent!)

Sie haben das alles offen gesprochen belächelt – sehr, sehr beschämend war das. Alle Kinder haben nämlich das Recht auf kulturelle Teilhabe und einfach auch auf das Kennenlernen von Kunst und Kultur, nicht nur als Menschenrecht. Wir haben es auch in unserer Bundesverfassung im Rahmen der Kinderrechte verankert. Sie müssen endlich in die Gänge kommen, um dieses Recht auch wirklich allen zu gewähren! (Beifall bei der SPÖ.)

Wir geben Ihnen heute eine weitere Chance, geschätzte Kollegen und Kolleginnen, nämlich im Bereich der Kulturvermittlung. Sie wissen, Kulturvermittler:innen spielen eine ganz, ganz wesentliche Rolle, um Kultur erlebbar zu machen, um Kultur erfahrbar zu machen. Sie stehen oftmals im Schatten. Räumen wir den Kulturvermittlerinnen und Kulturvermittlern endlich den Stellenwert ein, der ihnen zusteht!

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Kulturvermittlung stärken“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport wird aufgefordert, Förderprogramme für die Vermittlung von Kunst und Kultur unter Berücksichtigung einer gemeinsamen Steuerung und Vernetzung weiter auszubauen und die Position der Kunstvermittlerinnen und -vermittler in den Kulturbetrieben zu stärken.“

*****

Sie selbst haben sich das im Regierungsprogramm als Aufgabe gesetzt. Stimmen Sie Ihrem eigenen Anliegen zu! – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

13.49

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Katharina Kucharowits, Gabriele Heinisch-Hosek

Genossinnen und Genossen

betreffend „Kulturvermittlung stärken“

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Kulturausschusses über den Antrag 3733/A(E) der Abgeordneten Laurenz Pöttinger, Mag. Eva Blimlinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kulturelle Bildung für Kinder und Jugendliche (2338 d.B.) (TOP5)

In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte wird der Mensch als soziales, kulturelles Wesen beschrieben. Demgemäß wird das Recht eines jeden Menschen auf Teilhabe am sozialen, kulturellen Leben als Menschenrecht anerkannt. Dennoch ist die Teilhabe am Kulturleben in Österreich nicht gleichmäßig in der Bevölkerung verteilt. Klar zeigt sich, dass Kulturbegeisterung nach wie vor stark bildungsabhängig und Kulturkompetenz sehr stark vom Elternhaus geprägt und vererbt ist – und das stärker als in anderen Ländern. Daher kann leider zu Recht von einer Klassengesellschaft auch in der Kultur gesprochen werden.

Einen wesentlichen Beitrag dazu, die Barrieren für die Teilhabe am Kulturleben zu überwinden, leistet die Kulturvermittlung. Kulturvermittler:innen sind Expert:innen für das Publikum und arbeiten an der Schnittstelle zwischen Institution und Publikum in Kulturinstitutionen wie Museen, Ausstellungshäusern, aber auch für Kulturinitiativen und Festivals. Kulturvermittler:innen haben einen wichtigen Anteil an der Programmierung und inhaltlichen Ausrichtung von Institution. Sie wählen und entwickeln adäquate Formate und Methoden, mit denen die Inhalte auf personale und mediale Weise vermittelt werden (Apps, Audioguides, Ausstellungs- und Künstler:innengespräche, Begleithefte, Besucher:innenkataloge, Diskussionen, Führungen,  Raumtexte, Workshops etc.), und kuratieren partizipatorische Aktionen sowie Interventionen und setzen Programmschwerpunkte.

Trotz ihrer immensen Bedeutung für das Kulturleben stehen Kulturvermittler:innen selten im Fokus der Aufmerksamkeit. Sie arbeiten oftmals von der Öffentlichkeit wenig beachtet – außer wenn gerade ein konkretes Angebot genutzt wird – und werden von den Institutionen, seien es Museen oder Musikhäuser, selten in den Vordergrund gerückt. Prekäre Arbeitsverhältnisse stehen an der Tagesordnung und auch die Wertschätzung für ihre wichtige Tätigkeit lässt zuweilen zu wünschen übrig. Hier braucht es eine vollständige Anerkennung ihres Berufes und das Zur-Verfügung-Stellen von adäquaten Mitteln, um ein qualitativ hochstehendes Vermittlungsprogramm inklusive sozialer Absicherung der Vermittelnden bieten zu können. Auch die Einbeziehung in Kollektivverträge und ein Fokus auf „Kulturvermittlung auf der Höhe“ der Zeit als Förderkriterium könnte die Situation verbessern. Nicht nur Künstler:innen brauchen faire Arbeitsbedingungen und gerechte Bezahlung, sondern auch Kulturvermittler:innen.

Erfreulicherweise hat die Bundesregierung die Bedeutung der Kulturvermittlung in ihrem Regierungsprogramm erkannt. Leider sind der Erkenntnis jedoch kaum Taten gefolgt. Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport wird aufgefordert, Förderprogramme für die Vermittlung von Kunst und Kultur unter Berücksichtigung einer gemeinsamen Steuerung und Vernetzung weiter auszubauen und die Position der Kunstvermittlerinnen und -vermittler in den Kulturbetrieben zu stärken.“

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Mag.a Julia Seidl. – Bitte, Frau Abgeordnete.