Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Frau Bundesministerin, wir haben heute in verschiedenen Fragen und Antworten schon sehr oft vom Rechtsstaat und davon, wie wichtig die rechtsstaatlichen Prinzipien sind, gehört. Problematisch ist aber, und an seine Grenzen kommt der Rechtsstaat immer dann, wenn das Unrecht im Gesetz steht. Bis in die frühen Nullerjahre wurden gleichgeschlechtliche Personen in Österreich aufgrund ihrer Sexualität strafrechtlich verfolgt und auch verurteilt, das ist tatsächlich staatliches Unrecht. Daher ist meine Frage: Mit welchen Maßnahmen haben Sie zur Rehabilitierung dieser Personen, die aufgrund dieses unrechtmäßigen Gesetzes verurteilt wurden, beigetragen?

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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 326/M, hat folgenden Wortlaut:

„Bis in die frühen Nullerjahre wurden gleichgeschlechtliche Personen in Österreich aufgrund ihrer Sexualität strafrechtlich verfolgt und auch verurteilt. Mit welchen Maßnahmen haben Sie zur Rehabilitierung dieser zu Unrecht verurteilten Personen beigetragen?“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Ich habe mich 2021 als Justizministerin im Namen der Justiz für dieses Unrecht entschuldigt, und nun – ich freue mich wirklich, dass das gelungen ist – haben wir auch die Möglichkeit von Entschädigungszahlungen– nämlich mit entsprechendem Budget und einer entsprechenden gesetzlichen Regelung – und auch die Rehabilitierung vorgesehen. Natürlich kann die Entschädigung das Unrecht nie wiedergutmachen, aber gerade Rehabilitierung ist für sehr viele auch ein symbolischer Akt: dass man kein vorverurteilter Sexualverbrecher ist, sondern dass das Unrecht war – und dass man das als solches auch festhält.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Gibt es eine Zusatzfrage?– Bitte.

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Auch in meiner Wahrnehmung ist die Rehabilitierung das wesentlich Wichtigere, aber trotzdem ist auch die Zahlung eines Entschädigungsbetrages eine doch über die Symbolwirkung hinausgehende Geste des Staates: dass man sagt, man möchte dieses Unrecht auch wiedergutmachen. Gibt es irgendwelche Vorstellungen, in welcher Höhe diese Entschädigungszahlungen vorgesehen sind?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Die Personengruppen, die Sie genannt haben, haben auch Anspruch auf Entschädigungszahlungen. Wenn man das nach der Höhe aufgliedert: 3 000 Euro stehen je aufgehobenes Urteil zu, zusätzlich soll es für jedes angefangene aufgrund der Verurteilung erlittene Jahr Freiheitsentziehung jeweils 1 500 Euro geben, für jedes eingeleitete Ermittlungsverfahren 500 Euro, und darüber hinaus erhält man, sollte es besondere Benachteiligungen wegen wirtschaftlicher, beruflicher oder gesundheitlicher Folgen geben, 1 500 Euro. Insgesamt stehen 10 Millionen Euro zur Verfügung.

Nichtsdestotrotz möchte ich auch festhalten, dass mir absolut bewusst ist, dass diese Beträge nie das Unrecht aufwiegen können und dass auch diese Entschädigung wesentlichen symbolischen Charakter hat.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Shetty. – Bitte sehr.

Abgeordneter Mag. Yannick Shetty (NEOS): Guten Morgen, Frau Bundesministerin! Wegen Homosexualität ins Gefängnis zu müssen gehört Gott sei Dank der Vergangenheit an – an dieser Stelle auch ein explizites Danke an Sie, dass Sie für die Entschädigung der homosexuellen Strafrechtsopfer gesorgt haben.

Von Homosexualität geheilt zu werden gehört in Österreich leider zur Realität – natürlich nicht die erfolgreiche Heilung, denn wir alle wissen, dass die sexuelle Orientierung nicht umpolbar ist. Trotz der Schäden, die dadurch verursacht werden, sind Umpolung und sogenannte Konversionstherapien in Österreich weiterhin legal.

Frau Bundesministerin, seit vier Jahren warten wir auf ein Verbot von sogenannten Konversionstherapien. Frau Ministerin Zadić, ich bitte Sie, jetzt nicht mit der Ausrede zu antworten, dass die ÖVP schuld sei oder die Kirche schuld sei oder irgendjemand anderer schuld sei. 2019 gab es hier im Parlament einen einstimmigen Entschließungsantrag für ein solches Verbot von Konversionstherapien, 2021 einen zweiten an Sie gerichteten Antrag, 2022 haben Sie es für den Sommer dieses Jahres versprochen, 2023 ist wieder nichts passiert. (Zwischenruf des Abg. Hörl.)

Deswegen ist meine konkrete Frage an Sie, Frau Bundesministerin: Wann legen Sie dem Parlament endlich eine Vorlage für ein Verbot von Konversionstherapien vor?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Ministerin.

Bundesministerin für Justiz Dr. Alma Zadić, LL.M.: Wie Sie auch medial vernommen haben, gibt es ja die Entwürfe schon. Ich habe das in mehreren parlamentarischen Anfragen auch so beantwortet. Es gibt den Entwurf zum Verbot der Konversionstherapie. Was mir dabei wichtig ist, ist, dass das nicht nur Homosexuelle betrifft, sondern dass das jede Geschlechtsentwicklung betrifft (Beifall des Abg. Lindner) und dass man nicht die LGBTIQ-Gruppe spaltet, sondern dass man alle mitumfasst. Ich habe gesagt, ich werde in diesem Bereich keine Scheinlösungen und keine Kompromisslösungen akzeptieren, weil wir die LGBTIQ-Community nicht spalten dürfen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Lindner.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Bernhard. – Bitte.