13.41
Abgeordnete Katharina Kucharowits (SPÖ): Herr Präsident! Werte Frau Bundesministerin! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Hass im Netz ist kein Einzelfall oder auch – unter Anführungszeichen – kein „besonderes“ Phänomen, sondern es ist traurige Realität, nämlich vor allem für uns Frauen. Wir erleben Sexismus, wir erleben Degradierung, wir erleben tiefste Drohungen und Bedrohungen, und da rede ich noch überhaupt nicht von Deepfakes, die aufgrund von KI mittlerweile ja sehr, sehr flächendeckend möglich sind, Stichwort pornografische Darstellungen von Frauen im Netz.
Zara – Sie wissen, die Beratungsstelle für Zivilcourage und Antirassismusarbeit – berichtet, dass seit Eröffnung der Beratungsstelle gegen Hass im Netz, nämlich im September 2017, bis August diesen Jahres 11 514 Onlinehassmeldungen eingegangen sind – 11 514! Auf österreichischer Ebene haben wir vor drei Jahren mit einem Hass-im-Netz-Bekämpfungs-Gesetz reagiert. Das war wichtig und richtig.
Parallel dazu gab es aber das Kommunikationsplattformen-Gesetz, für das wir uns als sozialdemokratische Fraktion damals schon nicht ausgesprochen haben, weil wir der Meinung waren, das schafft den Balanceakt zwischen Meinungsfreiheit und sozusagen Riegelvorschieben nicht. Außerdem hat man eigentlich den Internetgiganten und -konzernen die Entscheidungsmacht übertragen. Da waren wir damals dagegen. Der EuGH hat einige Teile dieses Kommunikationsplattformen-Gesetzes gekippt – gut so.
Auf EU-Ebene – das haben wir damals auch schon diskutiert – wurde parallel dazu bereits am Digital Services Act gearbeitet, an einer Verordnung, die Konzernen ganz klar Spielregeln aufzeigt, die Konzerne ganz klar in die Schranken weist und sie auch zum Handeln verpflichtet. Das ist gut so.
Illegale und schädliche Aktivitäten im Internet, geschätzte Kollegen und Kolleginnen, und vor allem die Verbreitung von Desinformation müssen dringend verhindert werden, das geht gar nicht anders. Für uns als Nutzerinnen oder Nutzer muss auch gewährleistet sein, dass es eben nicht wurscht ist, was im Internet passiert, weil das Internet kein rechtsfreier Raum ist. Da braucht es ganz klare Schranken und Regulierungen. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir glauben, dass das mit dem DSA wirklich gelingt und dass damit ein Rahmen gelungen ist, um die Rechtsdurchsetzung auch wirklich zu schaffen. Es ist im Übrigen auch ganz, ganz wichtig und im Sinne unserer Demokratie, wenn man weiß, welche Macht Konzerne diesbezüglich haben.
In Österreich wird es eine Anlaufstelle geben, nämlich die KommAustria, eine Behörde, an die man sich wenden kann, die das, wenn man in irgendeiner Form vom DSA betroffen ist, entsprechend koordiniert und die dann auch andere Behörden einschaltet. So ist der Plan und so ist auch offen gesprochen unsere Forderung, nämlich auch mit weiteren Expertinnen und Experten zu kooperieren. Es gibt viele in diesem Feld, ich nenne nur Zara, Epicenter Works oder auch die Internet-Ombudsstelle, die man da auch ganz klar miteinbinden sollte. Das ist unser Appell an dieser Stelle.
Kurz gefasst: Der Gesetzentwurf zum DSA ist ganz klar zu unterstützen, wir stimmen zu. Aber: Um den DSA dann auch in der Praxis wirklich umfassend leben zu können und ihn auch zum Leben zu erwecken, braucht es die ausreichende Finanzierung der sogenannten Trusted Flaggers – die gibt es nämlich nicht – und auch der außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen ergänzend zur RTR. Deshalb darf ich folgenden Antrag einbringen:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Selma Yildirim, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Den Digital Services Act in der Praxis zum Leben erwecken“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, zur Unterstützung von Trusted Flaggern und außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen ein eigenes Förderprogramm zu installieren, damit die in Frage kommenden Einrichtungen ihre wichtigen im Digital Services Act vorgesehenen Aufgaben auch vollumfassend wahrnehmen können.“
*****
Wir bitten um breite Zustimmung, damit das Internet ein lebenswerter Raum wird. (Beifall bei der SPÖ.)
13.45
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Selma Yildirim, Katharina Kucharowits,
Genossinnen und Genossen
betreffend „Den Digital Services Act in der Praxis zum Leben erwecken“
eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (2309 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Koordinator-für-digitale-Dienste-Gesetz erlassen und das KommAustria-Gesetz, das E-Commerce-Gesetz, das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch, das Urheberrechtsgesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Mediengesetz, die Strafprozeßordnung 1975, das Staatsanwaltschaftsgesetz, das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, das Auslieferungs- und Rechtshilfegesetz und das Telekommunikationsgesetz 2021 geändert werden (DSA-Begleitgesetz – DSA-BegG) (2344 d.B.) (TOP 13)
Der Digital Services Act (Verordnung (EU) Nr. 2022/2065 über einen Binnenmarkt für digitale Dienste und zur Änderung der Richtlinie 2000/31/EG (Gesetz über digitale Dienste)) reguliert Online-Vermittler und -Plattformen wie Marktplätze, soziale Netzwerke, Plattformen zum Teilen von Inhalten, App-Stores und Online-Reise- und Unterkunftsplattformen. Das Hauptziel ist es dabei, illegale und schädliche Aktivitäten im Internet und die Verbreitung von Desinformation zu verhindern. Die Verordnung soll die Sicherheit der Nutzer:innen gewährleisten, die Grundrechte schützen und ein faires und offenes Umfeld für Online-Plattformen schaffen. Der DSA beinhaltet im Wesentlichen Haftung(sausschlüsse) der Anbieter von Vermittlungsdiensten, Sorgfaltspflichten für ein transparentes und sicheres Online-Umfeld, Sanktionsvorschriften und ein Beschwerderecht von Nutzer:innen.
Um den DSA in der Praxis zum Leben zu erwecken, sind vertrauenswürdige Hinweisgeber – so genannte trusted flagger – vorgesehen. Personen sollen sich an unterschiedliche Einrichtungen wenden können, wenn sie der Auffassung sind, rechtswidrige Inhalte entdeckt zu haben. Durch den Status als "vertrauenswürdige Hinweisgeber" sollen Meldungen dieser Einrichtungen über rechtswidrige Inhalte von Vermittlungsdiensten vorrangig bearbeitet werden. Auch bei den außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen ist vorgesehen, dass die KommAustria – neben der gesetzlich vorgesehenen Schlichtungsstelle RTR GmbH – noch andere außergerichtliche Streitbeilegungsstelle(n) auf Antrag für einen (verlängerbaren) Zeitraum von höchstens fünf Jahre zulässt, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Personen, die etwa von der Entfernung von Informationen oder der Schließung eines Nutzerkontos betroffen sind, hätten so die Möglichkeit, aus einer Palette von zertifizierten außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen auszuwählen.
Organisationen, die in Österreich als Trusted Flagger oder außergerichtliche Streitbeilegungsstellen in Frage kommen, haben jedoch oftmals eines gemeinsam: fehlende finanzielle Mittel. Das Scannen des Internets nach rechtswidrigen Inhalten durch sachkundige Personen und Verarbeiten von Hinweisen von Nutzer:innen ist nur mit großem finanziellen Aufwand zu bewerkstelligen. Um den DSA mit Leben zu erwecken und das Internet wirklich zu einem lebenswerteren Ort zu machen, stellen die unterfertigten Abgeordneten daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, zur Unterstützung von Trusted Flaggern und außergerichtlichen Streitbeilegungsstellen ein eigenes Förderprogramm zu installieren, damit die in Frage kommenden Einrichtungen ihre wichtigen im Digital Services Act vorgesehenen Aufgaben auch vollumfassend wahrnehmen können.“
*****
Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht. Er steht somit auch mit in Verhandlung.
Zu Wort gelangt Nikolaus Scherak. – Bitte schön, Herr Abgeordneter.