19.26
Abgeordnete Mag. Karin Greiner (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Wir debattieren heute über einen Rechnungshofbericht – danke, sehr geehrte Frau Rechnungshofpräsidentin, für die Vorlage eines wieder sehr detaillierten Berichtes –, der eine weitere Mogelpackung einer ÖVP-geführten Bundesregierung offenbart.
Wir blicken zurück in das Jahr 2018, damals gab es eine türkis-blaue Regierung. Wir haben dieses Thema der Patientenmilliarde aufgrund der Brisanz bereits heute Nachmittag diskutiert und dabei klargestellt, dass es uns nicht passt, dass Patient:innen nicht dann, wenn sie wollen, zum Arzt gehen können und eine sichergestellte Versorgung nicht gegeben ist. Schauen wir uns die Historie an: Was ist da alles in der Vergangenheit passiert, warum haben wir kein sicheres, topverlässliches Gesundheitssystem?
Im Jahr 2018 hat der damalige Kanzler gesagt: Wir sparen im System, wir sparen bei der Verwaltung, und so wird es uns gelingen, 1 Milliarde Euro an Kosten einzusparen! – Diese Milliarde hätte an und für sich, so wurde es zumindest proklamiert, den Patient:innen zugutekommen sollen. Manche lächeln mich an, in der Hoffnung, dass es diesmal wahr ist, dass sie da ist, die Milliarde. Nein, es gibt diese Milliarde nicht! Der Rechnungshofbericht hat das schwarz auf weiß belegt: Dieses Versprechen, diese vollmundige Ankündigung war eine Täuschung (Beifall bei der SPÖ – Abg. Hörl: Dann ist Covid gekommen!), eine wunderbar formulierte Überschrift, die aber leider jegliche Befüllung mit Inhalten vermissen lässt – getan wurde nämlich nichts! (Abg. Hörl: Covid haben Sie vergessen!)
Wir haben im Rechnungshofausschuss natürlich trefflich darüber diskutiert, wie das bei der Überprüfung war, ob es den Prüfern irgendwann einmal während des Zeitraums gelungen ist, Unterlagen zu sehen, sodass man hätte nachvollziehen können, dass es möglicherweise ein Einsparungspotenzial von 1 Milliarde Euro geben könnte – nichts dergleichen! Die Frau Präsidentin hat im Rechnungshofausschuss klargestellt: Die Ankündigung der Einsparung von 1 Milliarde Euro sei von vornherein nicht plausibel gewesen – von vornherein nicht plausibel! Es gab also nie einen Anhaltspunkt und eine Grundlage für das, was der Kanzler damals großartig verkündet hat, das heißt, er hat die Bevölkerung getäuscht.
Die Milliarde gibt es nicht, das wissen wir mittlerweile, aber was es gibt, das ist ein sattes Minus von 388 Millionen Euro – bravo! (Abg. Hörl: Wegen Wien!) – für die Versorgung der Patient:innen. Lieber Kollege, das ist leider gar nicht zum Scherzen, uns stört das massiv, und das muss man auch aufzeigen, weil das eine inakzeptable Situation ist. Und wir warten nach wie vor auf Vorschläge, wo man 1 Milliarde herbekommt, um die Patient:innen ordentlich zu versorgen. (Beifall bei der SPÖ.)
Wir haben die Leistungsharmonisierung zwischen den Sozialversicherungsträgern nicht vollendet, die gibt es noch nicht.
Mittlerweile ist es so: Was passiert denn, wenn man zum Arzt gehen möchte? – Man bekommt keinen Termin, weil es zu wenige Kassenärzte gibt – und wenn, dann bekommt man vielleicht einen in ein paar Monaten. Was mache ich? – Ich gehe zum Wahlarzt. Was steht mir dort bevor? – Ich darf für meinen Arztbesuch bezahlen. Ich muss das schon noch einmal betonen: Der Patient wird doppelt zur Kasse gebeten: einmal über die Krankenversicherungsbeiträge und dann über die Kosten, die für den Besuch eines Wahlarztes vom Patienten zu tragen sind. Und da rede ich jetzt gar nicht davon, wie lange man auf die Rückerstattung dieser zusätzlichen Kosten warten muss.
10 Milliarden Euro private Gesundheitskosten mittlerweile pro Jahr – das ist nicht unser Ziel. So kann ein Gesundheitssystem, das gut aufgestellt ist, zukunftssicher ist, nicht funktionieren!
Ich bringe daher einen Antrag der SPÖ-Fraktion ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Karin Greiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend „das Versprechen der Patientenmilliarde für die Verbesserung der Gesundheitsversorgung durch Umsetzung der Termingarantie endlich einlösen“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, umgehend geeignete und entsprechend finanzierte Maßnahmen zu setzen, die eine ausreichende ambulante Gesundheitsversorgung der Bevölkerung sicherstellen. Insbesondere müssen die durch das SV-OG erfolgten finanziellen Belastungen rückgängig gemacht und die versprochene Patientenmilliarde endlich für Leistungsverbesserungen und der Umsetzung der Termingarantie zur Verfügung gestellt werden.“
*****
Uns ist es wichtig, dass Patient:innen eine sofortige Versorgung bekommen. Eine Versorgung, die notwendig ist, muss sofort gegeben sein. Daher bitte ich Sie um breite Zustimmung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
19.30
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Mag. Karin Greiner
Genossinnen und Genossen
betreffend das Versprechen der Patientenmilliarde für die Verbesserung der Gesundheitsversorgung durch Umsetzung der Termingarantie endlich einlösen
eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 12.) zum Bericht des Rechnungshofausschusses über den Bericht des Rechnungshofes betreffend Reform der Sozialversicherungsträger – Reihe BUND 2022/41 (Fusion) und Reihe BUND 2022/42 (Finanzielle Lage) (III-822/2423 d.B.)
„Wir sparen in der Verwaltung, wir sparen bei den Funktionären, wir sparen im System und schaffen es so, eine Milliarde bis 2023 zu lukrieren.“ (Bundeskanzler Kurz u.a. in der ORF-ZiB 13:00, 14.9.2018)
Das war der Slogan, mit dem die damalige türkis/blaue Regierung den Menschen vortäuschte, dass die Zerschlagung der Krankenkassen zum Vorteil der Versicherten wäre.
Der Rechnungshof hat mit seiner Prüfung nun eindeutig diesen Slogan als völlig falsch und unzutreffend enttarnt. Die Prüfer haben die Entwicklung des Verwaltungsaufwandes von 2018 bis 2021 und die Prognosen für 2023 gegenübergestellt: Dabei ergab sich anstelle der Einsparung von einer Milliarde Euro, die laut Türkis-Blau den Versicherten zugutekommen sollte, ein Mehraufwand von 214,95 Millionen Euro.
In Wahrheit fallen aber die Versicherten sogar um zwei Milliarden Euro um. Eine weitere Milliarde hat Türkis-Blau nämlich durch gesetzliche Maßnahmen zu Lasten der ÖGK-Versicherten abgeschöpft.

Quelle: ÖGK
Von 2018 bis 2023 ergibt sich für die ÖGK aus diesen Maßnahmen bereits ein Minus von 388 Mio. Euro. Bis 2028 – also 10 Jahre nach der versprochenen Patientenmilliarde – steigt der Verlust auf 1,21 Mrd. Euro an – finanzielle Mittel, die für die Sicherstellung der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung von wesentlicher Bedeutung wären.
Auch das nächste Versprechen von Türkis/Blau, die Vereinheitlichung der Leistungen für die Versicherten – eines der Hauptargumente für die Fusion, hat sich bis heute nicht erfüllt. Während es zu einer Harmonisierung von Leistungen in der ÖGK gekommen ist, fand mit der fusionierten Beamten- und Eisenbahnerversicherung und mit der Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen für Gewerbetreibende und Bauern keine Vereinheitlichung der Leistungen für rund 1,1 Millionen Versicherte statt.
Das einzige gesundheitspolitische Vorhaben von Türkis/Blau, das auch tatsächlich umgesetzt wurde, war die Verbesserung der Rahmenbedingungen für private Gesundheitsdienstleistungen. Mit einem Höchststand an privaten Zuzahlungen im Gesundheitswesen von 10 Mrd. Euro jährlich, wurde dieses Vorhaben voll realisiert.
Alle diese Maßnahmen von Türkis/Blau führten letztendlich dazu, dass die Bevölkerung heute fast 10 Mrd. Euro jährlich an privaten Gesundheitskosten tragen muss, die Wartezeiten auf notwendige Facharzttermine extrem lang sind, Kassenstellen unbesetzt bleiben und der Mangel an Gesundheitspersonal immer mehr ansteigt.
Nur durch die Sicherstellung einer ausreichenden Finanzierung der ÖGK wird es gelingen, eine Termingarantie für alle Versicherten umzusetzen, damit niemand mehr auf die Kreditkarte angewiesen ist, wenn eine Behandlung dringend erforderlich ist. Einen notwendigen Facharzttermin innerhalb von 14 Tagen zu bekommen, ist das Ziel.
Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz wird aufgefordert, umgehend geeignete und entsprechend finanzierte Maßnahmen zu setzen, die eine ausreichende ambulante Gesundheitsversorgung der Bevölkerung sicherstellen. Insbesondere müssen die durch das SV-OG erfolgten finanziellen Belastungen rückgängig gemacht und die versprochene Patientenmilliarde endlich für Leistungsverbesserungen und der Umsetzung der Termingarantie zur Verfügung gestellt werden.“
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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, er steht somit auch mit in Verhandlung.
Zu Wort gemeldet ist Mag. Gerhard Kaniak. – Bitte, Herr Abgeordneter.