21.35.21

Abgeordnete Dipl.-Ing. Olga Voglauer (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Spoštovana Visoka Hiša! Spoštovane kolegice in kolegi! Der Rechnungshofbericht betreffend die Lebensmittel- und Versorgungssicherheit zeigt auch sechs wichtige Faktoren auf, auf die wir strukturell achten müssen. Ich halte gerade diese Perspektive, wie wir die Struktur der österreichischen Landwirtschaft gestalten müssen, um uns zukünftig auch gut und sicher mit guten Lebensmitteln versorgen zu können, und gleichzeitig auch die Landwirtschaft in Österreich absichern, für einen wesentlichen Punkt Ihres Berichtes.

Weitere Punkte wurden von der Frau Präsidentin und von Vorredner:innen schon ausgeführt. Ich will mich wirklich auf diese sechs Einflussfaktoren konzentrieren. Was wurde da aufgezeigt? – Einerseits ist es wichtig, dass wir auf die Anzahl der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe achten. Sprich – ich übersetze das damit –: Ein Höfesterben, wie wir es bisher kannten, muss aufhören. Es ist die Größe der Bevölkerung bedeutend. Es sind natürlich der Handel und auch die Importabhängigkeit ein bedeutender Faktor. Der vierte bedeutende Faktor ist der Klimawandel, der fünfte unser Bodenverbrauch und der sechste die Wasserversorgung und der Wasserverbrauch, den die Landwirtschaft verursacht.

Kommen wir zunächst zum Höfesterben. Es gibt, glaube ich, niemanden in diesem Haus, den die Proteste der Bäuerinnen und Bauern in Europa nicht bewegen. Ich habe vor Kurzem vor bäuerlichen Funktionärinnen und Funktionären ein Referat halten dürfen. Da habe ich eines herausgegriffen: Was ist uns Bäuerinnen und Bauern denn in den letzten Jahren passiert? Ganz viele sind über Jahrzehnte auf die Straße gegangen und haben darauf hingewiesen, wie viele Kolleginnen und Kollegen von uns zusperren müssen. Die gegenwärtigen Proteste in Europa (Zwischenruf des Abg. Hörl), die zwar auf andere Faktoren abzielen, erinnern mich und meine Familie als bäuerliche Familie daran, dass wir die letzten zehn Jahre doch etwas zu sehr zugeschaut haben. Es war uns ein bisschen zu viel wurscht: dass die Nachbarin, der Nachbar zusperrt, dass die Kollegin, der Kollege aufhört. Da müssen wir hinschauen.

Das Zweite ist der Klimawandel. Es ist dem Rechnungshofbericht zu entnehmen, wie bedeutsam es ist, sich auf den Klimawandel einzustellen. Das wird bedeuten, dass wir in der Landwirtschaft wieder einen Paradigmenwechsel einläuten, nämlich den, denn wir vor zwei Jahren schon hatten: einen Green Deal nicht mehr zu bekämpfen und darauf zu achten, dass die Landwirtschaft ökologischer wird, nachhaltiger wird und eine Fruchtfolge beachtet. Damit werden wir uns auseinandersetzen, egal welchen technologischen Fortschritt wir anpeilen, egal welches Pflanzenschutzmittel wir schützen wollen. Es geht da ja nicht so sehr um die Pflanzen, sondern mehr um die Lobby, die dahintersteht.

Nun lassen Sie mich zum Bodenverbrauch kommen. Wir haben heute von Greenpeace eine Analyse präsentiert bekommen, in der wir lesen, dass auch dieses Jahr wieder die Fläche von Wels verbaut wird – 4 300 Hektar! Das ist heuer einfach der Fall, und das kann uns nicht wurscht sein, weil das für uns Bäuerinnen und Bauern eine einmalige Fruchtfolge bedeutet. Das heißt, wir haben in Österreich wieder einen Asphaltierungswettbewerb, einen Betonwettbewerb ausgeschrieben. Wir werden uns vom Beton und vom Asphalt nichts abbeißen können. Das müssen wir verstehen, wenn uns Lebensmittelsicherheit, so wie es der Rechnungshof präsentiert hat, wirklich wichtig ist. (Beifall bei den Grünen.)

Es ist mir schon klar, auch wir Bäuerinnen und Bauern haben beim Bodenverbrauch einen Beitrag zu leisten. Wenn wir dagegen sind, dass der Supermarkt auf die grüne Wiese kommt, wenn wir es bestreiten, wenn uns einfach wirklich schon das Geimpfte aufsteigt, dass schon wieder ein Parkplatz gebaut wird, dann müssen wir uns auch fragen: Worauf ist der gebaut? – Irgendwer musste diese Fläche verkaufen. Es kann nicht sein, dass Bäuerinnen und Bauern ihr Einkommen damit verdienen oder sichern, dass sie ihren Grund und Boden verkaufen müssen.

Nun kommen wir aber noch zu dem Thema, was es denn heißt, wenn wir bäuerliche Familien in Österreich absichern wollen. Das heißt, dass wir ihnen Einkommenssicherheit gewährleisten müssen.

 

Das heißt auch, dass es in dieser Diskrepanz, die von meinem Kollegen Kühberger vorhin angesprochen wurde, ab dem Moment, in dem man am Hof schon die letzte Milch von der letzten Kuh, die dasteht, ausgezuzelt hat und es noch immer nicht reicht und man alle Anforderungen erfüllt hat, nicht das richtige Signal an die Bäuerinnen und Bauern ist, wenn sie hören: Regle das selbst! Du hast die Verantwortung, du wirst das schon machen! Der gesellschaftliche Anspruch ist so stark gestiegen! Ihr habt das einfach zu regeln, liebe Bäuerinnen und Bauern!

Nein, es sei uns allen ins Stammbuch geschrieben: Wir sind noch 1,5 Prozent der österreichischen Bevölkerung. Wir werden es selber nicht lösen können. Wir brauchen euch alle, die an unserer Seite gemeinsam marschieren, um diese klimafitte, tierwohlgerechte, tierethische, aber auch menschenethische Zukunft in der Landwirtschaft zu bauen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Strasser.)

Es reicht nicht, nur Konsumentinnen und Konsumenten auf unserer Seite zu haben. Die brauchen wir schon, aber dafür brauchen wir offene Hofstalltüren. Die sollen sich anschauen, wie bei uns die Produktion passiert. Dann kriegen sie auch ein Gefühl dafür, dass sie das Tierwohlschnitzel kaufen, denn sie werden das Vollspaltenbodenschnitzel nicht kaufen wollen, wenn sie es sich anschauen. Das sei in dieser Deutlichkeit auch einmal gesagt. (Beifall bei den Grünen.)

Was werden sie aber auch nicht wollen? – Sie werden auch nicht wollen, dass Kapitalgesellschaften für unsere Lebensmittel sorgen. Das ist die andere Seite.

Also insofern: Wir alle sind gefragt, einen guten politischen Kompromiss zu verhandeln. Und ja, es gibt mir auch einen Stich ins Herz bei jeder Kollegin, bei jedem Kollegen, die zusperren. Sie sperren nicht deshalb zu, weil ein Minister einmal etwas verkündet. Da hätte ich schon oft zugesperrt. Warum sperren sie zu? – Weil sie das Gefühl haben, dass immer andere über sie entscheiden. (Zwischenruf des Abg. Schmuckenschlager.)

Jetzt appelliere ich an uns. In diesem Sektor (auf den Sektor der Grünen weisend) sitzt eine Bäuerin, in diesem Sektor (auf den Sektor der ÖVP weisend) sitzen einige Bauern, einige Bäuerinnen, auch da (auf den Sektor der SPÖ weisend) vernehme ich Bauern und Bäuerinnen. Es liegt an uns, dass wir, die wir in diesem Haus vertreten sind, dafür sorgen, dass nicht über uns entschieden wird und die Lösungen, die wir erarbeiten, gute sind. In der Vergangenheit haben wir bewiesen, dass wir das können. Herr Kühberger, wir werden keinen Stich im Herz haben, sondern wir werden das auch in Zukunft schaffen, denn es kann nicht heißen: Liebe Bäuerinnen und Bauern, träumt süß von sauren Gurken! (Beifall bei den Grünen.)

21.42

Präsident Ing. Norbert Hofer: Zu Wort gelangt Mag. Ruth Becher. – Bitte, Frau Abgeordnete.