20.40

Abgeordnete Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, Zuseherinnen und Zuseher! Wir haben früher nicht alles ganz richtig gemacht, aber sehr vieles weitergebracht. Ich habe gerade den ehemaligen Gesundheitsminister Alois Stöger gefragt: Fertige Medizinerinnen, Mediziner haben, wenn sie postgradual klinische Psychologie studiert oder diesen Abschnitt gemacht haben, ein Anstellungsverhältnis gehabt. Jetzt ist es beim Psychotherapiegesetz so, dass die Studierenden bei diesem dritten Abschnitt 10 000 bis 20 000 Euro zu zahlen haben – also das ist der große Unterschied. Bitte nicht sagen: In der Vergangenheit habt ihr nichts zusammengebracht! – Wir haben nach bestem Wissen und Gewissen die Situation der Studierenden verbessert; damals mit Anstellungsverhältnis. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich nähere mich von der anderen Seite noch einmal der Patient:innenmilliarde, nicht über Personen, die gleich nach mir sprechen werden, aber über Schwarz-Blau allgemein: Die Fusion 2018, die Zusammenlegung der Kassen, hat keine Milliarde gebracht, sondern 215 Millionen Euro gekostet. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es wird dann so sein, dass bis 2028 – hören Sie gut zu! –, vermutlich durch diese Gesetze damals, durch diesen Fehler von Sebastian Kurz (Widerspruch des Abg. Obernosterer) und Beate Hartinger-Klein als Vertreter, Vertreterin der damaligen Regierung, die ja geglaubt haben, sie schwächen damit die Arbeitnehmer:innenrechte – was tatsächlich war – und stärken die Wirtschaft (Abg. Zarits: Das stimmt ja nicht!) – was tatsächlich war –, der ÖGK im Jahr 2028 wahrscheinlich 1,2 Milliarden Euro fehlen werden. Das ist eure Politik gewesen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Herr: Und der Kickl war dabei!)

Das ist im Zusammenhang mit dem Psychotherapiegesetz zu sehen, das wichtige, richtige und gute Ansätze beinhaltet, aber was Philip Kucher und andere schon gesagt haben – auch Ralph Schallmeiner hat es ja angedeutet –: Wir hätten mehr Mittel gebraucht. (Ruf bei der ÖVP: Mehr Geld!) Es müssen genug Mittel da sein. Man hätte mit dem, was jetzt genau durch diese Fusion, durch den Geldentgang nicht für die ÖGK da ist, Kassenarztstellen machen können. Das ist alles nicht passiert, das wird die nächste Regierung reparieren müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Eine Chance gibt es noch. Wir haben einen Entschließungsantrag vorbereitet, in dem wir diese Mittelaufstellung fordern. Wenn wir das zusammenbringen, dann wäre weniger in Gefahr als bei diesem Gesetzentwurf, dem wir in dieser Form so nicht zustimmen können. Ich bringe daher folgenden Entschließungsantrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „kostenfreie Psychotherapieausbildung und keine Zugangangsbeschränkungen“, also kostenfrei und ohne Zugangsbeschränkungen (Beifall bei der SPÖ)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung werden aufgefordert, ausreichend finanzielle Mittel für die Psychotherapieausbildung zur Verfügung zu stellen, damit für Studierende keine Ausbildungskosten im dritten Ausbildungsabschnitt entstehen und ausreichend Masterstudienplätze, aber auch Ausbildungsplätze für die Fachausbildung bereitgestellt werden können.

Außerdem wird der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz aufgefordert den Ausbau der psychosozialen Versorgung der Bevölkerung voranzutreiben und für ausreichend Kassenvertragsstellen die erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen.“

*****

Dass die Grünen das heute limitiert haben, ist wirklich eine Schande. (Beifall bei der SPÖ.)

20.44

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Philip Kucher, Andrea Kuntzl,

Genossinnen und Genossen

betreffend kostenfreie Psychotherapieausbildung und keine Zugangangsbeschränkungen

eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 15.) zum Bericht des Gesundheitsausschusses über das Bundesgesetz, mit dem das Psychotherapiegesetz 2024 (PThG 2024) erlassen sowie das Musiktherapiegesetz und das Psychologengesetz 2013 geändert werden 2503 d.B. (2525 d.B.)

Psychische Erkrankungen zählen zu den größten Herausforderungen in der Gesundheits- und Gesellschaftspolitik moderner Industriegesellschaften. Auch in Österreich musste in den letzten Jahrzehnten ein außergewöhnlicher Anstieg an psychischen Erkrankungen festgestellt werden. Für 2022 weist die Statistik Austria 144.524 Krankenstandsfälle wegen psychischer Erkrankungen mit einer durchschnittlichen Dauer von 38,5 Tagen aus. Das sind 5,5 Mio Krankenstandstage (2004 waren es noch 1,5 Mio, für 2009 2,2 Mio).

Ein Drittel der Pensionszuerkennungen wegen Invalidität und 45 % der Rehageldzuerkennungen beruhen auf einer psychischen Diagnose, wobei das Durchschnittsalter der Zuerkennungen mit 46 Jahren in dieser Krankheitsgruppe am niedrigsten ist. Neben dem persönlichen Leid sind die direkten (Behandlungskosten, Krankengeld, Pensionen etc) und indirekten (geringere Wertschöpfung) Kosten der Krankheitsfolgen in enorme Dimensionen gestiegen. Eine immer noch aktuelle Studie des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger aus 2009 hat ergeben, dass rund 10 % der Bevölkerung (900.000 Personen) Psychopharmaka erhalten. Gemäß der Studie wäre die Psychotherapie vor allem für leichte und mittelschwere Erkrankungen effektiver und kostengünstiger als die Medikationstherapie.

Trotzdem ist die psychosoziale Versorgungssituation in Österreich nach wie vor von fehlenden kassenfinanzierten Behandlungsplätzen, langen Wartezeiten und finanziellen Hürden geprägt. Auch wenn in den letzten Jahren einige Verbesserungen, wie insbesondere die Aufstockung der Kassenplätze erreicht wurde, ist Österreich von einer echten Bedarfsdeckung noch weit entfernt.

Das Psychotherapiegesetz 2024 wäre daher eine Chance, den Grundstein für eine flächendeckende Versorgung durch eine niederschwellige, ausreichende und hochwertige Ausbildung von Psychotherapeut:innen zu legen. Diese Chance wird mit dem gegenständlichen Gesetz nach vertan, insbesondere weil die Ausbildung weiterhin mit hohen Kosten für die Studierenden und das Studium mit Zugangsbeschränkungen verbunden ist.

Grundsätzlich ist das Reformpaket mit den Zielen der Akademisierung der Psychotherapie-Ausbildung sowie der Konkretisierung des Berufsbildes und der Berufspflichten zu begrüßen.

Es wäre die Chance gewesen, den Zugang zur Psychotherapie-Ausbildung, anders als jetzt, nicht mit immens hohen Ausbildungskosten zu verbinden und das würde eine deutliche Verbesserung gegenüber dem IST-Stand darstellen. Dies wird durch den vorliegenden Entwurf jedoch nur teilweise erfüllt, da nur zwei der drei vorgesehenen Ausbildungsabschnitte an öffentlichen  Uiversitäten absolviert werden können. Die dritte, postgraduelle Ausbildungsphase ist weiterhin von den Auszubildenden selbst zu finanzieren und stellt daher wiederum eine finanzielle Zugangshürde dar.

Auch die Sicherstellung von ausreichend Ausbildungsplätze in Kliniken oder Einrichtungen ist nicht gegeben. Dies ist jedoch entscheidend für die Qualität der praktischen Ausbildung und für eine erfolgreiche Umsetzung der Akademisierung.

Die insbesondere in der dritten Ausbildungsphase vorgesehenen „praktischen Tätigkeiten", die in Psychiatrien, psychotherapeutischen Ambulanzen, Primärversorgungseinrichtungen und entsprechenden Einrichtungen mit klinikartigen Settings erfolgen sollen, bedürfen naturgemäß entsprechenden Ausbildungsplätzen. Offen bleibt, ob dies im ausreichenden Maße gewährleistet wird. Schließlich bedarf es auch der Verfügbarkeit von qualifizierten Praxisanleiter:innen für die Auszubildenden.

Der Zugang zum Masterstudium ist von Beginn an mit einem Deckel der Studienplätze versehen. Lediglich 500 Plätze werden für den Masterstudiengang reserviert und es besteht für die Rektoren der einzelnen Universitäten auch noch die Möglichkeit diese zu reduzieren. Damit wird man die ausreichende psychotherapeutische Versorgung der österreichischen Bevölkerung nicht sicherstellen können.

Die Versorgung mit psychotherapeutischen Leistungen kann mit dem vorliegenden Gesetz nicht im ausreichenden Ausmaß aufrechterhalten werden, sondern wird substanziell gefährdet. Notwendig wäre ein Ausbau der Ausbildungsplätze auf allen Ebenen, damit bis 2040 keine Versorgungslücke entsteht.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher nachfolgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung werden aufgefordert, ausreichend finanzielle Mittel für die Psychotherapieausbildung zur Verfügung zu stellen, damit für Studierende keine Ausbildungskosten im dritten Ausbildungsabschnitt entstehen und ausreichend Masterstudienplätze, aber auch Ausbildungsplätze für die Fachausbildung bereitgestellt werden können.

Außerdem wird der Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz aufgefordert den Ausbau der psychosozialen Versorgung der Bevölkerung voranzutreiben und für ausreichend Kassenvertragsstellen die erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen.“

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Präsident Ing. Norbert Hofer: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht somit auch in Verhandlung.

Zu Wort gelangt Mag. Gerhard Kaniak. – Bitte, Herr Abgeordneter.