10.54

Mitglied des Europäischen Parlaments Mag. Andreas Schieder (SPÖ): Schönen guten Morgen! Sehr geehrte Damen und Herren! Schön, wieder einmal im österreichischen Parlament zu sein! Sehr geehrte Damen und Herren vor den Bildschirmen! Vor allem freut es mich, auf der Besuchergalerie eine Delegation von Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern aus Amstetten, Scheibbs und Melk herzlich zu begrüßen. (Allgemeiner Beifall.)

Ich danke Ihnen auch: Der Titel dieser Aktuellen Europastunde ist zwar recht eigenartig, aber das Thema Europa, unser europäisches Lebensmodell ist es wert, dass darüber geredet wird – nämlich ein Lebensmodell, das wir schützen müssen, ein Lebensmodell, das auf Frieden aufbaut, das aber auch weiß, ohne Freiheit wird es keinen Frieden geben, und für Freiheit braucht es auch Demokratie, und für eine funktionierende Demokratie braucht es sozialen Zusammenhalt, Steuergerechtigkeit, Arbeitsplätze. (Abg. Kickl: Vor allem muss das zählen, was die Leute wollen!) All diese Fragen sind zentral für uns Sozialdemo­kraten, wenn es um europäische Politik geht. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben das auch in ein politisches Konzept zusammengefasst, das im Wesentlichen sagt: Europe first statt made in China! Es geht nämlich darum, dass wir den Rückstand, den Europas Industrie hat, weil in anderen Kontinenten inzwischen massiv investiert wird, wieder aufholen. Investieren heißt, in Zukunftstechnologien zu investieren, in die grünen Technologien zu investieren, in den Kampf gegen den Klimawandel so zu investieren, dass wir europäische Solarpaneele auf europäische Häuser schrauben und diese nicht aus China importieren. (Beifall bei der SPÖ. – Heiterkeit und Bravorufe bei der FPÖ.)

Es geht aber auch um Versorgungssicherheit, denn in den letzten Jahren ist aufgefallen, dass die Österreicherinnen und Österreicher oft nicht mehr die Medikamente bekommen, die ihnen der Arzt verschrieben hat. Warum? – Weil sie nicht mehr in Europa produziert werden. Daher müssen wir auch investieren, damit die Produktion wieder nach Europa zurückkommt und Sicherheit besteht. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: ... so was Kleingeistiges!)

Es geht um den Industriestandort. Es geht um Chipstechnologien. (Ruf bei der FPÖ: Chipstechnologien? Kelly’s oder was? – Heiterkeit bei Abgeordneten der FPÖ.) Es geht um all diese Fragen, die wir neu definieren müssen, und es geht um die Arbeitsplätze der Zukunft. Es geht um die neuen, sauberen und guten, grünen Arbeitsplätze in Europa und in Österreich.

Dafür müssen wir investieren – viel, viel mehr, als bisher passiert ist. Ich würde sagen, 275 Milliarden bis 300 Milliarden Euro, die da jährlich in Europa investiert werden müssen, sind mindestens notwendig. Wir müssen alle Ressourcen mobi­lisieren. Wir müssen aber auch auf der rechtlichen Ebene schauen, dass made in Europe bei öffentlichen Ausschreibungen bevorzugt wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Was wir nicht zulassen dürfen, ist, dass europäische Technologie von anderen kopiert wird und dann billig, mit Staatssubventionen, von uns gekauft wird. Made in Europe muss bei öffentlichen Ausschreibungen Vorrang haben.

Das ist genau das Gegenteil von dem, was ich zum Beispiel auf freiheitlichen Plakaten immer wieder lese. Aber auch wenn ich Ihnen da so zuhöre: Sie tun ja immer so, als wären Sie für die kleinen Leute. (Abg. Wurm: Ja, eh!) – „Ja, eh!“, sagt er. – Abgesehen von dem, was Herr Kickl sich da nebenbei hat auszahlen lassen, was überhaupt far away von kleinen Leuten ist: Das ist der große Nehmer, nicht der kleine Mann, der da eine Rolle gespielt hat, Herr Kollege, nur damit wir das auch einmal ganz klar sagen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kickl: ... Armutszeugnis für Sie! Ich kann ja auch nichts dafür, dass Ihre Leistung Ihrer Partei nichts wert ist, aber verstehen tu ich’s!) – Sie brauchen da jetzt gar nicht herauszubrüllen, denn man kann es auch einfach faktisch untersuchen.

Ich habe mir angeschaut, wofür und wogegen Sie im Europäischen Parlament gestimmt haben. – Gegen die Jugendgarantie, gegen europäische Mindestlöhne, gegen höhere Löhne und mehr Personal in der Pflege, gegen die soziale Absicherung prekär beschäftigter Lieferfahrer, gegen den Fahrplan für ein soziales Europa, gegen mehr Demokratie in den Betrieben, und Sie haben sich auch betreffend einheitliche und faire Steuern für Großkonzerne enthalten. Das ist das wahre Gesicht der FPÖ. (Beifall bei der SPÖ.)

Damit auch die Frauen, die uns zuschauen, genau wissen, wer auf der Seite der Frauen steht und wer nicht (Abg. Belakowitsch: Das wissen die Leute!): Wir haben uns auch angeschaut, wie Herr Vilimsky zum Beispiel bei Frauenthemen abge­stimmt hat: Er hat sich enthalten, als es darum ging, die Lohnschere zwischen Mann und Frau zuzumachen (Abg. Belakowitsch: Zuzumachen oder abzuschaffen?), enthalten, als es um die Istanbulkonvention gegangen ist, enthalten, als es um das EU-Gewaltschutzpaket gegangen ist. Und natürlich hat er bei der Klima­politik auch dagegengestimmt. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)

Die Festung Europa, die Sie propagieren, ist ein schwerer Fehler. Der Öxit, den Sie sich wünschen und den Sie immer wieder fordern, wäre ein schwerer Fehler für die Österreicherinnen und Österreicher. (Beifall bei der SPÖ und bei Abge­ordneten der ÖVP.)

Was wir brauchen, ist ein gemeinsames Arbeiten in Europa für die Österreiche­rinnen und Österreicher, daher ist meine Bitte an alle Zuschauer: Gehen Sie am 9. Juni zur Europawahl und überlegen Sie sich gut, wen Sie wählen – wählen Sie aber bitte eine demokratische Partei, die für die Zukunft des Landes in Europa arbeitet. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP, Grünen und NEOS.)

10.58

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Harald Vilimsky. – Bitte schön.