17.54
Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (ÖVP): Zunächst begrüße ich die Schülerinnen und Schüler der HAK Tamsweg mit ihrem Professor Blinzer im Namen von Franz Eßl. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Frau Staatsekretärin! Transparenz: Sie (in Richtung Bundesminister Kocher) haben gesagt: gut, wichtig; fairer Wettbewerb: gut und wichtig. Wir haben ja auch die Mittel der österreichischen Bundeswettbewerbsbehörde massiv aufgestockt – ich glaube, das steht ohnehin für sich. Nur: Jetzt eine neue Plattform oder noch eine App zu entwickeln, halte ich für grotesk. Es gibt am Markt wahnsinnig viele Preisvergleichapps, die auch sehr gut funktionieren, also ich glaube eigentlich nicht, dass es sinnvoll ist, wenn der Staat noch einmal etwas macht, was es ohnehin schon gibt.
Unser Herr Minister hat ausführlich dargelegt, wie Teuerungsraten zustande kommen – das ist in der gesamten Eurozone so –, ich glaube aber, wir haben in Österreich schon ein Extrabeispiel (Abg. Belakowitsch – erheitert –: Haben wir!), wir haben nämlich sehr viele Hilfen – Antiteuerungsbonus, Klimabonus und wie sie alle hießen – ausgeschüttet. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)
Jetzt weiß jeder: Ich höchstpersönlich war nie ein Fan dieser Gelder, weil diese die Staatsverschuldung - - ah, weil die natürlich die Inflation antreiben. (Abg. Belakowitsch: Oh! Eh! – Ruf: Kein Fan, aber ...! – Ruf bei der SPÖ: Auch die Staatsverschuldung! – Abg. Belakowitsch: Sie haben sicher dagegen gestimmt, oder?) Frau Belakowitsch hat es ja auch gesagt. Das ist auch immer schon meine Meinung gewesen, ja. Das ist natürlich inflationstreibend, hat aber in dem Fall geholfen.
Es ist jetzt irgendwie paradox, sich dann darüber aufzuregen, denn Sie waren ja diejenigen, die massiv viel eingefordert haben. Sie haben ja hier immer geschrien: Wir müssen den Menschen helfen, wir müssen alle retten! (Rufe bei der SPÖ: Ja! – Ruf bei der SPÖ: Das schreien wir immer noch! – Abg. Belakowitsch: Wir wollen keine Einmalzahlungen ab jetzt? ..., Frau Kollegin Cincelli!) Jetzt regen Sie sich genau darüber auf, weil das natürlich ein massiver Inflationstreiber war. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Kucher: Aber was liegt denn konkret vor? – Abg. Belakowitsch: ... Klimabonus ...!)
Ich plädiere aber jetzt schon an alle – ich möchte das bitte gleich festhalten; jetzt haben wir dann den Wahlkampf vor uns –, dass wir dann nicht wieder aus einem populistischen Impuls heraus über den Sommer Einmalzahlungs-, Gießkannenmaßnahmen beschließen (Abg. Belakowitsch: Das habt ja ihr gemacht! Das habt ja ihr gemacht, bitte! – Zwischenrufe bei der SPÖ), weil wieder jemandem einfällt: Damit könnte man ein paar Leute ködern! Diese populistischen Maßnahmen – und die fordern Sie (in Richtung SPÖ) massiv ein: Sie haben das immer eingefordert – sind Inflationstreiber.
Ich plädiere auch in meinen eigenen Reihen dafür. Ich glaube, wir sollten das nicht machen. Wir sollten die Verantwortung übernehmen und sagen: Wir machen so etwas jetzt nicht!, und zwar alle gemeinsam. Das wäre mein Wunsch an Sie alle. (Ruf bei der SPÖ: Das ist unglaublich!) – So. (Abg. Belakowitsch: Ich glaube, ich bin im falschen Film! Wie lebt es sich in dieser Parallelwelt, Frau Kollegin?)
Jetzt kurz zu den Unterschieden zwischen Deutschland und Österreich – ich glaube, das ist sehr wichtig. Sie vergleichen das. Die Lebensmittelketten funktionieren ganz anders: Deutschland hat ein komplett anderes System. Da gibt es viele Unterschiede. Erstens einmal die Lebensmittelmarktdichte: In Österreich haben wir die meisten Lebensmittelmärkte auf die Fläche – in jedem Tal, in jeder Stadt, an jeder Ecke gibt es einen. Zweitens: Es gibt in Deutschland wesentlich höhere Quadratmeterzahlen, das heißt, die Logistik dahinter funktioniert auch ganz anders. Das macht es billiger.
Drittens: andere Mehrwertsteuersätze. Wir haben höhere Mehrwertsteuersätze (Abg. Belakowitsch: Warum haben wir die nicht gesenkt?), und zwar auch im Non-Food-Bereich, muss man sagen, nicht nur beim Essen. Wir haben einfach andere Sätze. (Abg. Belakowitsch: Ja!) Mein vierter Punkt – und das ist ein Problem, Philip; wir haben es vorhin kurz andiskutiert, und das ist meiner Meinung nach etwas, das man sich anschauen muss – betrifft die Zwischenhändler. Die deutschen Produzenten liefern nicht direkt nach Österreich. Es gibt Zwischenhändler, die natürlich dabei mitschneiden, und das müsste man sich EU-rechtlich, europarechtlich anschauen.
Fünftens – und jetzt kommt das Hauptproblem –, der Haupttreiber, das sind die hohen Löhne bei uns. (Abg. Herr: Geh bitte! – Ah-Rufe bei der SPÖ. – Abg. Stöger: Das ist jetzt ...!) Die Inflation ist dienstleistungsgetrieben, sie ist lohnbasiert. (Abg. Greiner: Die hohen Mieten! Die hohen Mieten! – Zwischenruf des Abg. Lindner.) – Schauen Sie, ich kann Ihnen den Beweis antreten, Herr Lindner, weil Sie sich so aufregen. (Ruf: Ja, bitte!) – Ja.
Warum kommen denn die Mitarbeiter aus den Grenzregionen nach Österreich und pendeln ein? – Sie pendeln ein, nehmen teilweise weite Strecken in Kauf und arbeiten in Österreich, weil sie natürlich viel mehr verdienen, weil wir alles unter KV-Regelung haben. (Zwischenruf des Abg. Lindner.) Dort kriegen sie im Handel großteils Mindestlohn, bei unserem KV im Handel sind die Löhne die letzten zwei Jahre um 15 Prozent gestiegen. (Ruf bei der SPÖ: Na und?) Das müssen wir einmal hereinbringen!
In Deutschland arbeitet man großteils für ein Mindestgehalt, da gibt es kein 13. und 14. Gehalt und dort und da eine Absicherung. Die pendeln ein nach Österreich; fragen Sie einmal in der Grenzregion! Die pendeln ein, und das ist das größte Problem, das wir haben. Ja, es ist leider Faktum.
Das hat das Ganze angetrieben, und wenn Sie dann noch eine 32-Stunden-Woche wollen – die Stunde wird immer mehr wert; über die Stunde kommt dann Druck hinein –, na was passiert dann? (Abg. Lindner: ... die Leute schnallen es nicht!) – Dann steigt die Inflation noch mehr. Das muss man schon einmal auch so aussprechen, wie es ist, ja? – Gut.
Seit Herbst/Winter stagnieren die Preise. Da jetzt noch eine Maßnahme zu ergreifen, wie irgendeine App zu bauen, halte ich für völlig abstrus. Das brauchen wir nicht.
Hören Sie generell auf, den Menschen zu vermitteln, dass alle so arm wären! Heute in der Früh hat Herr Drobits eine Aussage getätigt, bei der ich mir gedacht habe: Wie kann man diese Begrifflichkeit verwenden? – „Wir brauchen eine Gesellschaft, in der nicht die Gierigen mehr werden,“ wir müssen den Menschen mehr geben, „damit sie überleben können“ – überleben! Die Begrifflichkeit „überleben“, ist das Ihr Ernst? Als ob irgendjemand bei uns eines Hungertodes sterben würde! Überleben?! (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)
Niemand in Österreich stirbt an Unterernährung, im Gegenteil: Der Body-Mass-Index steigt Jahr für Jahr. Niemand stirbt hier, es geht den Menschen gut. (Abg. Kucher: Aber erzählen Sie das den Pensionistinnen und Pensionisten, die dort stehen und - -! Das ist ein Wahnsinn! – Abg. Belakowitsch: Bitte wiederholen! Bitte wiederholen!) Hören Sie auf, ständig allen zu erklären, dass dieses Land ein Wahnsinn ist! Wir leben in einem wohlhabenden Land, in dem es den Menschen gut geht, Philip. (Abg. Greiner: ... über die Mieten, über die Lebensmittelpreise, über hohen ...! – Abg. Herr: Die Ernährungsarmut liegt bei 12 Prozent laut Statistik Austria! 12 Prozent! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) – So. Ja, alles gut. (Präsidentin Bures gibt das Glockenzeichen.)
Zu meinem letzten Satz – ich möchte noch ganz kurz etwas sagen –, apropos Transparenz: Martin Kocher, ich fand es wahnsinnig gut, dass du auch proaktiv hinausgegangen bist und gesagt hast, dass du dich für diesen Job als Gouverneur der Nationalbank bewirbst, dass du da auch offen bist. (Abg. Greiner: Die Zeit ist um! Die 5 Minuten sind um!) Aus meiner Sicht ist es großartig, wenn ein Fachexperte mit fundiertem Wissen im Bereich der Wirtschaftspolitik, im Bereich der Währungspolitik, ein fundierter Fachexperte - - (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)
Präsidentin Doris Bures: Sie müssen den Schlusssatz formulieren, Frau Abgeordnete!
Abgeordnete Mag. Carmen Jeitler-Cincelli, BA (fortsetzend): Schlusssatz: Wenn er sagt: Ich bewerbe mich um so einen Job!, ist das gerade jetzt ein Signal, dass es auch eine berufliche nach einer politischen Karriere geben darf. – Das ist für viele in diesem Haus wichtig. (Abg. Herr: Ja, gerade jetzt, weil ihr in der nächsten Regierung nicht seids, oder was?) – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
18.00
Präsidentin Doris Bures: Nun ist Frau Abgeordnete Katharina Kucharowits zu Wort gemeldet. – Bitte.