12.57
Abgeordnete Mag. Meri Disoski (Grüne): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Geschätzte Verfahrensrichterin! Geschätzte Verfahrensanwält:innen! Ich möchte gleich mit einem Dank an Sie beginnen: Ich glaube, wir haben 14 Ausschusstage mit – wie soll ich sagen? – heißen Herzen erlebt, und die kühlen Köpfe sitzen hier oben auf der Galerie. Danke, dass Sie uns so gut durch dieses Verfahren geführt haben! Danke auch an unsere Mitarbeiter:innen der Fraktion, an die Parlamentsdirektion und an alle, die dazu beigetragen haben, das gleich zwei Untersuchungsausschüsse parallel in einer sehr sportlichen Zeit stattfinden konnten. (Beifall bei den Grünen.)
Ich möchte die zentralen Erkenntnisse und Ergebnisse, die meine Fraktion, die Grünen, in diesem Untersuchungsausschuss zum rot-blauen Machtmissbrauch gewonnen haben, mit Ihnen teilen. Ich habe Ihnen etwas mitgebracht: Das ist unser Fraktionsbericht (ein Exemplar des Berichtes in die Höhe haltend), er trägt den Titel „Blauer Pakt gegen Österreich. Aufarbeitung der FPÖ-Regierungsbeteiligung“. Das ist der Titel unseres Untersuchungsausschussberichtes. (Abg. Hafenecker: 500 Fehler waren drinnen, Bildungspartei! 500 Fehler, sehr peinlich!)
Jetzt wird sich die eine oder der andere, die oder der zusieht, vielleicht denken: Hm, „Blauer Pakt gegen Österreich“? Die FPÖ, das sind doch die Patrioten, das sind doch die, die für die Österreicherinnen und Österreicher arbeiten! – Drei Millionen Aktenseiten, 14 Befragungstage, zwölf Auskunftspersonen, die wir befragt haben, und viele neue Chats von aktiven und ehemaligen FPÖ-Politikern – ich glaube, gendern muss man quasi nicht – belegen ganz eindeutig, dass das Gegenteil der Fall ist. Die FPÖ hat einen Pakt gegen Österreich geschmiedet, der sich tatsächlich auf vier Säulen stützt. Schauen wir uns diese Säulen heute hier im Detail an:
Erstens – das haben wir heute schon ein bisschen gehört –: Messagecontrol in Blau war eine zentrale Säule. Wir haben in diesem Untersuchungsausschuss gesehen, dass sich die FPÖ ein paralleles Medienuniversum aufgebaut hat, um ihre rechte Propaganda, ihre Wissenschaftsfeindlichkeit und auch Falschinformationen mit Steuergeld zu nähren. (Abg. Hafenecker: Reden Sie vom „Standard“ und vom „Falter“?) Wir haben gesehen, dass sie beim System Inserate gegen Berichterstattung sehr munter mitgemacht hat, dass sie positive Berichterstattung im reichweitenstarken Boulevard kaufen wollte, dass sie auch gleichzeitig Berichterstattung, die der Partei nicht angenehm war, tatsächlich im Keim ersticken wollte. (Präsident Hofer übernimmt den Vorsitz.)
Ich habe Ihnen ein Beispiel mitgebracht: Im April 2019 geht zum Beispiel auf dem rechten Portal unzensuriert.at ein Artikel, der der FPÖ-Spitze nicht gefallen hat, online. In einer Chatgruppe, in der H.-C. Strache, Herbert Kickl und Norbert Hofer vertreten waren, schreibt dann der FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker – ich zitiere Ihnen das –: „Zur allgemeinen beruhigung, der bericht war nur 5 minuten online und wurde [...] sofort rausgenommen“, „Werde klären wie es soweit kam“. (Abg. Hafenecker: Weil er falsch war und ich es richtiggestellt habe!)
Entspricht das Ihrem Verständnis von Pressefreiheit? (Beifall bei den Grünen.)
Das Zweite, das wir in diesem Untersuchungsausschuss gesehen haben, ist ein blauer Selbstbereicherungsladen. Wir haben gesehen, wie sich die FPÖ auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler selbst bereichert hat. Es gab einen Bericht der Internen Revision im Innenministerium, der im von der FPÖ geführten, von Kickl geführten Innenministerium ein regelrechtes Gagenparadies offenbart hat. Das müssen Sie sich vorstellen und auf der Zunge zergehen lassen: Da gab es einen Mitarbeiter und engen Vertrauten von Herbert Kickl, der für 14 Arbeitstage 14 000 Euro brutto verdient hat, 1 000 Euro brutto pro Tag! (Ruf bei den Grünen: Oje, oje, oje!) – Das ist schon ganz gehörig, oder? Kickls Generalsekretär hat sich eine Fantasieuniform schneidern lassen, und wir wissen, dass Herbert Kickl sich selbst einen Kindheitstraum erfüllt hat, indem er eine Polizeireiterstaffel ins Leben gerufen hat, die schlappe 2,3 Millionen Euro gekostet hat. Schonender, sorgsamer Umgang mit Steuergeld? – Fehlanzeige! (Beifall bei den Grünen.)
Drittens haben wir gesehen, dass die sogenannte Patientenmilliarde, die uns Türkis-Blau vollmundig versprochen hat, ein kolossaler Flop war. Es waren nicht mehr Mittel, die für Patientinnen und Patienten dadurch zur Verfügung gestanden sind, sondern Mehrkosten für Sie alle, für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, in Höhe von 215 Millionen Euro – ein kolossaler Flop, der Sie alle 215 Millionen Euro gekostet hat!
Dann sitzt die ehemalige FPÖ-Gesundheitsministerin Hartinger-Klein – vielleicht schaut sie heute auch zu – im Untersuchungsausschuss und gibt dort zu, dass Türkis-Blau die Bevölkerung belogen hat. Sie sagt dort: Ja, diese Patientenmilliarde war ein „Marketinggag“, den haben wir im Bundeskanzleramt erfunden, und damit haben wir die Bevölkerung hinters Licht geführt.
Damit aber nicht genug: Sie haben auch noch versucht, das zu vertuschen. Im blauen Kabinett haben Sie die Schreddermaschinen im großen Stil angeworfen (Abg. Hafenecker: Das war der Kurz! Das war nicht bei uns! Das war euer Koalitionspartner!), Aktenmaterial ist vernichtet worden und das, was es noch geschafft hat, haben Sie versucht im Staatsarchiv verstauben zu lassen. Das haben wir nicht zugelassen.
Ich habe von vier Säulen gesprochen. Die vierte Säule wird uns weiterhin beschäftigen, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren. Wir haben in diesem Untersuchungsausschuss gesehen, wie die FPÖ dem Kriegstreiber Putin Tür und Tor nach Österreich geöffnet hat. Dieser Untersuchungsausschuss und investigative Medienrecherchen haben aufgedeckt, wie sich die FPÖ seit Jahren als williger Handlanger Putins betätigt hat. Wir haben auch gesehen, dass das von Kickl geführte Innenministerium eine Drehscheibe für eine russische Zelle im österreichischen Geheimdienst war (Abg. Amesbauer: So ein Blödsinn! So ein Schmarrn!), und das hat unser aller Sicherheit gefährdet. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Hafenecker: Da musst du selber lachen!)
Trotz dieser Kürze und auch trotz des schlecht und schlampig formulierten Einsetzungsverlangens der ÖVP hat dieser Ausschuss zwei Fragen sehr klar beantworten können. Erstens: Hat sich die FPÖ auf Kosten der Menschen in diesem Land bereichert? – Ja, das hat sie: mit fürstlichen Gagen, mit ungenierter Postenschacherei und mit Inseratenkorruption.
Zweite Frage: Brauchen wir einen eigenen Russland-Untersuchungsausschuss, den wir Grüne schon seit längerer Zeit fordern? – Ja, den brauchen wir, weil wir sehen müssen, wie unterschiedliche Regierungen mit Beteiligung von SPÖ, ÖVP und auch FPÖ uns sehenden Auges in die Abhängigkeit von russischem Despotengas geführt haben; weil wir aufklären müssen, wie es zu dieser massiven Unterwanderung unserer Sicherheitssysteme, unserer Sicherheitsdienste durch russische Spione kommen konnte, und weil wir auch klären müssen, wer dafür die politische Verantwortung trägt.
Ich fasse zusammen: Die FPÖ sagt: für Österreich!, arbeitet aber eigentlich dagegen. Sie sagt: gegen die Eliten!, lebt aber: euer Geld für unsere Leute!
Die FPÖ hat einen Pakt gegen Österreich geschlossen – das ist das Ergebnis dieses Untersuchungsausschusses. Und während wir hier sitzen, schreibt die FPÖ im hinteren, stillen Kämmerlein still und heimlich an der Fortsetzung dieses Paktes gegen Österreich. Sie alle, die Sie heute hier diese Debatte mitverfolgen, entscheiden im September darüber, ob die FPÖ danach die Möglichkeit bekommt, diesen Pakt weiterzuschreiben und umzusetzen – was sie ganz offen sagt, denn Kickl sagt ja: Machen wir es Orbán nach! (Abg. Belakowitsch: Ja!)
Demokratische Strukturen und Institutionen sollen zerstört werden, Vielfalt soll bekämpft werden, wirtschaftlicher Ruin steht vor der Tür – das ist das, was uns erwartet, wenn dieser Pakt gegen Österreich erfüllt werden sollte. Und dem, dieser Demokratiefeindlichkeit der Blauen, werden wir Grüne uns weiterhin entschlossen entgegenstellen. (Beifall bei den Grünen.)
13.04
Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner ist Mag. Yannick Shetty. – Bitte, Herr Abgeordneter.