Abgeordnete Fiona Fiedler, BEd (NEOS): Wir haben in Österreich rund 100 Kassenstellen, die länger als ein Jahr nicht besetzt werden konnten. Laut Anfragebeantwortung Ihres Hauses wird die Verteilung der zusätzlichen Kassenstellen bewusst so vorgenommen, dass sie nicht in der Nähe von unbesetzten Planstellen verortet werden, um sicherzustellen, dass die Versorgungssituation weiter verbessert wird. Das ist schon etwas eigenartig.
Wie kann dementsprechend sichergestellt werden, dass sich – in diesem Falle – trotz der 100 zusätzlichen Kassenstellen die Versorgung in diesen Regionen verbessert und die Bevölkerung die nötige medizinische Versorgung erhält?
*****
Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 376/M, hat folgenden Wortlaut:
„Wir haben in Österreich rund 100 Kassenstellen, die länger als ein Jahr nicht besetzt werden konnten. Wie kann sichergestellt werden, dass die Unterversorgung verbessert wird und die Bevölkerung die nötige medizinische Versorgung erhält?“
*****
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Zunächst darf ich festhalten, dass wir in Österreich insgesamt rund 10 000 Planstellen für Vertragsärzt:innen haben, also inklusive der Zahnmedizin, und 97 Prozent davon besetzt sind. Es ist allerdings – und das stimmt – nicht von der Hand zu weisen, dass wir insbesondere in ländlichen Regionen aufgrund von Generationswechseln, Ärzt:innen, die in Pension gehen, Situationen haben, die dazu führen, dass Stellen nicht besetzt sind und dass dort Schwierigkeiten auftreten.
Die Krankenversicherungsträger haben jetzt im Rahmen der Selbstverwaltung eben die Aufgabe, sicherzustellen, dass die Versorgung auch dort sichergestellt wird. Das geschieht auf zweierlei Art und Weise. Es wird nicht so sein, dass überall dort, wo wir bisher eine Hausärztin, einen Hausarzt hatten, diese einfach eins zu eins ersetzt werden können. Oftmals treten auch Gemeinden, Regionen an die Sozialversicherung heran, um dort ein Primärversorgungszentrum zu errichten, das dann eine ganze Region zu versorgen imstande ist – durchaus auch nicht nur mit klassischer allgemeinmedizinischer Versorgung, sondern mit einem breiteren Angebot. Das hat den Nachteil, sage ich dazu, dass die Arztstelle vielleicht nicht mehr unmittelbar im selben Ort ist, aber den unschätzbaren Vorteil, dass dieses Primärversorgungszentrum Öffnungszeiten hat, die es braucht, und dass Vertretungsregelungen und ein breiteres Angebot vorhanden sind.
Wie gesagt, die 100 Kassenstellen werden jetzt sukzessive nachbesetzt. Zielsetzung ist es schon, auch eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen, weil ich ein Vertreter davon bin, dass man nicht Hunderte oder viele Kilometer fahren müssen soll, um eine ärztliche Versorgung zu bekommen.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Frau Abgeordnete? (Abg. Fiedler: Danke!)
Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Böker. – Bitte.
Abgeordnete Ulrike Maria Böker (Grüne): Einen schönen guten Morgen, Herr Minister! Einer der wichtigsten Bereiche im Hinblick auf die Gesundheit der Menschen in Österreich ist die Primärversorgung, die vor allem von den niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten geleistet wird. Darauf wurde in den letzten Jahren auch sehr viel Augenmerk gelegt. Im Bereich der Primärversorgung wurden auch Maßnahmen gesetzt.
Welche Verbesserungen lassen sich bereits jetzt feststellen?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Also zunächst bleibt festzuhalten, dass Primärversorgung nicht nur Primärversorgungszentren betrifft, sondern natürlich auch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte im vor allem kassenärztlichen Bereich.
Was die Primärversorgungszentren angeht: Seit das Parlament beschlossen hat, dort bürokratische Hürden zu beseitigen, und eine Anpassung vorgenommen hat, nämlich die Vetomöglichkeit der Ärztekammer beseitigt hat, hat sich die Anzahl der Beantragungen von Primärversorgungszentren dramatisch erhöht. Wir haben jetzt 60 Primärversorgungszentren, weitere 30 in der Pipeline, fünf davon Kinder-PVEs, und gehen davon aus, dass wir im nächsten Jahr in der Realisierung von Primärversorgungszentren bereits die Zahl Hundert überschreiten werden.
Die gute Nachricht dazu ist auch – ich habe jetzt, ich weiß nicht, etwa 20 oder so angeschaut –, dass alle berichten, dass sie – und die Befürchtungen waren da – keine Konkurrenzsituation zur bestehenden Arztpraxis darstellen. Das ist nicht der Fall. Es gibt Fallbeispiele dafür. Es ist abgefragt worden, wie die Frequenz im Primärversorgungszentrum und wie jene in der Praxis, die vielleicht knapp daneben liegt, ist, und das Ergebnis zeigt: Da hat sich nichts verändert.
Die Nachfrage ist da, also wird das Angebot ausgebaut, und das ist auch gut so.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Silvan. – Bitte.
Abgeordneter Rudolf Silvan (SPÖ): Schönen guten Morgen, Herr Bundesminister, auch meinerseits! Noch einmal zurückkommend auf die 100 zusätzlichen Kassenarztstellen: Bei der Fusion haben die neun Gebietskrankenkassen circa 1,4 Milliarden Euro an Rücklagen eingebracht. Das Geld ist mittlerweile fast weg. Wie Kollege Loacker vorhin schon gesagt hat: Böse Zungen behaupten, es sei eine zehnte Kassa entstanden, da es in der ÖGK fast 2 000 Beschäftigte mehr als bei den neun Gebietskrankenkassen gibt.
Die ÖGK hat 2023 ein Minus von rund 400 Millionen Euro ausgewiesen. Sie haben gesagt, 300 Millionen Euro werden jetzt für diese 100 Kassenarztstellen zugeschossen. Ich glaube, 200 Millionen Euro davon kriegt allein die ÖGK, denn die 300 Millionen Euro sind für alle Krankenversicherungsträger. Wie soll sie das finanzieren, wenn sie 400 Millionen Euro Minus macht und nur 200, 250 Millionen Euro bekommt?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Das war ja der Grund für eine Gesundheitsreform. Wir haben erkannt, dass dort ein Finanzierungsbedarf besteht, und wenn man der Sozialversicherung zusätzliche Aufgaben überträgt und vor allem darauf drängt, dass der kassenärztliche Bereich ausgebaut wird, dann muss man auch sicherstellen, dass die Mittel dafür da sind.
Es gibt nur zwei Möglichkeiten, die Bereitstellung der Mittel zu gewährleisten: Das geschieht über die Beiträge, und wenn das nicht ausreicht, dann kann eine Beitragserhöhung vorgenommen werden – das wird nicht passieren, Stichwort Lohnnebenkostenerhöhung –, oder es wird Geld aus dem Finanzministerium bereitgestellt. Das ist jetzt geschehen, und damit ist die Voraussetzung dafür geschaffen, dass dieser Ausbau auch stattfinden kann.
Richtig ist: Es wird künftig wohl die Frage zu stellen sein, wie die Finanzierung auch langfristig sichergestellt werden kann, denn dass wir aufgrund der Demografie, die wir haben, in einer älter werdenden Gesellschaft einen höheren Bedarf an medizinischer Versorgung haben, das ist unzweifelhaft der Fall.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Abgeordneter Dr. Saxinger. – Bitte.
Abgeordneter Dr. Werner Saxinger, MSc (ÖVP): Wunderschönen guten Morgen, Herr Gesundheitsminister! Für eine gute Gesundheitsversorgung der Bevölkerung sind nicht nur die Kassenstellen wichtig, sondern auch moderne diagnostische bildgebende Verfahren wie MRT oder CT. Diese Verfahren sind oft für eine Abklärung unterschiedlicher Erkrankungen erforderlich. In der Vergangenheit kam es gerade bei MRT-Untersuchungen in manchen Bereichen auch zu längeren Wartezeiten. Diesem Umstand der längeren Wartezeiten wurde nun Rechnung getragen, indem zum Beispiel in Oberösterreich in manchen Spitälern neue MRT-Geräte genehmigt wurden.
Meine Frage an Sie: Welche weiteren Maßnahmen wurden im Bereich der Versorgung mit MRT-Geräten gesetzt, um eine raschere Terminfindung zu ermöglichen?
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.
Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Herr Abgeordneter, das war in den letzten beiden Sitzungen der Bundes-Zielsteuerungskommission ein ganz drängendes Thema, und in der letzten Sitzung wurde eine zusätzliche Ausstattung mit Großgeräten an einzelnen Standorten, die besonders prioritär zu behandeln sind, beschlossen. Das ist jetzt jedenfalls sichergestellt.
Es hat zeitgleich auch die Sozialversicherung zugesagt – und schon ein erstes Papier vorgelegt –, einen Maßnahmenplan zu entwickeln, wie die Auslastung dort, wo sie nicht gegeben ist, sichergestellt werden kann und auch die Bedarfsplanung so stattfinden kann, dass jedenfalls sichergestellt ist, dass die Wartezeiten verkürzt werden.
Das bleibt Thema, das bleibt auf der Tagesordnung. Das wird im September bei der nächsten Sitzung der Bundes-Zielsteuerungskommission jedenfalls wieder vorgelegt werden, um eine Maßnahmenplanung hinzubekommen, durch die die Wartezeiten, die wir in Teilbereichen haben, deutlich verkürzt werden.
Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Strasser.