Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Herr Bundesminister! Gerade in Zeiten der Teuerung haben die Konsumentinnen und Konsumenten ein Riesenproblem, wenn sie ihre Rechtsansprüche vertreten wollen. Unterlas­sungsklagen waren bisher üblich, sind aber sehr schwierig durchzuführen. Deshalb hat die EU eine Richtlinie, die Verbandsklagenrichtlinie, erlassen. Das hat unserer Meinung nach sehr lange gedauert.

Meine Hauptfrage wäre:

370/M

„Warum hat sich zu Ungunsten der Konsument:innen die nationale Umsetzung der Verbandsklagenrichtlinie in Österreich um beinahe 600 Tage verzögert?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Die Verbandsklagenrichtlinie ist ein Meilenstein in der europäischen Verbraucher:innenpolitik, das teile ich. Sie ist ein Jahr zu spät in Kraft getreten, nicht 600 Tage.

Warum kam es zur Verzögerung? – Das kann ich auch ganz offen sagen: Es gibt da gegensätzliche Interessen von betroffenen Stakeholder:innen, die Verhandlungen dazu haben sich schwierig gestaltet.

Das Ergebnis ist, ja, ein Kompromiss; aber ich sage: Ich stehe dazu, dass diese Umsetzung stattgefunden hat. Wäre sie nicht passiert, wäre es jedenfalls eine – wie soll ich sagen? – Verschlechterung gewesen. Wir haben es jetzt zustande gebracht, durchaus mit Kompromissen, aber ich bin froh darüber, dass es überhaupt gelungen ist.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage, Herr Abgeordneter? – Bitte.

Abgeordneter Mag. Christian Drobits (SPÖ): Wir sehen, dass das doch noch zu wenig ist, und zwar insbesondere in einem Punkt: Es muss die Betrof­fenheit von 50 Geschädigten vorhanden sein, damit Leistungsansprüche und Abhilfeverfahren möglich sind.

Meine Zusatzfrage ist deshalb: Aus welchen Gründen wurde eigentlich diese außerordentlich hohe Zahl von 50 Betroffenen oder Geschädigten ge­wählt? Wenn man nur Deutschland heranzieht: Die haben 82,7 Millionen Ein­wohner und im Endeffekt die gleiche Anzahl der notwendigen Betroffenen.

Was war im Endeffekt wirklich der Grund, etwa dass in Deutschland diese An­zahl erforderlich ist? Wir forderten nämlich immer zehn bis 20, im Endeffekt sind aber die 50 gewählt worden. Was war der Grund für die Zahl 50?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Zunächst möchte ich auch die Verbesserungen festhalten, die gelungen sind: Es ist jetzt so, dass die Gerichtsverfahren leichter zu organi­sieren sind. Es gibt einen einheitlichen Gerichtsstand beim Handelsgericht Wien, es ist nicht mehr erforderlich, dass eine klagsbefugte Einrichtung bei allen 16 Landesgerichten in Österreich 16 Sammelklagen zum selben Thema einbringt. Konsument:innen kommen schneller zum Schadenersatz. Die Prozess­kostenfinanzierung wurde gesichert. Mehr Verbraucherorganisationen können Klagen führen, und Klagen können auch zu allen möglichen Themen geführt werden.

Und ja, die Zahl von 50 Konsumentinnen und Konsumenten war Teil des Kom­promisses, da wäre meine Zahl deutlich darunter gelegen – um es einmal so zu sagen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Abgeordneter Weidinger. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Peter Weidinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Minister! Dieser Bundesregierung liegen ja die Menschen ganz besonders am Herzen. Ich denke an die vielen Maßnahmen, die zur Kaufkraftsteigerung geführt haben, wie auch die Abschaffung der kalten Progression, damit die Menschen mehr Netto vom Brutto in der Tasche haben.

Zu meiner konkreten Frage: Das Ministerium vereinbart mit dem VKI immer wie­der, dass der VKI zum Schutz von Kollektivinteressen auch Klagen erhebt. Gedenken Sie, hinkünftig solche Vereinbarungen auch mit anderen qualifizierten Einrichtungen vorzunehmen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Ich bin sehr froh, dass es diese Möglichkeit gibt, und wir machen davon auch Gebrauch, wenn auch sparsam und zielgerichtet.

Ich darf erwähnen, dass in diesem Zusammenhang die Klagen gegen bestimmte Energieversorgungsunternehmen durchaus von Erfolg gekrönt waren, weil sie dazu geführt haben, dass tatsächlich Geld zurückgezahlt worden ist. Das heißt, wir versuchen zuerst natürlich, eine Schlichtungsvereinbarung zu treffen – das gelingt dann oftmals, auch betreffend Rückzahlung; und wenn es nicht funktioniert, dann wird es halt auch durchgeklagt.

Es steht dem nichts entgegen, das künftig auch zu verbreitern. Die Möglichkeit ist ja jetzt geschaffen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Zusatzfrage stellt Frau Abgeordnete Fischer. – Bitte.

Abgeordnete Mag. Ulrike Fischer (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister! Konsumentenschutz ist mir als Konsumentenschutzsprecherin wichtig, Ihnen als Konsumentenschutzminister mindestens genauso.

Meine Frage: Die Umsetzung der Verbandsklagenrichtlinie soll dem Konsumen­tenschutz dienen. Wo sehen Sie da die Meilensteine der Umsetzung und inwiefern kann man sagen: Unrecht darf sich nicht lohnen, es gibt mit dieser Umsetzung tatsächlich Maßnahmen, die den Konsumenten, Konsumen­tinnen dienen!? – Danke schön.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz Johannes Rauch: Erstens ist die Frage so zu beantworten, dass es erforderlich ist und gegeben sein muss – und darum bin ich über diesen europäischen Schulterschluss froh –, auch grenzüberschreitend Dinge abwickeln zu können, weil wir wissen, dass ja vorwiegend über das Internet bestellt wird und damit auch der Konsumentenschutz sozusagen grenzenlos sein muss.

Wir haben da eine ganze Reihe von Maßnahmen getroffen – mit Beratungseinrichtungen, mit dem Hinweis darauf, wie man sich bei bestimmten Schädigungen verhält. Es ist auf der europäischen Ebene Thema, dass es möglich sein muss, wenn man mit einem Klick eine Bestellung aufgibt und damit einen komplexen Kaufvertrag eingeht, davon auch wieder zurück­zutreten, weil Konsumentinnen und Konsumenten die Komplexität dieses einen Klicks im Internet oft nicht durchschauen. Man schließt damit oft Kredit­vereinbarungen ab, die mit Zinssätzen hinterlegt sind, die weit im zweistelligen Bereich sind, um nur ein Beispiel zu nennen.

Wir haben also im Bereich des Konsumentenschutzes und im Bereich dieser Klagsmöglichkeiten, glaube ich, als Gemeinwesen die Aufgabe, sowohl auf nationaler Ebene als auch auf grenzüberschreitender EU-Ebene alles auszunützen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Abgeordneter Minnich. – Bitte.