Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler, Sie haben gestern mit der Ablehnung unseres Misstrauensantrags gegen Bundesministerin Gewessler nicht nur eine Sternstunde der Unglaubwürdigkeit hingelegt, sondern auch den Beweis erbracht, dass Sie tatsächlich der Totengräber der heimischen Landwirtschaft sind. (Ruf bei der ÖVP: Na!)

Dieses Gesetz ist nicht nur ein Attentat auf die österreichischen Bauern und Konsumenten, sondern auch ein perfektes Beispiel dafür, dass die Europäische Union wieder einmal versucht, etwas zentral zu steuern, das viel besser dezentral in der Region zu regeln ist.

Fakt ist, dass Sie, Herr Bundeskanzler, den angekündigten Verrat an unseren Bauern und die Gefährdung unserer Ernährungssouveränität sehenden Auges haben passieren lassen. Sie hätten zum Bundespräsidenten gehen können und die Entlassung verlangen können. Sie hätten im EU-Hauptausschuss meinem Antrag gegen das Gesetz zustimmen können. Dann wäre die Regierung gebun­den gewesen. Sie hätten gestern unserem Misstrauensantrag zustimmen können. Doch das alles haben Sie nicht getan.

Sie haben die Mauer gemacht. Sie haben ihr das Vertrauen ausgesprochen. Wofür das Ganze? – Um noch ein paar Wochen länger im Amt zu bleiben und ein paar Posten zu verteilen.

Daher meine Frage:

379/M

„Was entgegnen Sie den heimischen Landwirten, die Ihnen zu Recht vorwerfen, dass Ihr Festhalten an Bundesministerin Gewessler deren Zustimmung zum EU-Renaturierungsgesetz erst ermöglicht hat, weshalb Sie auch die volle Verant­wor­tung tragen?“

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Zum einen entgegne ich, dass diese Form des Aktionismus, die Sie angesprochen haben – mit dem Misstrauensantrag gegen die Ministerin –, nicht einmal 87 Tage vor der Wahl nichts gebracht hätte, um die Renaturierungsverordnung in diesem Fall aufzuhalten. (Abg. Kickl: War aber Ihre Anzeige! – Abg. Michael Hammer: Das war eine schwache Vorstellung gestern! Eine sehr schwache Vorstellung war das! Das war ein Redeversager! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch.)

Das Entscheidende ist, dass – und das ist ja tatsächlich ausreichend diskutiert worden, auch gestern hier im Hohen Haus – es einen Rechtsbruch der Energieministerin gegeben hat. Wir haben darauf hingewiesen, wir haben auch in Brüssel darauf hingewiesen – das war uns wichtig –, aber ich habe den Menschen in Österreich auch versprochen, dass es bis zum Wahltag kein Chaos gibt, dass wir die Regierung geordnet bis zur Wahl führen, bei der die Wähle­rinnen und Wähler dann genau darüber abstimmen können. (Abg. Holzleitner: Parlamentarismus ist kein Chaos, Herr Kanzler! – Präsident Sobotka gibt das Glockenzeichen. – Abg. Krainer: Die Regierung ist ein Chaos! – Abg. Holzleitner: Kein Chaos!)

Wenn es darum geht, im Spiel der freien Kräfte Wahlzuckerl zu verhindern (Abg. Krainer: Ja, das machen Sie jede Woche im Ministerrat! – Abg. Leichtfried: Herr Präsident, das Parlament ist kein Chaos!), die die Menschen seit 2008 mehr als 30 Milliarden Euro kosten, dann ist das aus meiner Sicht ein verantwortungs­volles Führen der Regierung bis zum Ausdienen der Legislaturperiode – denn wir dienen den Menschen im wahrsten Sinne des Wortes. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: Zumindest eine Zurechtweisung!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka (in Richtung SPÖ): Sie kommen eh dann zur Frage, Herr Abgeordneter.

Zusatzfrage, Frau Abgeordnete Steger? – Bitte. (Abg. Holzleitner: Herr Präsident, es geht auch um die Würde des Hauses! – Abg. Krainer: Herr Präsident! Wenn jemand sagt, das Parlament ist Chaos, dann ist es Ihre Verantwortung, die zurecht­zuweisen! – Abg. Leichtfried: Es geht auch um den Umgang mit Ihrem ...! – Ruf bei der ÖVP: Was regt ihr euch denn auf? Ist doch wahr!)

Abgeordnete Petra Steger (FPÖ): Sehen Sie, Herr Bundeskanzler? – Genau deswegen sind Sie und Ihre Partei auch so unglaubwürdig.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka (das Glockenzeichen gebend): Warten Sie, darf ich ganz kurz einmal unterbrechen? Seien Sie so gut, lassen Sie Abgeordnete Steger ausreden. Sie kommen ja dann dran. (Abg. Leichtfried: Sind Sie da jetzt der Präsident oder nicht? – Abg. Krainer: Sind Sie hier als ÖVP-Funktionär oder als Präsident des Nationalrats?)

Abgeordnete Petra Steger (fortsetzend): Genau deswegen, Herr Bundeskanzler, glauben Ihnen die Österreicher tatsächlich kein Wort mehr (Abg. Zarits: Aber euch schon, gell? Euch schon! – Abg. Michael Hammer: Dem Vokaki, dem glaubt keiner! Voll-Kaki!), denn Sie halten nicht nur an Bundesministerin Gewessler fest, sondern auch an jener Person, die auf EU-Ebene die Verantwortung dafür trägt: der Kommissionspräsidentin von der Leyen.

Das Renaturierungsgesetz ist nämlich das Kernelement des Green Deals. Wissen Sie, wessen Prestigeprojekt der Green Deal tatsächlich war? – Das von Frau von der Leyen. Wissen Sie, wessen Spitzenkandidatin Frau von der Leyen war? – Ihre Spitzenkandidatin. Wissen Sie, wer erst kürzlich dafürgestimmt hat, dass Frau von der Leyen trotz fünf Jahren EU-Wahnsinns und trotz Korruptionsermitt­lungen gegen sie tatsächlich weiterhin im Amt bleiben soll? – Ja, das waren Sie, Herr Bundeskanzler. (Abg. Michael Hammer: Das können Sie in Brüssel erzählen! Von der eigenen Bezirkspartei abgewählt und nach Brüssel abgeschoben! Auf Wiedersehen! – Zwischenruf der Abg. Belakowitsch. – Abg. Michael Hammer: Na ist ja so! – Zwischen­rufe der Abgeordneten Zarits und Prinz. – Abg. Michael Hammer: Das ist Ihre letzte Rede!)

Das war aber nicht die einzige katastrophale Fehlbesetzung, der Sie zugestimmt haben. Die EU-Einheitspartei hat auch in Brüssel getagt und alle möglichen Topjobs wieder einmal untereinander - -

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte die Frage, Sie haben die Minute schon ausgeschöpft. Sie müssen die Frage stellen. – Bitte.

Abgeordnete Petra Steger (fortsetzend): Daher meine Frage: Wie können Sie sich als Vertreter der Landwirtschaft und der Wirtschaft und Industrie verkaufen, wenn Sie genau jene Politiker auf EU-Ebene unterstützen, die für die Zerstörung unserer Wirtschaft und Industrie und des Wohlstands in Europa verantwortlich sind? (Abg. Zarits: Und was ist die Frage?)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Also die Frage, die Sie grundsätzlich ansprechen, ist ja eine sehr bedeutende. Warum waren wir immer gegen die Verordnung (Abg. Belakowitsch: War gar nicht dagegen! – Abg. Kassegger: Der Karas hat dafürgestimmt!), so wie sie aus Brüssel zentralistisch durchgesetzt wird?– Weil die österreichische Landwirtschaft stets eine Verbündete von Umweltschutz und Klimaschutz und Naturschutz in diesem Land war.

Österreich ist ein Vorzeigeland: Die Qualität der österreichischen Seen ist so herausragend, dass man aus ihnen trinken kann. 50 Prozent der Fläche Öster­reichs sind mit Wald bedeckt. Wir sind in der glücklichen Lage, Holz als Energieträger und Baustoff verwenden zu können und trotzdem einen größeren Wald für die Zukunft vorzufinden, als wir ihn jetzt haben, weil der Wald weiter wächst.

Wir haben eines der strengsten Forstgesetze in der Europäischen Union – und deswegen war es aus meiner Sicht völlig klar, dass die Verordnung, das Gesetz aus Europa so nicht kommen darf und soll. Genau dafür habe ich mich einge­setzt; das ist auch ausreichend diskutiert worden.

Sie wissen, das sind Mehrheitsentscheidungen, die getroffen werden – deswegen war das Verhalten der Energieministerin in dem Fall auch so verantwortungslos, weil diese Mehrheitsentscheidung dadurch möglich gemacht worden ist. Es gab Länder wie Schweden oder Finnland, die genauso wie Österreich dagegengestimmt haben – aus dem gleichen Grund. (Abg. Steger: Hab’ nach den Posten gefragt!)

Das, was die Bäuerinnen und Bauern in Österreich wissen und worauf sie sich verlassen können, ist, dass sie in der Volkspartei den verlässlichsten Ansprech­partner haben, wenn es darum geht, sich für die Landwirtschaft einzusetzen. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP. – Heiterkeit bei der FPÖ. – Abg. Michael Hammer – in Richtung FPÖ –: Ihr habt Abgeordnete, die wissen, dass der Bauer in der Früh aufsteht! Sehr schlaue Leute sind das! Peinlich! – Rufe bei der SPÖ: Herr Präsident! Zur Geschäftsordnung, Herr Präsident!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Meldung ist zur Geschäftsbehandlung. – Bitte sehr.

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