Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Herr Bundeskanzler, wir haben - - (Weitere Rufe und Gegenrufe zwischen ÖVP und SPÖ.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka (das Glockenzeichen gebend): Frau Sirkka Prammer ist am Wort.

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (fortsetzend): Herr Bundeskanzler, wir haben im letzten Jahr gemeinsam das Informationsfreiheitsgesetz beschlossen und damit das Amtsgeheimnis abgeschafft und für Transparenz in der gesamten Verwaltung gesorgt – sowohl im Bund als auch in den Ländern bis hin zu Gemeinden wie Attnang-Puchheim. (Abg. Zarits – in Richtung SPÖ –: Ihr wollt ja wirklich verlieren, gell? – Abg. Steger: Das ist jetzt eine Selbsterkenntnis! – Rufe bei der FPÖ: Besser schaut es bei euch auch nicht aus! 30 Prozent! Haushoch! – Abg. Kickl: Ich gönn’ euch - -! Noch ein paar historische Kracher! – Abg. Zarits – in Rich­tung Abg. Kickl –: Auch wieder da! Grüß Gott! – Abg. Steger: Du bist bald nimmer da! – Abg. Michael Hammer: Der Vokaki!)

Wir haben damit für eine Transparenz gesorgt, die dafür sorgt, dass Vertrauen in den Staat und in das staatliche Handeln wiederhergestellt wird und bei den Menschen erhalten wird. Jeder kann Anfragen stellen, jeder muss Antworten bekommen und vor allem: Die Behörden sind auch verpflichtet, gewisse Informationen von sich aus zu erteilen.

Nun haben wir aber festgestellt – während dieses Gesetz beschlossen wurde –, dass es zahlreiche Verwaltungsbestimmungen gibt, die sich noch auf Geheim­haltungsbestimmungen beziehen beziehungsweise die Informationsrechte enthalten, die teilweise mit dem Informationsfreiheitsgesetz nicht ganz kompa­tibel sind.

Was machen Sie in Ihrem Haus und wie weit sind die Fortschritte dabei, da die notwendigen Adaptierungen zu setzen?

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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 390/M, hat folgenden Wortlaut:

„Welche Maßnahmen werden derzeit in Ihrem Haus gesetzt, um die beschlossene Abschaffung des Amtsgeheimnisses und den Start des Grundrechts auf Informa­tionsfreiheit im Herbst 2025 vorzubereiten?“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Vielen Dank für die Frage, Frau Abgeord­nete. Verfassungsministerin Edtstadler hat während des gesamten Prozesses bis zum Beschluss des Informationsfreiheitsgesetzes stets betont, dass der Para­digmenwechsel nur gemeinsam funktionieren kann. Dazu gehört auch, dass die informationspflichtigen Stellen in der Vorbereitung und im Vollzug informiert und auf diesem Weg begleitet werden.

Es gab und gibt nach Beschlussfassung des Gesetzes weiterhin einen engen Austausch mit den informationspflichtigen Stellen – weil es auch eine Kulturänderung ist, und Kulturänderungen, wie wir wissen, brauchen Zeit, um dann umgesetzt zu werden –, die bereits jetzt Schritte zur Vorbereitung der Umsetzung setzen.

Der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes hat vergangene Woche ein Rundschreiben an alle Ressorts versendet, in dem die Schritte für die notwendigen Anpassungen in den betroffenen Materiengesetzen festgelegt werden. Die jeweils fachlich zuständigen Ressorts müssen zunächst diverse Bestimmungen auf ihre Vereinbarkeit mit dem neuen Grundrecht auf Zugang zur Information prüfen. Die erforderlichen Änderungen werden im Rahmen einer Sammelnovelle zusammengefasst und sollen zeitgerecht begutachtet und dem Parlament zugeleitet werden.

Zusätzlich zum erwähnten Rundschreiben ist seitens des Bundeskanzleramtes demnächst auch ein erster überblicksmäßiger Leitfaden für Gemeinden und Städte für dieses Vorgehen in Planung.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Mag. Agnes Sirkka Prammer (Grüne): Wir haben ja, weil die Ausgestaltung des Informationsfreiheitsgesetzes doch sehr viel Zeit in Anspruch genommen hat, eine Art Übergangsregelung geschaffen, nämlich den Art. 20 Abs. 5 Bundes-Verfassungsgesetz, der bestimmt, dass von der öffentlichen Hand in Auftrag gegebene Gutachten, aber auch andere Expertenstellungnahmen zu veröffentlichen sind.

Meine Frage: Welche dieser Gutachten werden von Ihnen veröffentlicht? Sie haben vorhin auch den Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes angesprochen: Welche Gutachten des Verfassungsdienstes werden im Rahmen dieses Art. 20 Abs. 5 von Ihnen veröffentlicht?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Von der Veröffentlichungspflicht nach Art. 20 Abs. 5 B-VG sind dem Gesetzeswortlaut nach solche Gutachten umfasst, die „in Auftrag gegeben“ wurden – also von Dritten erbrachte entgeltliche Werke. Dementsprechend ist die interne Erbringung von beispielsweise Fach­gutachten innerhalb desselben Verwaltungsorgans oder auch zwischen verschiedenen Verwaltungsorganen nicht umfasst.

Nichtsdestotrotz werden für die Öffentlichkeit relevante Stellungnahmen und Gutachten des Verfassungsdienstes auf der Homepage des Bundeskanzleramtes veröffentlicht, zuletzt etwa im Fall der Renaturierung, als die Beurteilung der verfassungs- und einfachgesetzlich beschränkten Handlungsmöglichkeiten der Energieministerin veröffentlicht wurden.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Himmelbauer. – Bitte.

Abgeordnete Eva-Maria Himmelbauer, BSc (ÖVP): Herr Bundeskanzler, ich darf das Stichwort Grundrechte aufgreifen. Wir müssen uns immer wieder auch den technologischen Entwicklungen stellen und prüfen, inwieweit sie auch in Grund­rechte eingreifen oder welchen Einfluss sie nehmen.

Ich darf daher die Frage an Sie stellen: Welche Maßnahmen planen Sie, um den Rechtsstaat an neue Anforderungen – resultierend aus der zunehmenden Digi­talisierung und technologischen Entwicklungen wie KI – anzupassen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Herr Bundeskanzler.

Bundeskanzler Karl Nehammer, MSc: Das ist tatsächlich auch ein sehr fordernder Punkt, Frau Abgeordnete. Der Rechtsstaat ist ja eine der Grundsäulen unserer Verfassung. Wir müssen aber auch dafür sorgen, dass er sich im Interesse der Bürgerinnen und Bürger weiterentwickeln kann.

Wie Sie richtig sagen, stellen uns gerade neue Anforderungen wie die digitale Transformation vor neue große Herausforderungen und legen auch Regelungs­lücken offen. Neben der Stärkung des Persönlichkeitsschutzes von Beschul­digten, bei der wir in der Koalition ja gerade noch in der Endabstimmung sind und die wir im September noch im Nationalrat beschließen werden, setze ich mich deshalb auch beispielsweise für eine Klarnamenpflicht im Internet ein.

Das Internet darf und soll kein rechtsfreier Raum sein, wo man tun und lassen kann, was man will und dabei auch die Rechte oder die Freiheit anderer verletzt. Das halte ich tatsächlich für ein Riesenthema, gerade dann, wenn man sich hinter der Anonymität versteckt.

Weil Sie das explizit ansprechen: Hinsichtlich künstlicher Intelligenz haben wir ja auch den KI-Beirat ins Leben gerufen. Künstliche Intelligenz wird wie keine andere Maßnahme oder Errungenschaft im Bereich Digitalisierung unser Leben verändern, und die digitale Revolution wird sich tatsächlich durch das Ausbreiten künstlicher Intelligenz in allen Lebensbereichen manifestieren.

In diesem Gremium beraten elf Expertinnen und Experten die Bundesregierung in allen Fragen der derzeitigen Entwicklung im Bereich künstlicher Intelligenz, vor allem, wie wir als Staat auch die Chancen nutzen können. (Abg. Himmelbauer: Danke schön!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die nächste Anfrage stellt Frau Abgeordnete Doppelbauer. – Bitte sehr.