12.59

Abgeordneter Mag. Friedrich Ofenauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Mitglieder der Bundesregierung! Kolleginnen und Kollegen im Hohen Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich als Bürgermeister einer der wahrscheinlich am stärksten be­troffenen Gemeinden in Österreich und vor allem in Niederösterreich anlässlich dieser katastrophalen Zustände, dieser Naturereignisse, die über uns hereingebrochen sind, auch ein herzliches Dankeschön aussprechen: allen Einsatzkräften und Helferinnen und Helfern, die die Gemeindebürgerinnen und -bürger in diesen herausfordernden Zeiten unterstützen und ihnen Hilfe leisten.

Das sind die freiwilligen Feuerwehren, die Rettungsorganisationen, die Wasser­rettung – wie gerade auch in meinem Fall –, Nachbarn, die helfen, Men­schen aus anderen Gemeinden oder Firmen, die mit Lebensmitteln oder Geräten unterstützen. Das reicht bis hin zum Assistenzeinsatz des österreichi­schen Bundesheeres. Ich möchte mich auch ganz besonders dafür bedanken, dass dieser möglich ist und wir so mit den Black Hawks der Hubschrau­berstaffeln des Bundesheeres in der Lage sind, die notwendigen Evakuierungen durchzuführen. Auch die Polizeihubschrauber sind so wichtig, um Men­schen zu retten.

In solchen Krisen lernt man die Menschen kennen und zeigt sich die Stärke einer Gesellschaft. Solche Krisen zeigen aber auch, wie schnell in Österreich geholfen wird, und sie zeigen, dass das Krisenmanagement funktioniert. Solche Katastrophen zu bewältigen schafft man nur gemeinsam, deswegen möchte ich mich auch ganz herzlich für die Aufstockung der Mittel im Kata­strophenfonds und überhaupt für die Hilfszusage bedanken. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nun aber zum Tagesordnungspunkt, zum Volksbegehren, das sich nennt: Kein Nato-Beitritt. Darin wird eine explizite Verfassungsbestimmung gefordert, die einen Beitritt zur Nato untersagt. Ich möchte dazu klarstellen: Die Neutralität steht in unserer Verfassung und wird auch in unserer Verfassung stehen bleiben. Wir sind neutral und werden es auch bleiben! Damit verbunden ist vor allem auch das Verbot, einem Militärbündnis beizutreten oder fremde Militärstützpunkte auf unserem Land zuzulassen. Das ist bereits im Neutralitäts­gesetz verankert – und das wird auch so bleiben –, deswegen ist es auch nicht notwendig, ein neues Verfassungsgesetz, wie es das Volksbegehren for­dert, zu erlassen.

Wenn wir über die Neutralität sprechen, müssen wir aber auch ernsthaft über die Wehrhaftigkeit sprechen, nämlich über die Wehrhaftigkeit Österreichs, denn das ist entscheidend, aber das fehlt in diesem Volksbegehren. Im Neutralitätsgesetz steht nämlich auch – und das ist sehr wichtig –: „Österreich wird diese mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln aufrechterhalten und verteidigen.“

Neutralität bedeutet daher nicht Isolation oder Passivität. So spielt Österreich eine wichtige Rolle als aktiver internationaler Friedensvermittler, gerade weil es neutral ist. Mit dem Landesverteidigungs-Finanzierungsgesetz und der Zurverfügungstellung der budgetären Mittel ist uns ein entscheidender Richtungswechsel bei der Ausstattung und bei der Wiederherstellung der Ver­teidigungsfähigkeit des österreichischen Bundesheeres und damit Öster­reichs gelungen. Diesen Weg, meine Damen und Herren, müssen wir auch in der nächsten Legislaturperiode konsequent weitergehen.

Seit der Gründung der Europäischen Union hat es zwischen den Mitglied­staaten keinerlei kriegerische Auseinandersetzungen mehr gegeben. Sie ist ein Friedensprojekt, das auf Zusammenarbeit, auf Gemeinschaft aufbaut: Kooperation statt Konfrontation, meine Damen und Herren. Deshalb steht in unserer Verfassung auch, dass wir uns an der Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU aktiv beteiligen, und zwar unter Beachtung un­serer Neutralität.

Wir tun das sehr erfolgreich mit dem Auslandseinsatz des österreichi­schen Bundesheeres bei Eufor-Althea in Sarajevo, Unifil im Libanon oder bei den KFOR-Truppen im Kosovo. Gerade Letzteres ist ein Ausdruck der Koope­ration, der Partnerschaft für den Frieden – Partnership for Peace – der Nato, die es uns ermöglicht, an friedenserhaltenden Missionen teilzunehmen und auch unsere diplomatischen Beziehungen in diesem Bereich zu verstärken. Das ist auch etwas, was das Volksbegehren fordert.

Neutralität bedeutet aber natürlich nicht Wehrlosigkeit, sondern im Gegenteil: Wir müssen unsere Souveränität glaubhaft verteidigen, nämlich zu Boden und vor allem auch in der Luft. Gerade die Bilder aus der Ukraine und dem Nahen Osten zeigen ein neues Bedrohungspotenzial durch Drohnen, Marschflugkörper, ballistische Raketen und so weiter, die auch vor neutralen Ländern nicht haltmachen. Wir sind dazu aufgefordert, unsere Sou­veränität auch in der Luft zu schützen. Dazu gehört auch eine glaub­hafte Luftraumverteidigung. Mit der Teilnahme an der Beschaffungsinitiative Sky Shield können wir Luftverteidigungsmittel beschaffen, die wir bisher nicht hatten. Wir schaffen neue Möglichkeiten der Luftraumverteidigung, um unsere Souveränität auch in der Luft verteidigen zu können. Damit stärken wir unsere Kapazitäten in der Luftverteidigung, ohne unsere Neutralität aufzugeben, weil Sky Shield eben eine Beschaffungsinitiative, aber kein Militärbündnis ist – auch wenn andere etwas anderes behaupten werden.

Unsere Neutralität wurde nach dem Muster der Schweiz beschlossen – und sie­he da: Auch die Schweiz nimmt an dieser Beschaffungsinitiative Sky Shield teil, weil Sky Shield keine militärische Allianz, sondern eben eine Möglichkeit ist, Luftverteidigungsmittel ankaufen zu können. Das ist fast so, als würden Sie sich mit Ihren Nachbarn zusammentun, um Sandsäcke oder Wasserpumpen – um beim konkreten Beispiel der Naturkatastrophen zu bleiben – gemein­sam anzukaufen, um günstigere Konditionen zu bekommen; jeder kann dann aber immer noch selbst entscheiden, ob und wie er sie einsetzt.

Sky Shield ist ein Beispiel dafür, wie neutrale Staaten wie Österreich oder die ebenso neutrale Schweiz gemeinsam an der Sicherheit Europas arbeiten können, ohne ihre Neutralität aufzugeben, denn, meine Damen und Herren, es geht um Kooperation und nicht um Konfrontation. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sky Shield ist kein Angriff auf unsere Neutralität, sondern eine zeitgemäße Interpretation einer aktiven Neutralitätspolitik in einer vernetzten Welt. Österreichs Neutralität ist ebenso ein Eckpfeiler unserer Außen- und Sicherheitspolitik, weil sie es uns ermöglicht, als Brückenbauer und Vermittler in internationalen Konflikten aufzutreten. Diese Rolle, meine Damen und Herren, werden wir auch weiterhin aktiv im Interesse der Sicherheit Österreichs wahrnehmen. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Zorba.)

13.05

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Katharina Kucharowits. – Bitte schön, Frau Abgeordnete.