15.45

Abgeordnete Petra Wimmer (SPÖ): Ich darf zu Beginn meiner Rede eine Gruppe im Namen meiner Kollegin Verena Nussbaum begrüßen, und zwar BR:Next der GPA Steiermark. Willkommen im Hohen Haus! Wir freuen uns, dass ihr da seid. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von FPÖ und NEOS.)

Wir haben von meinen Vorrednerinnen und -rednern schon gehört, in welche Bereiche die Bundesregierung in den letzten fünf Jahren investiert hat oder eben auch nicht investiert hat. Jede Regierung setzt sich ja unter­schiedliche Schwerpunkte für ihre Regierungszeit. Diese Regierung hatte sich zum Beispiel für die letzten fünf Jahre das Ziel gesetzt, Armut in Öster­reich zu halbieren. Leider sieht in diesem Bereich die Bilanz ausgesprochen trau­rig aus.

Die Anzahl der in Österreich lebenden Menschen, die in Armut leben müssen, ist in den letzten fünf Jahren kein bisschen gesunken, im Gegenteil, sie ist sogar um fast 1 Prozent gestiegen. In diesem Bereich wurde viel ange­kündigt, aber es wurde sehr wenig umgesetzt, was den armutsgefährdeten und armen Menschen in Österreich tatsächlich hilft.

Sehr geehrte Damen und Herren, eine künftige Regierung muss sich mit einer Kindergrundsicherung auseinandersetzen. Es führt kein Weg daran vorbei. (Beifall bei der SPÖ.) Solange in unserem Land noch Kinder in Armut leben müssen, braucht es eine Kindergrundsicherung.

Oder das Thema der Kinderbetreuung: Wir wissen schon so viele Jahre, dass es einen enormen Bedarf beim Ausbau der Kinderbetreuungsplätze gibt. Es würde viel mehr Plätze brauchen. Vonseiten der SPÖ fordern wir seit Jahren eine jährliche Kinderbetreuungsmilliarde, um tatsächlich – vor allem auch im ländlichen Raum – zu gewährleisten, dass Mütter, Väter, Eltern einen Kinderbetreuungsplatz bekommen können, wenn sie diesen brauchen, damit sie einer Beschäftigung auf einer Vollzeitarbeitsstelle nachgehen können. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein weiteres Beispiel ist die Ganztagsschule. Der Lernerfolg von vielen Kindern hängt nach wie vor davon ab, dass die Eltern am Nachmittag mit den Kindern lernen oder sich teure Nachhilfe leisten. Der Ausbau der Ganztagesbe­treuung muss ebenso ein zentrales Anliegen einer zukünftigen Bundes­regierung sein – und damit verbunden auch ein kostenloses gesundes Mittages­sen für unsere Kinder im Kindergarten und in den Pflichtschulen, denn auch Ernährungsarmut, so traurig es ist, ist in Österreich im Steigen begriffen. Ich habe in den letzten Jahren zahlreiche Anträge zu diesen Themen eingebracht und ich gebe Ihnen auch heute noch einmal die Gelegenheit, diese wichtigen familienpolitischen Themen anzugehen. Ich stelle aus diesem Grund folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Wimmer, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Ganztägiger Kinderbildungsplatz mit kostenlosem, gesundem Mittagessen für alle Kindergartenkinder und Schüler:innen im Pflichtschulalter“

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, gemeinsam mit den Bundeslän­dern umgehend für einen Anspruch auf ein gesundes, kostenloses Mittagessen für alle Kinder in elementarpädagogischen Bildungseinrichtungen und Pflichtschulen zu sorgen. Dieser Rechtsanspruch kann nur gemeinsam mit einem raschen Ausbau der ganztägigen Schulformen, welcher mit den Schul­erhaltern koordiniert wird und einer entsprechenden budgetären Bedeckung durch den Bund, umgesetzt werden.“

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Wir ersuchen um breite Zustimmung zu unserem Antrag. (Beifall bei der SPÖ.)

Zum Abschluss noch ein paar kurze Worte in eigener Sache: Sehr geehrte Da­men und Herren, das war heute auch meine letzte Rede hier im Hohen Haus. Ich werde dem neuen Nationalrat nicht mehr angehören. Es waren sieben spannende und lehrreiche Jahre für mich – die letzten fünf Jahre als Familiensprecherin meiner Fraktion. Es war mir eine große Ehre, Fürsprecherin der Familien hier im Hohen Haus zu sein. Dafür möchte ich Danke sagen und allen, die nach der Wahl weiter hier im Nationalrat für Österreich tätig sein werden, alles Gute wünschen. – Danke schön. (Allgemeiner Beifall.)

15.49

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Petra Wimmer, Petra Tanzler,

Genossinnen und Genossen

betreffend „Ganztägiger Kinderbildungsplatz mit kostenlosem, gesundem Mittagessen für alle Kindergartenkinder und Schüler:innen im Pflichtschulalter“

eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Budgetausschusses über den Bundesrechnungsabschluss für das Jahr 2023 (III-1161/2708 d.B.)

Ganztägige Bildung, gesundes Mittagessen, interdisziplinäre Versorgung und Raum für gemeinsames Lernen sind wichtig für eine gerechtere Gesellschaft. Bildung ist für jedes Kind die Voraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und erspart dem Staat später Kosten. Das Gleiche gilt für die Ernährung. Eine aus­gewogene und gesunde Ernährung ist von zentraler Bedeutung, damit aus Kindern gesunde Erwachsene werden.

Im April 2024 wurde eine neue Studie der Gesundheit Austria über Ernäh­rungsarmut1 veröffentlicht, die dramatische Erkenntnisse brachte: Rund 13 Prozent der befragten Erwachsenen mit Kindern hatten im letzten Jahr Sorge, dass ihre Kinder nicht ausreichend zu essen haben. Sie gehören damit zu den besonders betrof­fenen Personengruppen.

Alle Kinder haben das Recht auf beste Bildung und ein gesundes Essen. Um die im Steigen begriffene Ernährungsarmut von Kindern nachhaltig zu bekämpfen, braucht es den massiven Ausbau der staatlich garantierten Leistungen für Kinder. Dies umfasst insbesondere den kostenfreien Anspruch auf qualitativ hoch­wertige Bildung mit kostenlosem Mittagessen für alle Kindergartenkinder und Schüler:innen im Pflichtschulalter.

Das gesunde, warme, kostenlose Mittagessen soll für alle Kinder in Österreich Wirk­lichkeit und stufenweise zu einem Frühstücks- und Jausen-Angebot ausge­baut werden. Das gemeinsame Essen in der Schule fördert soziale Teilhabe und das Miteinander und wirkt gegen materielle Ernährungsarmut, also eine nicht ausreichende oder unausgewogene Ernährung aufgrund fehlender finanzieller Mittel.

Um ein flächendeckendes Mittagessenangebot auszurollen und einen echten Neustart für die Bildung zu zünden, braucht es natürlich noch mehr Maßnahmen, wie den Ausbau der Ganztagsschulen und einen Rechtsanspruch auf den kosten­feien, ganztägigen Kinderbetreuungsplatz ab dem 1. Lebensjahr. Nur so kann die Chancengerechtigkeit in Österreich langfristig erhöht werden.

Wir wollen eine Schule, die ihren Bildungsauftrag umfassend erfüllen kann und nicht abhängig von Möglichkeiten und Zeit der Eltern ist. Der Lernerfolg baut darauf auf, dass Eltern am Nachmittag mit den Kindern lernen. Wenn diese selbst nicht helfen können, dann müssen sie tief in die Tasche greifen und für private Nachhilfe bezahlen. Wir möchten, angelehnt an die Forderungen der For­schung und Wissenschaft, eine Schule bauen, in die ein Kind ohne Schultasche hineingeht und ohne Hausübung wieder herauskommt. Auch gesellschafts- und beschäftigungspolitisch stellt sie die Lösung für viele Probleme dar und birgt ein hohes volkswirtschaftliches Potenzial. Zusätzlich zur besten Unterstützung unserer Kinder kann das Angebot einer ganztägigen Kinderbildung die Vereinbarkeit von Beruf und Familie nicht nur privilegierten Eltern ermöglichen, sondern auch darüber hinaus.

Dazu kommt: Während in Wien die Eltern ein vergleichsweise gutes und vor allem auch gratis Angebot an Plätzen in elementarpädagogischen Einrichtungen und ganztägigen Schulen vorfinden, haben es Eltern in den ländlichen Regionen oft schwer, ein entsprechendes Angebot zu finden. Der Ausbau der Ganztagsbe­treuung könnte somit auch einen großen Beitrag zur Gleichwertigkeit von Lebensver­hältnissen in den unterschiedlichsten österreichischen Regionen leisten und kann durch eine Standortattraktivierung struktureller Abwanderung entgegenwirken.

Aus diesem Grund stellen die unterzeichneten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, gemeinsam mit den Bundes­ländern umgehend für einen Anspruch auf ein gesundes, kostenloses Mittagessen für alle Kinder in elementarpädagogischen Bildungseinrichtungen und Pflichtschu­len zu sorgen. Dieser Rechtsanspruch kann nur gemeinsam mit einem raschen Ausbau der ganztägigen Schulformen, welcher mit den Schulerhaltern koordiniert wird und einer entsprechenden budgetären Bedeckung durch den Bund, umge­setzt werden.“

1   https://jasmin.goeg.at/id/eprint/3695/1/Ern%C3%A4hrungsarmut%20in%20%C3%96sterreich_bf.pdf

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, ausreichend unterstützt und steht somit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Abgeordneter Köllner. (Rufe bei der SPÖ: Nein! Lercher!) Lercher. Entschuldigung! (Allgemeine Heiterkeit. – Abg. Belakowitsch: Ihr schaut euch so ähnlich! – Rufe bei der ÖVP: Doskozil!) – Bitte.