17.34
Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die vorliegende Maßnahme, nämlich 60 Euro als Sonderzuwendung für Alleinerziehende, heute hier zu beschließen greift aus unserer Sicht eindeutig zu kurz, denn leistbares Leben fängt auch mit fairen Mieten an. Es ist eigentlich ganz einfach: Wer möchte, dass die Menschen von ihrem Gehalt leben können und dass ihnen am Monatsende auch noch Geld übrig bleibt, muss dafür sorgen, dass sie sich das Leben auch leisten können.
Eine Politik, die das ignoriert – und das tut die Politik der derzeitigen Bundesregierung von ÖVP und Grünen –, bereitet den Menschen Sorgen und schadet natürlich auch der Wirtschaft. Nicht umsonst hat Wifo-Chef Gabriel Felbermayr, der nicht gerade im Verdacht steht, ein linker Ökonom zu sein, die Abschaffung der automatischen Mieterhöhung gefordert, denn wenn die Mieten steigen, fehlt das Geld für Ausgaben und damit natürlich für die Wirtschaft, weil die Menschen nur begrenzt Geld zur Verfügung haben.
Wenn die Mieten steigen, werden 10 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher reicher und 90 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher ärmer; und die Mieten sind um bis zu 25 Prozent gestiegen, und das am Beginn einer Teuerungskrise.
Die SPÖ hat einen gesetzlichen Mietenstopp gefordert. Die Bundesregierung hat nach langem Hin und Her gesetzlich eine weitere Erhöhung um 5 Prozent, also bis zu 25 Prozent, beschlossen, und ÖVP und Grüne nennen das Mietpreisbremse. In Wirklichkeit bremsen sie aber die Wirtschaft und die Menschen aus, um einige wenige noch reicher zu machen.
Bei den teuersten aller Mieten, den privaten Neubaumieten, hat die Regierung gleich gar nichts gemacht. Selbst die Tageszeitung „Die Presse“, die nicht im Verdacht steht, links zu sein, schreibt – das können Sie diesen Monat auch nachlesen –: „Die Mieten steigen in Österreich erneut spürbar“.
Wohnen ist ohne die SPÖ in der Regierung so teuer geworden, dass selbst bürgerlichen Medien und Ökonomen angst und bange wird. Kurzum: Die Regierung ist am Ende und die Menschen sind auch fix und fertig wegen der explodierenden Lebenshaltungskosten. Daher ist es das einzig Richtige, um sofort in die Gänge zu kommen, das Ruder herumzureißen. In diesem Sinn bringe ich den folgenden Antrag ein:
Entschließungsantrag
der Abgeordneten Philip Kucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend „ein Sofortpaket für leistbares Wohnen“
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die einen echten und sofortigen Teuerungstopp für die eigenen vier Wände bewirken kann. Die notwendigen Maßnahmen dazu umfassen insbesondere
- Das Einfrieren sämtlicher Mieten (inklusive preisungebundener Mieten und Geschäftsraumieten) bis Ende 2026 und eine darauffolgende, jährliche Deckelung des Mietanstiegs bei maximal 2%.
- Die Einführung von Strafbestimmungen bei Mietwucher
- Das Verbot von befristeten Wohnungsmietverträgen für institutionelle Vermieterinnen und Vermieter
- Die Einführung eines Zinspreisdeckels von maximal 3% für alle bereits bestehenden Häuslbauerkredite bis zu einem Darlehensvolumen von 300.000 Euro.
- Die Einführung einer Übergewinnsteuer auf die historischen Rekordgewinne der Banken zur Finanzierung des Preisstopp-Programms.“
*****
Ich bitte Sie um Ihre Zustimmung. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)
17.38
Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:
Entschließungsantrag
der Abg. Philip Kucher, Mag. Ruth Becher
Genossinnen und Genossen
betreffend ein Sofortpaket für leistbares Wohnen
eingebracht im Zuge der Debatte zu TOP 8, Bericht und Antrag des Budgetausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Einkommensteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Lebenshaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetz, das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz und die Reisegebührenvorschrift 1955 geändert werden (Progressionsabgeltungsgesetz 2025 – PrAG 2025) (2710 d. B.)
Einen kleinen Teil des Progressionsabgeltungsgesetzes bildet eine Änderung des Lebenserhaltungs- und Wohnkosten-Ausgleichs-Gesetzes. Hier wird Alleinverdienenden mit minderjährigen Kindern eine Sonderzuwendung zugesprochen. Anstelle von direkten Preiseingriffen (beispielsweise bei den Mieten) aufgrund der hohen Inflation werden somit relativ kleine Beträge – im Vergleich zu den enorm gestiegenen Mieten – im Rahmen der Abschaffung der kalten Progression verteilt.
Die monatelang europaweit höchsten Inflationsraten in Österreich haben durch starke Preissteigerungen in allen Bereichen insbesondere die Mieterinnen und Mieter, aber auch die Häuslbauerinnen und Häuslbauer betroffen. Die Mieten sind in den Jahren seit Ausbruch der Teuerungskrise teilweise um 25% gestiegen und durchschnittliche Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer müssen dabei zuschauen wie Banken Milliardengewinne einfahren und gleichzeitig ihre monatlichen Kreditkosten explodieren. Was macht die Regierung? Sie sieht zu. Der von der SPÖ seit längerem geforderte echte Mietenstopp hätte dazu geführt, dass sich sowohl die jährliche Inflationsrate von 2023 insgesamt, als auch die monatlich bekannt gegebenen Inflationsraten abgeschwächt hätten. Stattdessen legte die Regierung vor einem Jahr, am 30. August 2023, dem Nationalrat einen sogenannten Mietendeckel vor, der eine Begrenzung des Anstiegs bei den gesetzlich vorgegebenen Mieten in den nächsten drei Jahren von 5% pro Jahr vorsieht. Die rund 500.000 Wohnungen im freien, nicht preisregulierten Mietsektor wurden und werden nach wie vor von der Regierung überhaupt nicht berücksichtigt. Bei den nicht preisregulierten Mieten handelt sich aber um die teuersten Wohnungen, die durch die automatischen Teuerungsklauseln in ihren Mietverträgen in den letzten eineinhalb Jahren noch einmal um bis zu 25% teurer geworden sind. Der von der Regierung vorgelegte Mietendeckel garantiert den Vermietern daher weiterhin Gewinne auf Kosten der Mieterinnen und Mieter.
Die Richtwertmieten sind im April 2022 um 5,6% gestiegen, im April 2023 erhöhten sie sich um weitere 8,6%, weil die Regierung die Anträge der SPÖ auf ein Aussetzen der Erhöhung mehrmals abgelehnt hatte. Die Kategoriemieten stiegen in den letzten 2 Jahren um ein Viertel. Rund 2 Millionen Haushalte in Österreich sind in Mietverhältnissen.
Die Mieterhöhungen haben damit auch die Inflation weiter kräftig nach oben getrieben. Das ist nicht nur ein Schaden für die betroffenen Mieterinnen und Mieter, sondern auch für die gesamte Wirtschaft. Viele Experten und Expertinnen, wie etwa WIFO-Chef Gabriel Felbermayr, forderten daher auch einen Ausstieg aus der Indexierungsautomatik. Es braucht aber insgesamt ein neues System. Ein System mit klaren Mietobergrenzen sowie einen neuen Index für die Mietpreisentwicklung, wie etwa die Orientierung am EZB-Leitzinssatz mit einer Deckelung von 2% p.a.
Weiterer Preistreiber bei den Wohnungsmieten sind die befristeten Wohnungsmietverträge. Die Befristung von Mietverträgen wurde 1994 im Rahmen des damals neuen Richtwertmietengesetzes eingeführt und sollte vor allem dazu dienen, Studierenden für die Dauer ihres Studiums befristetes Wohnen zu ermöglichen. Mittlerweile wurde aus dieser Ausnahme die Regel. Rund 80 Prozent aller Mietverhältnisse im privaten Wohnungsbereich sind aktuell befristet. Das führt nicht nur zu erhöhter Abhängigkeit der Mieterinnen und Mieter zugunsten der Vermieterinnen und Vermieter, sondern heißt oft auch höhere Mieten bei der Verlängerung eines befristeten Mietvertrages, da die Vermieterinnen und Vermieter die Miete dem Marktpreis anpassen.
Tatsächlich sind Befristungen bei Wohnungsmietverträgen, neben anderen Aspekten wie der hohen Nachfrage nach Wohnraum in den Ballungszentren sowie exorbitant gestiegene Grundstücks- und Baukosten, ebenfalls Preistreiber bei den Wohnkosten und stehen diametral dem Prinzip des „leistbaren Wohnens" entgegen.
Ein weiterer Punkt sind die zunehmenden Fälle von Mietwucher, wie etwa die mediale Aufmerksamkeit verursachende Vermietung von Wohnungen in Abbruchhäusern zu katastrophalen Bedingungen und unverschämt hohen Preisen, wie sie der ORF-Report mehrmals auf die Agenda setzte.
Die SPÖ fordert schon seit Jahren Strafbestimmungen bei Mietwucher. Derzeit sind keine wirksamen Strafbestimmungen bei wiederholten Überschreitungen der zulässigen Miethöhe vorhanden. Daher werden Mietgrenzen oft vorsätzlich und wiederholt missachtet. Außer der Zurückzahlung der zu Unrecht erhobenen Beträge haben die Vermieterinnen und Vermieter, selbst im Wiederholungsfall nach einer gerichtlichen Verurteilung, keine Konsequenzen zu fürchten. Expertinnen und Experten gehen von einer hohen Dunkelziffer aus und schätzen den Schaden auf über 46 Millionen Euro an österreichweit überzogenen Mieterlösen pro Jahr.
Abhilfe würde in diesem Bereich ein, als Offizialdelikt ausgestalteter Straftatbestand bringen. Neben der zivilrechtlich erstrittenen Erstattung der Mietdifferenz wäre dann auch ein Strafbetrag zu entrichten. Bei der Strafhöhe ist jedenfalls auf eine ausreichend präventive Wirkung der Strafbestimmungen Rücksicht zu nehmen.
Die österreichische Rekordteuerung sowie der Anstieg der Zinsen führen gemeinsam mit den stark gestiegenen Baukosten zu einem dramatischen Einbruch in der Bauwirtschaft. Neubauprojekte wurden stark zurückgefahren und immer weniger Menschen können sich Eigentum schaffen. Daran wird auch das von der Regierung vor dem Sommer beschlossene Wohnbaupaket wenig ändern, vor allem kommt dieses nicht an. In den letzten Wochen haben sich viele Expertinnen und Experten dazu geäußert, dass das Wohnbaupaket weder in der Bauwirtschaft noch bei den Menschen ankommt. Verbesserungen wären daher auch für die laufenden Wohnbaukredite notwendig. Rund 500.000 Haushalte leiden unter den bereits abgeschlossenen variablen Krediten. Für diese Menschen ist es unabdingbar, einen Zinspreisdeckel in der Höhe von 3% einzuführen. Außerdem sollten alle Haushalte, die einen bestehenden Immobilienkredit bei einer Bank haben, die Möglichkeit erhalten, auf günstigere Landesdarlehen – und zwar kostenlos – umzuschulden. Die dafür notwendigen zusätzlichen Mittel könnten über die vorhandenen Übergewinne der Banken finanziert werden.
Gleichzeitig haben sich die Mieteinnahmen der Immobilienwirtschaft seit dem Jahr 2008 mehr als verdoppelt – von 1,9 Mrd. € auf 4 Mrd. € im Jahr 2021. Im Jahr 2022 hat die Immobilienwirtschaft zusätzliche Einnahmen von 450 Mio. Euro erwirtschaftet. Auch im Jahr 2023 wurden durch die hohe Inflationsrate Einnahmen in dieser Höhe erzielt. Es wird daher Zeit, dem Mietanstiegsautomatismus ein Ende zu setzen und auch die Immobilienwirtschaft soll ihren Beitrag für mehr Gerechtigkeit leisten. Es ist unerträglich, dass eine Regierung dabei zusieht wie Banken und Immobilienwirtshaft Milliarden an Zusatzgewinnen machen und Millionen von Menschen in Österreich unter nicht mehr finanzierbaren Preisen fürs Wohnen leidet.
Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden
Entschließungsantrag
Der Nationalrat wolle beschließen:
„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage zuzuleiten, die einen echten und sofortigen Teuerungstopp für die eigenen vier Wände bewirken kann. Die notwendigen Maßnahmen dazu umfassen insbesondere
• Das Einfrieren sämtlicher Mieten (inklusive preisungebundener Mieten und Geschäftsraumieten) bis Ende 2026 und eine darauffolgende, jährliche Deckelung des Mietanstiegs bei maximal 2%.
• Die Einführung von Strafbestimmungen bei Mietwucher
• Das Verbot von befristeten Wohnungsmietverträgen für institutionelle Vermieterinnen und Vermieter
• Die Einführung eines Zinspreisdeckels von maximal 3% für alle bereits bestehenden Häuslbauerkredite bis zu einem Darlehensvolumen von 300.000 Euro.
• Die Einführung einer Übergewinnsteuer auf die historischen Rekordgewinne der Banken zur Finanzierung des Preisstopp-Programms.“
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Präsidentin Doris Bures: Der Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht und steht daher auch mit in Verhandlung.
Herr Abgeordneter Hermann Weratschnig, Sie gelangen zu Wort. – Bitte.