17.00

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Woran denken Sie als Erstes, wenn Sie an den Tourismus denken? Welche Bilder kommen Ihnen in den Sinn? (Abg. Leichtfried: Ischgl!) – Skigebiete, Hotelketten. (Zwischenruf des Abg. HörlHei­terkeit bei der ÖVP.) – Skigebiet von Franz Hörl. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried. Zwischenrufe bei der ÖVP. Unruhe im Saal. – Präsident Sobotka gibt das Glocken­zeichen.)

Worum geht es? – Tourismus ist nicht nur begrenzt auf die Skigebiete. Tourismus ist nicht nur begrenzt auf die Hotels, da fällt noch viel mehr rein: all die Bäcker vor Ort, all die Landwirte und Landwirtinnen, die Kulturveranstaltungen, die Nachtklubs, die derzeit auch sehr leiden, sie alle gehören zur touristischen Wertschöpfungskette. (Abg. Wurm: Das wissen wir, Barbara!) Keine andere Branche prägt unser Land so sehr wie der Tourismus, keine andere Branche gestaltet unsere Landschaft so sehr wie der Touris­mus; darum ist er nicht nur jetzt, da er gerade in einer Notsituation ist, so wichtig, sondern wir müssen uns auch nach der Krise vermehrt mit dem Tourismus beschäftigen. Ja, da gebe ich meinem Vorredner recht: Der Tourismus hat eine große Bedeutung, aber er darf nicht nur Beiwagerl für die Wirtschaft sein. Wir dürfen den Tourismus nicht nur auf die Tourismuswirtschaft reduzieren, sondern wir müssen schauen, dass wir hin zu einer Tourismuskultur kommen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wie schaut es im Tourismus derzeit aus? (Ruf bei der SPÖ: Schlecht! Zwischenruf des Abg. Wurm.) – Für das Kalenderjahr 2020 haben wir bis zu 50 Prozent Nächtigungs­rückgänge, bei den Fernreisen sind es über 70 Prozent; allein in Tirol sind das mehr als 20 Millionen Nächtigungen weniger. Zahlreiche Unterstützungsmaßnahmen bei Liquidi­tätsengpässen wurden geschaffen, die Verlängerung der Kurzarbeit wurde ermöglicht, es gibt Fixkostenzuschüsse, aber wir müssen berücksichtigen, dass nicht nur die kom­mende Sommersaison eine große Herausforderung wird, sondern mitbedenken, dass zum Vorschein kommt, was wir alle schon lange gewusst haben, und zwar, dass die Branche teils sehr hoch verschuldet ist – nicht etwa, weil sie schlecht wirtschaftet, son­dern wegen des Wachstumsdrangs, gekoppelt mit dem Konkurrenzdruck und dem Kon­zentrationsprozess. (Präsidentin Bures übernimmt den Vorsitz.)

Auch die Entwicklung, dass ausländische Großinvestoren Beherbergungsbetriebe zu­sammenkaufen, einheitliche Chaletdörfer bauen und so die Wohnungspreise für die Ein­heimischen in die Höhe, ins Unermessliche treiben, und die Gefahr von Dumpingprei­sen – das wird nach der Coronakrise noch verschärft werden. Das schadet nicht nur unserem heimischen Tourismus, sondern das schadet dem Tourismus auch insofern, als er sich als Gegenpol zur Bevölkerung entwickelt.

Ich glaube aber, dass jede Krise eine Chance birgt und sehe auch die Chance für den Tourismus. Nützen wir die Chance, da in eine andere Richtung zu gehen! Die Frage, die wir uns dabei auch stellen müssen, ist: Warum kommen die Leute zu uns? – Wegen der Vielseitigkeit der Städte, wegen der Landschaft, wegen der Schönheit unserer Natur. (Abg. Hörl: Lifte!) Was ist der Grund dafür, dass wir auf Reisen gehen? Weil wir in andere Lebensrealitäten eintauchen wollen. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.) Dafür braucht es eine intakte Natur, und darum brauchen wir einen Tourismus (Zwischenruf des Abg. Wurm), unter dem die Natur nicht leidet, von dem die Bevölkerung profitiert und mit dem eine Wertschöpfung erzielt wird. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Wir müssen weg von der Abwärtsspirale, und dafür brauchen wir einerseits einen ehrli­chen Diskurs über den Tourismus und andererseits echte Hilfsmaßnahmen, Konjunktur­maßnahmen – auch als Chance für einen nachhaltigen, sozialen, qualitätsvollen Touris­mus. Ein Grundstein ist die ins Regierungsübereinkommen hineinverhandelte Auswei­tung des Haftungsrahmens und Erneuerung der Richtlinien der ÖHT. Was es aber für die Branche braucht, ist echte Gerechtigkeit, mehr Fairness, vor allem auch in der Förderstruktur, damit sie wieder auf die Beine kommt und damit sie nicht so abhängig ist.

Ich sage: Nützen wir diese Chance für den Tourismus! – Danke schön. (Beifall bei Grü­nen und ÖVP.)

17.05

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Klaus Köchl. – Bitte.