14.24

Abgeordnete Heike Grebien (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister, lieber Rudi! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen in diesem Hohen Haus! Sehr geehrte ZuseherInnen! Als Sprecherin für Menschen mit Behinderung der grünen Fraktion werde ich in meiner heutigen Rede einerseits darauf eingehen, wie wichtig es ist, Menschen mit Behinderung einzubinden, mitzudenken, und andererseits möchte ich sichtbar machen, welche Maßnahmen für Menschen mit Behinderung im Zu­sammenhang mit der Covid-19-Pandemie getroffen wurden.

Dazu scheint es mir aber wichtig, vorab Grundlegendes anzusprechen und klarzustellen. Das ist keine ganz einfache Materie, da es juristisch ist.

Die Anliegen der Gruppe der Menschen mit Behinderung und deren vielfältige Lebens­welten stellen ja eine sogenannte Querschnittsmaterie dar. Das haben wir heute schon mehrfach gehört, auch bei den Themen wie Frauen. Was bedeutet denn Querschnitts­materie?

„Die Frage [...] der Zuständigkeit des Bundes und des Landes für eine Querschnittsma­terie ist nur zu beantworten, wenn man die außerhalb der historischen Begriffswelt des B-VG“ – des Jahres 1920 – „stehenden meist neuen Begriffe“ – wie im Übrigen zum Bei­spiel auch Klima- und Umweltschutz – „in die Begriffswelt des Verfassungstexts über­setzt. Dann zeigt sich, dass die Querschnittsmaterie in keinem einzelnen Kompetenztat­bestand allein, sondern – ‚quer‘ über die gesamte Kompetenzverteilung – in verschiede­nen Kompetenztatbeständen des B-VG Deckung findet.“

In Österreich bedeutet das, dass Anliegen von Menschen mit Behinderungen sehr wohl in die Verantwortung des Bundes als auch in Länderkompetenzen aufgeteilt sind. Die Bearbeitung schaut folgendermaßen aus: Der Bund beziehungsweise die Länder regeln jeweils jene Ausschnitte der Querschnittsmaterie, für die er beziehungsweise sie nach den Sachbegriffen des B-VG in der Kompetenzverteilung zuständig ist beziehungsweise sind.

Diese Thematiken sind nie nur in Verantwortung einzelner Ministerien, einzelner Minis­terInnen. Das würde ja den Begriff „Querschnitt“ ad absurdum führen.

Ich kann unserem Bundesminister Anschober nur zustimmen, dass in den Nationalen Aktionsplan Behinderung alle Ministerien, Sektionen eingebunden werden. Das ist ja das, was die große Kritik am ersten NAP war. (Beifall bei den Grünen.)

Es sind aber natürlich auch wir Abgeordnete gefordert und gefragt, intersektional zu denken und zu arbeiten, das können auch nicht vier Abgeordnete, in unserem Fall vier SprecherInnen, für Menschen mit Behinderung richten.

Es stellt sich auch die Frage der Verantwortung der Wohneinrichtungen, der Leitungen in den Wohneinrichtungen, der Pflegeeinrichtungen, der Einrichtungen für Menschen mit Behinderung, der Tageswerkstätten. Da hat es nämlich sehr unterschiedliche Interpreta­tionen gegeben und leider dementsprechendes Leid. Es kann nicht oft genug gesagt und betont werden – ich empfehle das wirklich –, dass man intersektional arbeitet.

Ich wollte auch noch auf Maßnahmen, die der Bundesminister gesetzt hat, eingehen: Unter anderem wurden 6 Millionen Euro extra für die Sicherung bestehender Arbeitsplät­ze aufgebracht; keine Kosten für die Kurzarbeit begünstigter Behinderter – wenn Men­schen mit Behinderung in Kurzarbeit gehen, kostet das den Betrieb nichts, das AMS und das SMS teilen sich die Kosten –; die Erhöhung der bestehenden Arbeitsplatzsiche­rungszuschüsse um 50 Prozent; eine Förderung für selbstständige begünstigte Men­schen mit Behinderung – das sind immerhin 267 Euro pro Monat.

Weitere Maßnahmen – die sind gratis, wenn Sie so wollen – sind die Erarbeitung von Ausnahmen von der Maskenpflicht und der Abstandsregel, wenn man mit persönlicher Assistenz zu tun hat. Dort sind die Maskenpflicht und die Abstandsregel ja nicht ein­haltbar. Auch dort wurden aufgrund der Krise Regelungen für die jeweilige Situation der Betroffenen formuliert. Und warum? – Weil der Bundesminister für Soziales Betroffene eingebunden hat.

Auch wenn nicht alles gleich von Beginn an gelaufen ist, nehmen wir das mit. Sie können den Bundesminister und auch uns beim Wort nehmen, dass wir das für die Zukunft prüfen lassen wollen und Überlegungen bekannt geben werden, wie diese Einbindung dann gesichert ist und funktioniert. Ich darf auch rückmelden, dass das in den Krisen­stäben der Länder leider nicht funktioniert hat.

Querschnitt, Inklusion geht uns alle an. Vielleicht sprechen Sie, werte KollegInnen, mit den SozialreferentInnen der Länder. Wir telefonieren quer durch die Bank, das sind un­sichtbare, stundenlange, mühsame Gespräche mit Angehörigen, die schwer betroffen sind. Vielleicht unterstützen Sie uns dabei. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

14.29

Präsident Ing. Norbert Hofer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Philip Kucher. – Bitte schön.