Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bun­desministerin! Gläserner Staat statt gläserner Bürger, das ist die Devise, weg vom Amts­geheimnis, hin zu mehr Informationsfreiheit. Mit der Abschaffung des Amtsgeheimnisses stärken wir das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Staat, und dieses Ver­trau­en ist die Grundlage für die Demokratie.

Meine Frage an Sie, Frau Bundesministerin: Wie weit fortgeschritten ist der Begutach­tungsentwurf zur Abschaffung des Amtsgeheimnisses, den Sie in diesem Sommer noch vorlegen wollen?

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Die schriftlich eingebrachte Anfrage, 14/M, hat folgenden Wortlaut:

„Wie weit fortgeschritten ist der Begutachtungsentwurf zur Abschaffung des Amts­ge­heimnisses, den Sie vor dem Sommer vorlegen wollen?“

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Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Frau Minister, bitte.

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Hohes Haus! Geschätzte Zuseherinnen und Zuseher! Zunächst auch von meiner Seite einen schönen guten Morgen!

Herr Abgeordneter Gerstl, um gleich zu Ihrer Frage zu kommen: Transparenz ist ein ganz zentrales Anliegen dieser Bundesregierung, auch die Schaffung eines Informa­tionsfreiheitsgesetzes und damit einhergehend – Sie haben es gesagt – die Abschaffung des Amtsgeheimnisses. In einem sehr bedeutenden historischen Jahr, in dem wir 100 Jahre Bundes-Verfassungsgesetz feiern, wird damit auch das Paradigma umge­kehrt – zunächst Befriedigung des Informationsbedürfnisses und nicht Verstecken hinter einem Amtsgeheimnis. 

Es geht darum, dieses Informationsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger auch klar durch ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht in der Verfassung abzubilden, es geht darum, ein Informationsregister zu schaffen, aber gleichzeitig auch – und das möchte ich betonen – die Funktionsfähigkeit der Verwaltung aufrechtzuerhalten.

Ich habe deshalb zunächst am 4. Juni zu einem runden Tisch im Bundeskanzleramt eingeladen und mit Expertinnen und Experten und allen Betroffenen gesprochen – mit den Ländern, Gemeinden, Städten, auch NGOs, die sich damit beschäftigen, Gerichten, Vertretern der Presse. Am 18. Juni habe ich ein Gespräch mit allen im Parlament ver­tretenen Parteien, und zwar konkret mit deren Verfassungssprechern, geführt, und im Anschluss daran den Verfassungsdienst mit der Ausarbeitung eines entsprechenden Gesetzentwurfes betraut.

Dieser erste Arbeitsentwurf ist bereits sehr weit gediehen. Er bildet die Grundlage für die weiteren Gespräche, und – um Ihre Frage auch ganz konkret zu beantworten – der Plan ist, diesen Gesetzentwurf noch vor der Sommerpause in eine entsprechende Begut­ach­tung von sechs bis acht Wochen zu senden. (Beifall des Abg. Prinz.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter.

Abgeordneter Mag. Wolfgang Gerstl (ÖVP): Frau Bundesminister, das freut uns sehr, denn, wie schon gesagt, Transparenz ist eine wichtige Grundlage im Zusammenhang mit dem Vertrauen gegenüber dem Staat.

Dabei geht es jetzt aber nicht nur um das Amtsgeheimnis im engeren Sinne, um das, was die Beamten als solche betrifft, sondern es gibt in Österreich auch viele Bereiche, die ausgelagert wurden. In Wien gibt es zum Beispiel die Bestattung Wien, die Wiener Linien oder den Fonds Soziales Wien, bei denen die Bürger keinen Rechtsanspruch auf Information und auch keine Beschwerdemöglichkeit gegenüber der Volksanwaltschaft haben.

So ist es zuletzt betreffend die Wiener Friedhöfe, konkret den Zentralfriedhof, von vielen Bürgern als sehr pietätlos empfunden worden, dass dort eine Laufstrecke errichtet wur­de – eine Laufstrecke am Friedhof! Die Bürger haben keine Möglichkeit, sich zu be­schweren oder echte Informationen zu bekommen, ob diese weiter ausgebaut werden soll oder nicht.

Frau Bundesministerin, ist mit einem solchen Informationsfreiheitsgesetz auch verbun­den, dass zukünftig in Wien auch ausgelagerte Bereiche dieser Informationspflicht unter­liegen und die Bürger ein Recht auf Auskunft bekommen? (Ruf: Nur in Wien!)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: 1 Minute ist überschritten! – Bitte, Frau Minister.

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Es geht darum, staatliches Handeln transparenter zu machen, es geht aber auch darum, Handlungen von Unternehmen mit Staatsbeteiligung transparenter zu machen – wir reden hier vor allem von Unternehmen, die auch vom Rechnungshof geprüft werden, und damit auch von ausgegliederten Gesellschaften, die zukünftig von dieser Auskunftspflicht, von dieser Informationspflicht umfasst sein sollten.

Ganz konkret also: Ja, ich gehe davon aus, dass nicht nur die Behörden, sondern auch diese Unternehmen, so wie es in meinem Auftrag an den Verfassungsdienst jetzt auch vorgesehen und wie es auch im Regierungsprogramm verankert ist, von dieser Infor­mationspflicht erfasst sein werden. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Jakob Schwarz.)

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Mag. Schrangl. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (FPÖ): Sehr geehrte Frau Ministerin! Die Frage des Herrn Abgeordneten Gerstl führt mich gleich zu meiner Frage, und zwar geht es um Folgendes: Sie haben gesagt, dass das Informationsfreiheitsgesetz auch ausgegliederte Unternehmen betreffen soll. Es ist jetzt so, dass auch Abgeordnete dieses Hohen Hauses, die ja quasi die ersten Vertreter der Steuerzahler und der Bürger sind, zu diesen ausgegliederten Unternehmen keine Informationen bekommen.

Dieses Gesetz ist ja schon längere Zeit in Planung, es hat auch schon Verhandlungen dazu gegeben, und wir haben schon in der letzten Periode angemerkt, erstens, dass wir für einen gläsernen Staat und nicht für den gläsernen Bürger sind, aber dass wir es zweitens als unsere Pflicht als Volksvertreter und als erste Vertreter der Bürgerinnen und Bürger verstehen, auch das Interpellationsrecht auszuweiten.

Daher frage ich Sie: Wie sehen Sie das Interpellationsrecht im Spannungsverhältnis zum Informationsfreiheitsgesetz? Wird es daher auch für Abgeordnete mehr Rechte geben – meiner Wahrnehmung nach: müssen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: 1 Minute!

Abgeordneter Mag. Philipp Schrangl (fortsetzend): Sofort! Und: Wollen Sie das Inter­pellationsrecht im Zuge der Einführung eines Informationsfreiheitsgesetzes ebenfalls anpassen?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesminister.

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Ich kann dem nur vollinhaltlich zustimmen! Es geht darum, den Staat trans­parent zu machen, staatliches Handeln nachvollziehbar zu machen, damit einhergehend auch das Handeln von Unternehmen, an denen der Staat beteiligt ist. Es ist einfach so in unserer Gesellschaft, dass das Informationsbedürfnis heute im Vergleich zu jenem in der Entstehungszeit der Bundesverfassung vor 100 Jahren ein anderes ist, und das wollen wir reflektieren.

Das Interpellationsrecht richtet sich an einen Minister und dessen Bereich, den, den er verantwortet. Das Informationsfreiheitsgesetz soll ein verfassungsgesetzliches Recht der Bürgerinnen und Bürger auf Information etablieren. Das heißt, wir wollen auch durch die Schaffung einer Informationsdatenbank von vornherein ein Informationsbedürfnis befriedigen, indem dort Stellungnahmen, Gutachten und sonstige von der Regierung in Auftrag gegebene, von Verwaltungsbereichen in Auftrag gegebene Dinge öffentlich ge­macht werden und zum Beispiel auch in einer Fragestellung darauf verwiesen werden kann.

Das heißt in Ihre Richtung formuliert ganz klar, der Staat soll transparent und gläsern werden und nicht der Mensch.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Scherak. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Nikolaus Scherak, MA (NEOS): Herr Präsident! Guten Morgen, Frau Bundesminister! Ich hoffe ja, dass dann nicht nur ausgelagerte Betriebe in Wien der Informationsfreiheit unterliegen werden, so wie Kollege Gerstl sich das wünscht, sondern auch Betriebe darüber hinaus.

Nichtsdestotrotz, was mich eigentlich interessieren würde, ist Folgendes: Ein wesent­licher Bestandteil eines Informationsfreiheitsgesetzes ist ja in vielen Ländern der Infor­mationsfreiheitsbeauftragte. Es geht darum, dass es in dem Spannungsfeld zwischen dem Bürger, der eine Information begehrt, und der Behörde, die unter Umständen nicht so gewillt ist, diese herauszugeben, eine Schnittstelle braucht, die vermittelnd tätig wird. Zum Beispiel gibt es gerade in Hamburg, aber auch in Slowenien einen Informations­freiheitsbeauftragten, und auch Ihr Koalitionspartner, die Grünen, haben ja jahrelang einen solchen gefordert.

Wird ein solcher oder eine ähnliche Stelle, die vermittelnd tätig wird, in dem Begut­achtungsentwurf enthalten sein?

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Bitte, Frau Bundesminister.

Bundesministerin für EU und Verfassung im Bundeskanzleramt Mag. Karoline Edtstadler: Wir wollen zwei Dinge: Wir wollen zum einen, dass das Informations­be­dürfnis der Bürgerinnen und Bürger tatsächlich befriedigt wird – je schneller eine Infor­mation fließt, desto besser ist es –, und wir wollen auf der anderen Seite, dass die Verwaltung auch weiter handlungsfähig bleibt. Was ich nicht möchte, ist die Schaffung von weiteren Parallelstrukturen.

Wir haben erst mit der Reform des Verwaltungsgerichts im Jahr 2014 Sonderbehörden abgeschafft, und es gibt eine Behörde, die genau in die Richtung arbeitet, die Sie an­deuten, das ist die Datenschutzbehörde. Diese wird in diesem Informationsfreiheits­ge­setz auch entsprechend berücksichtigt werden, um da auch zu vermitteln, um da sozusagen auch einen entsprechenden Stellenwert einzunehmen.

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Die 2. Anfrage stellt Herr Abgeordneter Leichtfried. – Bitte.