11.02

Abgeordnete Barbara Neßler (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzte Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuseherinnen und Zuseher! Der Kampf gegen Corona dominiert all unsere Lebensbereiche – unseren Alltag, unsere politische Arbeit, die Medien –, und es könnte der Anschein entstehen, dass wichtige Themen abseits von Corona, die davor schon existiert haben, in den Hintergrund rücken. Das tun sie aber nicht, vor allem nicht der Kampf gegen die Kinderarmut. Wir wissen, dass gerade die Kinderarmut aufgrund der derzeitigen Situation, aufgrund der Krise, wächst, und deshalb ist die einmalige Auszahlung von 360 Euro pro Kind zusätzlich zur Familienbeihilfe im September ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Herr Kollege Stöger, das hat nichts mit Almosen zu tun, das hat nichts mit Spenden zu tun. Die Familien sind keine Bittsteller (Abg. Wurm: Ein bisschen schon, Barbara!), sondern das ist eine Unterstützung aufgrund der jetzigen Situation. Auf Ihre fragwürdige Rechnung möchte ich jetzt nicht weiter eingehen. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Der Familienbonus für jedes Kind muss nicht beantragt werden, sondern kommt auto­matisch. Die Krise hat zu höheren finanziellen Belastungen geführt, das sehen wir bei­spielsweise allein an den Kosten für das Mittagessen. Davor konnten die Kinder in der Schule oder vielleicht bei den Großeltern zu Mittag essen. Allein diese – unter Anfüh­rungszeichen – „kleine“ Sache führt zu erhöhten Kosten.

Gerade wenn es um die finanzielle Situation bezüglich Kindern geht, ist vor allem ein Instrument wichtig, und das ist die Kinderkostenstudie. Die letzte Studie, auf der die Festsetzung der Regelbedarfssätze zur Berechnung des Kindesunterhalts beruht, basiert auf einer Konsumerhebung aus dem Jahr 1964. 1964 hieß der National­rats­präsident noch Alfred Maleta, die Rolling Stones veröffentlichten ihre erste Platte, es gab Schwarz-Weiß-Fernsehen, keine Handys und keine Computer. Kurzum: Die Lebensumstände von Kindern und die damit verbundenen Kosten haben sich seit da­mals geändert, und natürlich müssen wir das neu bewerten, und da hilft eben die Kin­derkostenstudie. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

Aber zurück zu den Coronamaßnahmen: Der Familienbonus in der Höhe von 360 Euro pro Kind ist ein wichtiges Signal. Weitere Maßnahmen hat Herr Kollege Sieber schon ausgeführt. Aber um Armut wirklich zu verhindern, braucht es umfassendere Maßnah­men. Es ist quasi der erste Schritt, den wir hier gehen.

Die Ergebnisse der Umfrage der Volkshilfe, die heute am Vormittag präsentiert werden, sind ein erneuter Weckruf oder müssen ein erneuter Weckruf für uns sein, denn die Hälfte aller befragten armutsbetroffenen Familien gibt an, ihre aktuelle Lebenssituation mit vier oder fünf – nach dem Schulnotensystem – zu bewerten. Darum ist es auch richtig, dass wir die Aufstockung des Familienhärtefonds um 30 Millionen auf 60 Millio­nen Euro beschließen.

Ich möchte damit abschließen, dass wir hier nicht nur das Coronavirus bekämpfen, sondern auch die Kinderarmut. – Danke. (Beifall bei Grünen und ÖVP.)

11.05

Präsidentin Doris Bures: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Edith Mühlberghuber. – Bitte.