12.55

Abgeordneter Philip Kucher (SPÖ): Frau Präsidentin! Geschätzte leere Regierungs­bank! Herr Bundeskanzler! Schön, dass jetzt alle da sind. Wir diskutieren also im Wirt­schaftsausschuss plötzlich Fragen des Epidemiegesetzes. Es geht darum, wer in Zu­kunft Krankheitssymptome von Covid feststellen darf: ob das weiterhin Ärztinnen und Ärzte und die Gesundheitsbehörden machen oder ob das zukünftig Sache der Polizei ist. – Ich finde es sehr spannend, dass jetzt weder Minister Anschober noch Minister Nehammer anwesend ist, obwohl wir massive Änderungen in Österreich diskutieren.

So weit sind wir: Am Sonntagnachmittag kriegen wir alle hier im Parlament einen – wie­der einmal – Husch-pfusch-Antrag, in dem steht, dass die Ermittlung von Krankheits­symptomen in Zukunft Aufgabe der Polizei ist. Nachdem man wochenlang nicht in der Lage war, unseren starken öffentlichen Gesundheitsdienst auszubauen, damit wir genug Leute haben, die die Nachverfolgung von Corona übernehmen können, kommt der Herr Innenminister gemeinsam mit Minister Anschober drauf, das soll die Polizei machen! (Bundesminister Nehammer betritt den Sitzungssaal.) Willkommen zurück, lieber Karl! (Abg. Scherak: Der Herr Nehammer mit der Flex!) Wir reden gerade über das Epide­miegesetz, das klammheimlich am Montagabend im Wirtschaftsausschuss behandelt worden ist.

Niemand hat gewusst, worum es geht. Frau Ministerin Schramböck ist dort gesessen, hat keine Ahnung gehabt. Sie hat ja nicht gewusst: Teststrategie?! Ich bin ja gar nicht zuständig! – Das war das Lustige, aber sie war diejenige, die dieses Gesetz sozusagen eingebracht hat.

Worum geht es? – Die Zeitungen haben geschrieben: Rechts die Waffe, links das Fie­berthermometer. – Es kann doch nicht euer Ernst sein, dass wir so, in dieser Art und Weise, arbeiten und wieder einmal husch, pfusch drüberfahren!? (Beifall bei SPÖ und NEOS.)

Mit dem Parlament kann man es machen! Die Frechheit ist in Wahrheit aber, dass man mit den Heldinnen und Helden des Lockdowns, jenen Leuten, die in der schwierigen Zeit für uns da waren – die Ärztinnen und Ärzte, die Menschen in den Gesundheitsberufen, aber auch unsere Polizistinnen und Polizisten –, nicht ein Wort geredet und gefragt hat: Wollt ihr das, die Nachverfolgung von kranken Menschen, überhaupt machen? Ihr könnt euch dabei vielleicht selber anstecken; wie schaut es aus? – Man hat mit ihnen nicht einmal geredet, nein. Weil der Herr Landeshauptmann von Oberösterreich Stelzer an­scheinend in den letzten Wochen in der Pendeluhr geschlafen hat und nicht in der Lage war, entsprechende Strukturen aufzubauen, ist es auf einmal so, dass die Polizei aushel­fen soll. So kann man nicht miteinander arbeiten, das haben sich unsere Polizistinnen und Polizisten nicht verdient! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Loacker.)

Das alles, was hier kommen soll, ist Teil der ärztlichen Diagnostik. In Zukunft heißt es dann nämlich: Frau Maier! Frau Maier, ist das eher ein trockener Husten oder ist das eher ein feuchter Husten? Und da wird die Frau Maier fragen: Ja, Herr Inspektor, was ist denn da der Unterschied? – Ich kenne mich nicht aus! – Genau da sind wir beim Punkt: Es kann nicht sein, dass Tätigkeiten der Gesundheitsbehörden dann auf einmal an den Bereich der Polizei sozusagen delegiert werden. So können wir nicht arbeiten!

Der Grund dafür ist, dass wir in Österreich im Bereich der Teststrategie leider nicht wei­tergekommen sind. Ihr alle erinnert euch: Am 24. März hat Sebastian Kurz gesagt: Tes­ten, testen, testen!, und hat ergänzt: Jetzt werden wir in Österreich jeden Tag 15 000 Men­schen testen. – Wie oft haben wir denn seit dem 24. März, an dem Sebastian Kurz das versprochen hat, die 15 000 Tests pro Tag erreicht? Wie oft? (Abg. Hörl: Wir in Tirol mehr wie ...! – Ruf: Gar nicht!) – In Tirol, Herr Hörl? – Ja, das glaube ich nicht; dann hätten wir in Ischgl anders ausgeschaut!

Also 15 000 waren es nicht! An keinem einzigen Tag wurde das Versprechen von Sebas­tian Kurz gehalten. Und dann kommt Eli Köstinger ins Spiel, die Tourismusministerin. Deutschland hat Christian Drosten, wir haben Eli Köstinger als Chefepidemiologin, und sie sagt: Wenn wir die 15 000 Tests am Tag nicht schaffen, dann machen wir etwas Neues, nämlich 65 000 Tests pro Woche im Tourismus. – Das hat sie auch nicht ge­schafft.

Wisst ihr, was ich meine? Wir schaffen keine 15 000 Tests, wir schaffen keine 65 000 Tests. Eli hat gedacht, minus mal minus ist plus, das wird schon irgendwie zusammenpassen! – So kann man nicht arbeiten!

Ich bitte also wirklich: Wenn wir eine zweite Welle verhindern wollen, werden wir jetzt Gas geben müssen, dann werden wir jetzt schauen müssen, dass die Gesundheitsbe­hörden auch das nötige Geld haben, dann müssen wir jetzt in die Digitalisierung inves­tieren, dann müssen wir jetzt schauen, dass die PCR-Testergebnisse nicht per Fax he­rumgeschickt werden – da wäre genug zu tun! Aber herumzupfuschen und dann in einer Nacht-und-Nebel-Aktion das Ganze der Polizei umzuhängen, das ist kein professionel­les Krisenmanagement, das ist Husch-Pfusch. (Beifall bei SPÖ und NEOS. – Abg. Sche­rak: Ich glaube, Rechtsanwälte sollten diagnostizieren!)

12.59

Präsidentin Doris Bures: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Klaus Fürlinger. – Bitte.