10.07

Bundesminister für Finanzen Mag. Gernot Blümel, MBA: Sehr geehrter Herr Bundes­präsident! Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen auf der Regie­rungsbank! Hohes Haus! Liebe Steuerzahlerinnen und Steuerzahler! Vor Ihnen liegt die budgetäre Antwort auf die Covid-Krise. Diese Antwort ist teuer, aber wir können sie uns leisten.

In den letzten Jahren hat die österreichische Bundesregierung unter Bundeskanzler Se­bastian Kurz eine solide Budgetpolitik verfolgt, und das versetzt uns jetzt in die Lage, ausreichend helfen zu können. Unsere verlässliche Politik der Vergangenheit rettet da­durch Arbeitsplätze der Zukunft, und das ist gerade jetzt wichtig. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Natürlich hätte ich mir als Finanzminister andere Rahmenbedingungen für dieses Budget und für Österreich generell erhofft. Auch wenn dieses Budget noch immer nicht mit ei­nem Budget in normalen Zeiten vergleichbar ist, ist es ein Indiz dafür, dass sich die Co­ronanebelschwaden langsam lichten und wir bei aller anhaltenden Dramatik der Situa­tion mehr Planbarkeit als zu Beginn der Pandemie haben.

Noch vor wenigen Monaten war das ganz anders, wie Sie sich erinnern können: Nie zuvor gab es in der Zweiten Republik innerhalb weniger Monate eine so hohe Volatilität bei den Wirtschaftsprognosen.

Als wir Anfang des Jahres als Bundesregierung angetreten sind und das erste Budget ausverhandelt haben, haben wir das auf Basis von gänzlich anderen Zahlen gemacht, auf Basis von Wachstumsprognosen von 1,2 Prozent für 2020. Anfang März, als die Budgets bereits mit den Ressorts ausverhandelt waren, hat sich das Coronavirus rasch in Europa ausgebreitet. Zu diesem Zeitpunkt haben wir das Wirtschaftsforschungsinstitut um eine Schnellschätzung die Auswirkungen betreffend ersucht, und die rasche Antwort war, dass eine Reduktion der Prognosen um 0,4 Prozent auf 0,8 Prozent Wachstum für heuer möglich wäre, und das war dann die Basis für das vieldiskutierte Budget in diesem Haus.

Eine Woche später war Österreich so stark von den globalen Auswirkungen des Corona­virus betroffen, dass wir einen 38 Milliarden Euro großen Schutzschirm für Gesundheit, Arbeitsplätze und Wirtschaft aufgespannt haben. Die Mittel für die Kurzarbeit wurden Ende März von bereits rekordverdächtigen 400 Millionen auf 1 Milliarde Euro erhöht. Spätestens ab diesem Zeitpunkt war klar, dass es nicht mehr um Budgetzahlen gehen kann, sondern darum gehen muss, möglichst viele Menschenleben, Arbeitsplätze und Unternehmen in dieser schwierigen Situation zu retten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Einen Monat später war auch keine Rede mehr von einem leichten Wachstum der öster­reichischen Wirtschaft, ganz im Gegenteil, die Prognosen haben sich von minus 2 Pro­zent bis minus 9 Prozent erstreckt; das als Beispiel dafür, welch unmögliche Planungs­grundlage diese für das Budget 2020 dargestellt haben. Alle Experten waren sich im Frühjahr einig, dass im Herbst, also jetzt, der richtige Moment für einen ersten Kassa­sturz ist, und heute können wir besser als im Frühjahr abschätzen, wie stark Österreich von dieser Krise getroffen sein wird, wie viel uns die Krise bisher gekostet hat und wie wir für die nächsten Jahre aufgestellt sind.

Mittlerweile haben wir viel über das Virus und seine gesundheitlichen und wirtschaftli­chen Folgen gelernt. Wir haben nach einem Dreivierteljahr Erfahrungswerte gesammelt, welche Maßnahmen wirken und welche Bereiche unserer Wirtschaft besonders betrof­fen sind. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir wissen vor allem eines: Höhere Infektionszahlen bedeuten höhere Arbeitslosigkeit! Deswegen müssen wir alles tun, um die Zahl der Infektionen zu reduzieren, um möglichst viele Arbeitsplätze in diesem Land zu retten. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

All diese Erfahrungswerte führen nun zu adaptierten Wirtschaftsprognosen. Das Wifo geht in seiner aktuellen Prognose von Anfang Oktober für heuer von einem Wirtschafts­einbruch von 6,8 Prozent aus. Für nächstes Jahr wird ein Wachstum in der Höhe von 4,4 Prozent erwartet. Das heißt aber natürlich nicht, dass alles in bester Ordnung ist, ganz im Gegenteil, entgegen aller Hoffnung haben sich die Warnungen der Bundesregie­rung aus dem Frühjahr bewahrheitet: Wir stehen leider nicht am Ende, sondern mitten in einer globalen Wirtschaftskrise, die auch Österreich in ihren Bann zieht. Als Touris­mus- und Exportland trifft uns diese Situation sogar noch viel härter als andere Länder.

Zwischen Mai und August sind die Nächtigungen in Hotels, Pensionen und Ferienwoh­nungen gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres landesweit im Schnitt um 33 Prozent auf knapp 40 Millionen zurückgegangen. Allein in Wien sind die Buchungen in diesem Zeitraum um 82 Prozent eingebrochen, und leider werden der Herbst und der Winter ebenfalls noch große Herausforderungen werden. Die Zahl der Infektionen steigt weiter, und einige Länder haben Reisewarnungen gegen Teile Österreichs erlassen, und das stellt eine Hiobsbotschaft gerade für die bereits schwer getroffene Tourismusbran­che dar.

Daher müssen wir erneut wirkungsvolle Maßnahmen setzen, um die Zahl der Infektionen zu reduzieren und die Reisewarnungen wegzubekommen. Jede und jeder Einzelne von uns kann durch ihr beziehungsweise sein Verhalten dazu beitragen, dass Arbeitsplätze von Freunden und Verwandten gesichert werden und Unternehmen in der Region besser durch die Krise kommen. Die Disziplin von uns allen in den kommenden Wochen redu­ziert langfristig den Schaden für den Standort. Je besser wir jetzt gemeinsam durch die Krise kommen, umso schneller kommen wir zurück zum Wohlstand und desto mehr Arbeitsplätze retten wir, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Um in dieser schwierigen Situation zu helfen, haben Regierungen weltweit zuerst Hilfs- und dann auch Konjunkturpakete geschnürt. Auch die österreichische Bundesregierung hat rasch und entschlossen reagiert. Wir haben bei unserer Regierungsklausur Mitte Juni den 38 Milliarden Euro großen Schutzschirm auf 50 Milliarden Euro erweitert und ein Konjunkturpaket hinzugelegt.

Mit unseren Maßnahmen haben wir drei Zielsetzungen verfolgt: erstens die Rettung von Menschenleben, Arbeitsplätzen und Unternehmen, zweitens die Entlastung der Bürge­rinnen und Bürger und drittens Investitionen in den Standort und die Wettbewerbsfähig­keit Österreichs. Das ist die richtige budgetäre Antwort auf die Covid-Krise, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und Grünen. – Zwischenruf bei der FPÖ.)

Von den 50 Milliarden Euro sind aktuell rund 24,8 Milliarden Euro rechtsverbindlich zu­gesagt oder ausbezahlt. Aktuell haben wir unter anderem Anträge über 8,2 Milliarden Euro für die Coronakurzarbeit genehmigt, über 200 Millionen Euro an Fixkostenzu­schuss ausbezahlt, 6,8 Milliarden Euro an Steuerstundungen und Vorauszahlungshe­rabsetzungen bewilligt, 6,7 Milliarden Euro an Garantien vergeben, 100 Millionen Euro aus dem Non-Profit-Organisationen-Fonds und rund 600 Millionen Euro aus dem Härte­fallfonds ausbezahlt.

Wenn die äußeren Rahmenbedingungen schwierig werden, dann müssen wir es für die Bürgerinnen und Bürger und die Unternehmen eben leichter machen. Daher haben wir mit 1. Juli 2020 die Mehrwertsteuer für bestimmte Branchen auf 5 Prozent gesenkt und bei der Umsetzung in der Praxis auf möglichst viel Kulanz und möglichst wenig Büro­kratie gesetzt. Diese Maßnahme werden wir aufgrund der weiterhin angespannten Situa­tion bis Ende 2021 verlängern, solange und sofern uns das natürlich die Europäische Kommission genehmigt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade jetzt braucht es auch besondere Un­terstützung für Familien, für Arbeitnehmer, für Arbeitslose und für Pensionisten. Vor al­lem Menschen mit niedrigem Einkommen sollen jetzt mehr Geld im Börsel haben – wir setzen das mit diesem Budget um, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Durch den Coronabonus entlasten wir die Österreicherinnen und Österreicher in Summe mit einem Volumen von rund 2,7 Milliarden Euro. Davon entfallen auf die Senkung der ersten Stufe der Lohnsteuer ungefähr 1,6 Milliarden Euro, der Kinderbonus beläuft sich auf knapp 700 Millionen Euro, die höhere Sozialversicherungsrückerstattung auf 150 Mil­lionen Euro, und dazu kommt noch der Arbeitslosenbonus in der Höhe von insgesamt 200 Millionen Euro.

Mit all diesen Paketen bewirken wir starke Impulse für unsere Wirtschaft, aber auch eine wichtige Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger. Überdurchschnittlich profitieren dabei im Verhältnis zur Einkommenshöhe Alleinerziehende, Alleinverdiener, Arbeiter, Frauen und Personen mit einem zu versteuernden Jahreseinkommen zwischen 15 000 und 25 000 Euro.

Professor Badelt vom Wirtschaftsforschungsinstitut hat bei einer Pressekonferenz am 1. Oktober gesagt: „Die Coronakrise war und ist massiv, aber wurde durch die Sozial- und Wirtschaftspolitik der Regierung ganz wesentlich abgefedert.“ Laut Wifo hat das un­terste Einkommensfünftel durch die Coronahilfsmaßnahmen in der Krise sogar ein wenig an Einkommen gewonnen.

Das Maßnahmenpaket hilft also besonders kleinen und mittleren Einkommen. Das ist nicht nur volkswirtschaftlich wichtig, sondern auch moralisch richtig, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Neben den Akuthilfen haben wir vor allem Impulse im Bereich der Investitionen und zur Ankurbelung der Wertschöpfung gesetzt. Wir haben 2 Milliarden Euro für die Investi­tionsprämie zur Verfügung gestellt, aktuell sind dafür bereits 24 363 Anträge gestellt worden. Damit lösen wir eine Gesamtinvestition von etwa 16,6 Milliarden Euro aus.

Mit dem Gemeindepaket in der Höhe von 1 Milliarde Euro haben wir einen weiteren He­bel geschaffen, um kommunale Investitionen und Wertschöpfung vor Ort in der Gemein­de auszulösen. In diesem Zusammenhang sind mit Anfang Oktober bereits 781 Projekte in der Höhe von fast 100 Millionen Euro aus allen Bundesländern beantragt und ausbe­zahlt worden.

Wir haben mit dem Konjunkturpaket rasch und kraftvoll geholfen, und gleichzeitig haben wir auch die Weichen gestellt, um die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes langfristig zu erhöhen. Allein durch die unbefristete Einführung der degressiven AfA mit 1. Juli er­warten wir einen Investitionsimpuls von bis zu 250 Millionen Euro im zweiten Halb­jahr 2020 und ab dem Jahr 2021 zusätzliche Investitionen von etwa 1 Milliarde Euro.

Das ist eine kleine wirtschaftspolitische Revolution, die sich wirklich sehen lassen kann, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Neben der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit des Standortes müssen wir kurzfristig den Fokus vor allem auf den Arbeitsmarkt legen. Die Krise hat nicht nur für Unternehmen, sondern gerade für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer große Einschnitte mit sich gebracht. Mit Stand September 2020 waren 704 000 Personen in Österreich ar­beitslos oder in Kurzarbeit. Auch wenn diese Zahlen im Sommer deutlich gesunken sind, sind sie viel zu hoch, denn hinter jeder dieser Zahlen verstecken sich Einzelschicksale, und dadurch ist jede und jeder Arbeitslose eine oder einer zu viel. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir können diese Krise nicht ungeschehen machen, auch nicht am Arbeitsmarkt, aber wir können uns mit aller Kraft gegen ihre Auswirkungen stellen. In Summe stellen wir daher heuer und nächstes Jahr inklusive Kurzarbeit mehr als 29 Milliarden Euro für Ar­beit und Beschäftigung zur Verfügung. Noch nie zuvor wurde in Österreich dermaßen viel Geld für diesen Bereich zur Verfügung gestellt. Darauf bin ich sehr stolz, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Einige Maßnahmen diesbezüglich im Detail: Es wurde der Lehrlingsbonus zur Unterstüt­zung von Lehrbetrieben eingeführt. Dafür stehen dieses und nächstes Jahr 54,5 Millio­nen Euro zur Verfügung.

Wir haben mit der Einmalzahlung in Höhe von 450 Euro an arbeitslose Personen eine unmittelbare Krisenunterstützung ermöglicht und eine befristete Aufstockung der Not­standshilfe auf das Niveau des Arbeitslosengeldes erreicht.

Für die Coronakurzarbeit stellen wir heuer und nächstes Jahr mehr als 8 Milliarden Euro zur Verfügung.

Für die Implementierung einer Arbeitsstiftung zur Qualifizierung von bis zu 100 000 ar­beitslosen Personen sowie für den Bildungsbonus stellen wir bis ins Jahr 2022 700 Mil­lionen Euro zur Verfügung. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir erhöhen nächstes Jahr die Mittel für den Ausgleichstaxfonds zur Inklusion von Men­schen mit Behinderung am Arbeitsmarkt um 40 Millionen Euro, und wir stocken das Per­sonal beim AMS um 350 Personen auf.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit diesen Beschlüssen sichern wir nicht nur Zigtausende Arbeitsplätze in der Krise, wir schaffen auch neue Perspektiven für die Zeit danach. Ich freue mich sehr, dass dieser Bundesregierung damit ein wirklich großer ar­beitsmarktpolitischer Wurf gelungen ist, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Sehr geehrte Mitglieder des Hohen Hauses! Natürlich ist klar, dass diese Konjunktur- und Hilfsmaßnahmen sowie das schwierige wirtschaftliche Umfeld weitreichende Aus­wirkungen auf das Budget haben. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum fallen die Ein­zahlungen per Ende September um 7,7 Milliarden Euro geringer aus. Gleichzeitig sind durch die bereits erwähnten Hilfen für Gesundheit, Arbeitsplätze und Unternehmen auch die Ausgaben massiv angestiegen, per Ende September um etwa 9 Milliarden Euro. Für 2020 rechnen wir mit einem administrativen Defizit im Bundesbudget von rund 28,5 Mil­liarden Euro. 2021 sind Auszahlungen von 97,4 Milliarden Euro und Einzahlungen in der Höhe von 76,4 Milliarden Euro geplant, und das ergibt ein administratives Defizit von 21 Milliarden Euro.

Wir werden die Maastrichtdefizitgrenzen von 3 Prozent des BIP heuer mit rund 9,5 Pro­zent Defizit klar überschreiten, und für 2021 und 2022 rechnen wir mit einem gesamt­staatlichen Maastrichtdefizit von 6,3 beziehungsweise 3,5 Prozent. Bis 2022 gehen wir mit heutigem Stand von einer Schuldenquote von 85 Prozent des Bruttoinlandsproduk­tes aus, und ab 2023 wollen wir wieder runter mit den Schulden und den Weg Richtung fiskalische Normalität gehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! So schwierig dieser Weg in budgetärer Hin­sicht auch sein mag, ich bin davon überzeugt, es ist der richtige. Vor 75 Jahren hat Leo­pold Figl in seiner berühmt gewordenen Weihnachtsansprache gesagt: Ich bitte euch: Glaubt an dieses Österreich! In Anlehnung daran erlaube ich mir heute zu sagen (Zwi­schenruf des Abg. Hafenecker): Ich glaube an den Fleiß der österreichischen Arbeitneh­merinnen und Arbeitnehmer und an die Kreativität und Leistungsfähigkeit der heimi­schen Unternehmen. Ich glaube daran, dass wir gemeinsam mit Disziplin, Zusammen­halt und Mut durch diese Krise kommen können. Ich weiß, dass der Weg Richtung Wachstum möglich ist. Dafür müssen wir bereit sein, vorübergehend auch Schulden zu machen. Für uns war aber immer klar: Ein Budgetüberschuss ist kein Selbstzweck, er ist die Vorsorge für die Krisen der Zukunft, und das haben wir richtig gemacht. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das Zauberwort bei den Schulden, die wir jetzt machen, lautet: vorübergehend. Unser langfristiges Ziel muss es natürlich bleiben, den Staatshaushalt in Ordnung zu halten und unseren Wohlstand nicht auf Kosten unserer Kinder zu finanzieren. Wenn jetzt viel­leicht einer sagt: Endlich hat die ÖVP auch Keynes entdeckt!, dann sage ich Ihnen: Na­türlich hat Keynes recht – aber nur kurzfristig! (Heiterkeit und Zwischenrufe bei Abgeord­neten der SPÖ.) In einer Situation wie jetzt zu sagen: Da darf der Staat nicht intervenie­ren, das muss der Markt von selbst regeln!, wäre das Gegenteil von sozialer Marktwirt­schaft, denn langfristig hat natürlich Hayek recht. (Beifall bei der ÖVP.)

Mehr Staat stabilisiert kurzfristig die Wirtschaft (neuerliche Heiterkeit und Zwischenrufe bei Abgeordneten der SPÖ), verhindert aber mittelfristig notwendige Anpassungen an neue Herausforderungen und lähmt langfristig die Wachstumsdynamik. (Zwischenruf des Abg. Leichtfried.– Wenn Sie damit nicht einverstanden sind, können Sie das da­nach in Ihrem Redebeitrag durchaus kundtun, Herr Kollege. (Abg. Heinisch-Hosek: Ge­nau! Abg. Leichtfried: Das war jetzt ...! Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Eine Wahrheit von vor der Krise bleibt also auch nach dieser Krise bestehen: Langfristig schaden zu viel Intervention und zu hohe Staatsschulden einer Gesellschaft. Wer das leugnet, der belügt sich selbst und raubt den nachfolgenden Generationen die Zukunft (Zwischenruf des Abgeordneten Amesbauer), denn solche Schuldenleugner, meine sehr geehrten Damen und Herren, sind den Klimaleugnern sehr, sehr ähnlich (Zwischen­ruf der Abg. Belakowitsch): Beide leben auf Kosten der Zukunft und hinterlassen der nächsten Generation verbrannte Erde. Wir tun beides nicht (Abg. Amesbauer: Schwa­che Rede!), und das schaffen wir mit diesem Budget, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zu Beginn dieser Rede habe ich gesagt: Wir können uns diese Antwort auf die Krise leisten. Das sieht man, wenn man auf die Ka­pitalmärkte blickt, denn trotz der aktuellen Krise und der damit verbundenen Hilfs- und Konjunkturpakete haben die Anleger langfristiges Vertrauen in Österreich. Die Republik hat unter den Investoren einen sehr guten Ruf. Noch im Jahr 2008 haben sich Österreich und Italien zu relativ ähnlichen Konditionen refinanziert – Österreich mit durchschnittlich 4,19 Prozent für die zehnjährigen Staatsanleihen und Italien mit 4,63 Prozent. Heute refinanziert sich Österreich über zehn Jahre bei minus 0,39 Prozent. Dadurch sparen wir den österreichischen Steuerzahlern rund 3,3 Milliarden Euro pro Jahr im Vergleich zu 2010.

Wir finanzieren uns aktuell so günstig, weil die Finanzmärkte auf eine Fortsetzung un­seres nachhaltigen Budgetkurses vertrauen und das auch entsprechend einpreisen. (Zwischenruf des Abg. Wurm.) Diesen Österreichbonus, meine sehr geehrten Damen und Herren (Zwischenruf der Abg. Belakowitsch), den haben wir uns in den letzten Jahren gemeinsam erarbeitet, und jetzt profitieren wir alle davon. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Grünen.)

Hohes Haus! Diese Krise ist nicht die erste und sie wird nicht die letzte sein, die wir in Österreich zu bewältigen haben, daher ist es wichtig, für diese und zukünftige Krisen bestmöglich gewappnet zu sein. Deswegen investieren wir mit diesem Budget auch be­wusst unabhängig von Corona.

Damit komme ich exemplarisch zu den einzelnen Ressorts.

Zur Sicherheit beziehungsweise Inneres, UG 11: Die Sicherheit ist uns ein großes Anlie­gen, das wissen Sie. Die Pandemie hat wieder einmal verdeutlicht, wie wichtig eine funk­tionierende Exekutive für unsere Gesellschaft ist. 2021 wird daher das Polizeibudget mit 215,3 Millionen Euro deutlich aufgestockt. Das ist eine Steigerung von 7,3 Prozent. Da­mit wird die Personaloffensive fortgesetzt, die mehr als 4 300 Planstellen mehr über die gesamte Legislaturperiode möglich macht. Das ist der richtige Weg für die Sicherheit in Österreich. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wir stärken auch das Bundesheer mit einer nachhaltigen Aufstockung auf rund 2,6 Mil­liarden Euro pro Jahr. Darunter fallen der Sanitäts- und Terrorschutz sowie das ABC- und Katastrophenschutzpaket. Zudem geben wir 2021 und 2022 je 20 Millionen Euro für Cybersicherheit aus.

Im Außenministerium gibt es ebenso Steigerungen: Bei humanitären Katastrophen wer­den wir unserer Verpflichtung zur Hilfe vor Ort nachkommen. Deswegen haben wir die Mittel des Auslandskatastrophenfonds bis 2024 um 125 Millionen Euro erhöht. Das ist mehr als eine Verdoppelung der Mittel gegenüber dem geltenden Finanzrahmen. Wei­ters wird die Anhebung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit fortgesetzt.

UG 10, Bundeskanzleramt: Erfolgreiche Integration ist wichtig, und daher stellen wir 2021 7,4 Millionen Euro für Regierungsvorhaben in diesem Bereich zur Verfügung. Auch eine Dokumentationsstelle von religiös motiviertem politischen Extremismus wird davon errichtet. Darüber hinaus verdoppeln wir im nächsten Finanzrahmen das Budget für Volksgruppenangelegenheiten. Für den Gewaltschutz für Frauen sind 2,5 Millionen Euro zusätzlich pro Jahr vorgesehen. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Im Justizbereich setzen wir einen weiteren Schwerpunkt, um die überlangen Verfahrens­dauern künftig deutlich zu reduzieren und das Vertrauen in die Justiz wieder zu stärken. Für die Jahre 2021 bis 2024 wird das Budget der Justiz nachhaltig um insgesamt rund 300 Millionen Euro im Vergleich zum bestehenden Bundesfinanzrahmen erhöht.

Die Coronapandemie verursacht natürlich im Gesundheitsbereich erhebliche Zusatzkos­ten. Darunter fallen vor allem Testungen und die Kosten von Epidemieärzten. Für 2021 stellen wir deswegen zusätzliche Mittel in Höhe von rund 700 Millionen Euro in UG 24 und UG 21 zur Verfügung. Für den Ankauf eines Covid-19-Impfstoffes ist ebenso vor­gesorgt.

Österreich ist ein Land, dem das Alter etwas wert ist, das ältere Menschen wertschätzt. Deswegen stellen wir mit zusätzlichen 1,1 Milliarden Euro bis 2024 sicher, dass der stei­gende Finanzbedarf bei einer alternden Gesellschaft abgedeckt wird, meine sehr geehr­ten Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Familie und Jugend, UG 25: Aufgrund der derzeitigen Wirtschaftsentwicklung kommt es zu sinkenden Einnahmen beim Familienlastenausgleichsfonds. Daher sind die entspre­chenden Leistungen für Familien, Kinder und Jugendliche selbstverständlich budgetiert. Da Familien in der momentanen Krise besonders unter Druck geraten sind, stellen wir 2021 90 Millionen Euro für den Familienhärteausgleich zur Verfügung, davon 50 Millio­nen Euro im Bundesministerium für Familie und Jugend und 40 Millionen Euro im Sozial­ministerium.

Der Umgang mit der Coronakrise hat vor allem Lehrerinnen, Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler vor noch nie dagewesene Herausforderungen gestellt. Für den digitalen Unterricht stellen wir daher 235 Millionen Euro zur Verfügung. Die Erhöhung des Bil­dungsbudgets in den nächsten Jahren bewirkt, dass es 2023 erstmals die 10-Milliarden-Euro-Marke überschreiten wird. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Das Budget für Wissenschaft und Forschung steigt in den nächsten vier Jahren um 10 Prozent. Damit bekommen Universitäten um rund 1,2 Milliarden Euro mehr auf den Finanzrahmen. Bei der angewandten Forschung werden, was die standortrelevante For­schung betrifft, Zusatzmittel für Innovationsprogramme frei, und damit können signifikan­te Investitionen in Spitzentechnologien und klimafreundliche Industrien getätigt werden.

Zu UG 43, Klima- und Umweltschutz: Klimaschutz ist natürlich einer der Schwerpunkte dieser Regierung, und das zeigt sich auch klar im Budget. Über 1 Milliarde Euro – rund 1,1 Milliarden Euro – stellen wir 2021 bis 2024 zusätzlich zum geltenden Finanzrahmen für Umwelt- und Klimamaßnahmen zur Verfügung. (Beifall bei ÖVP und Grünen.) Damit wird die thermische Sanierungsoffensive weitergeführt und der Ausbau von erneuerba­rer Energie weiter finanziert. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

UG 41, Mobilität: Das Thema Mobilität ist im Zusammenhang mit dem Klimaschutz von größter Bedeutung. Daher investieren wir im nächsten Finanzrahmen zusätzlich 1,4 Mil­liarden Euro allein in diesen Bereich. Damit verbunden sind der weitere Ausbau des öf­fentlichen Verkehrs sowie die Finanzierung der ersten Ausbaustufe des 1-2-3-Klima­tickets. Für den neu beschlossenen ÖBB-Rahmenplan ist in den Jahren 2021 bis 2026 ein Gesamtbudget in der Höhe von 17,5 Milliarden Euro sichergestellt. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Zum Bereich Land- und Forstwirtschaft sowie Breitband, UG 42: Der ländliche Raum soll gestärkt werden, und deswegen werden über den gesamten Finanzierungsrahmen hinweg mehr Mittel als bisher zur Verfügung gestellt. Darüber hinaus werden wir für den Breitbandausbau zusätzlich 41,5 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung stellen. Zur Bewältigung der Krise im Forstsektor wird ein bis 2024 mit 262 Millionen Euro dotierter Waldfonds eingerichtet, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und Grünen.)

Wirtschaft und Digitalisierung, UG 40: Um den Standort aus der Krise zu bringen und die Unternehmen zu retten, wird das Wirtschaftsbudget 2021 mit einem Plus von 602 Mil­lionen Euro verdoppelt. Auch die Digitalisierung werden wir bis 2022 mit einem Fonds von 160 Millionen Euro weiter vorantreiben.

Wir investieren außerdem in die Burghauptmannschaft Österreich. Mit den zusätzlichen Mitteln können nämlich wesentliche Bauprojekte verwirklicht werden. Dabei geht es um den Erhalt des kulturellen Erbes ebenso wie um die Modernisierung des Tiergartens Schönbrunn und den Erhalt der Gedenkstätte Mauthausen.

Kunst, öffentlicher Dienst und Sport, UG 32 und UG 17: Als ehemaligen Kulturminister freut es mich natürlich besonders, dass wir unser Bekenntnis zu Kunst und Kultur mit einer spürbaren Budgetsteigerung von insgesamt rund 150 Millionen Euro im nächsten Bundesfinanzrahmen untermauern. Damit können zum Beispiel auch die Festspielhäu­ser in Salzburg und Bregenz saniert werden. Außerdem wird die europäische Kultur­hauptstadt Bad Ischl 2024 mitfinanziert, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Bei­fall bei ÖVP und Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich komme zum Schluss: Ganz Österreich ist von der Coronakrise geprägt. Dieses Budget ist die Antwort auf die Krise in Zahlen, und vor allem ist es ein Budget, welches die Weichen über die Krise hinaus stellt: aus Verantwortung für Arbeitsplätze und Standort. – Vielen Dank. (Anhaltender Beifall bei ÖVP und Grünen.)

10.38

Präsident Mag. Wolfgang Sobotka: Ich danke dem Herrn Bundesminister.

Morgen findet in der ersten Lesung die Diskussion statt.